Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
nicht sicher, ob es reines Ermittlungsglück war oder eine konkrete Person dahintersteckt. Daraus ergibt sich die Frage, wer das sein könnte und wo derjenige jetzt in diesem Augenblick steckt.«
»Vielleicht in einer der Kühlkammern bei Andrea?«, warf Hellmer ein, und ein leises Kichern war zu vernehmen.
»Das wäre natürlich einfach«, nickte Brandt. »Ein Spitzel fliegt auf und wird beseitigt. Doch falls dem so ist: Wer von beiden soll es gewesen sein? Diese Hypothese wirft mehr Fragen als Antworten auf.«
»Welche Optionen gibt es noch?«, fragte Julia Durant und überlegte, ob Brandt auf den Informanten hinauswollte, von dem er ihr unlängst unter vier Augen erzählt hatte. Sie entschied sich, nicht konkret danach zu fragen, sondern abzuwarten.
Aber Brandt antwortete nur: »Keine, die uns Aufschluss bringt. Wir bleiben an der Sache dran, aber vorerst ist es nur eine weitere Sackgasse.«
Er nahm auf einem freien Stuhl neben Julia Durant Platz.
»Weshalb erwähnen Sie Ihren Kontaktmann nicht?«, fragte diese ihn im Flüsterton.
»Weil er den Akten nach nicht damit in Verbindung steht. An ihn hatte ich natürlich zuallererst gedacht, aber mein Kollege hat das vehement verneint.«
»Glauben Sie ihm?«
»Ich habe kaum eine Wahl«, seufzte Brandt, »doch ich habe Elvira um Schützenhilfe gebeten. Sie klemmt sich dahinter, und das muss mein Kollege ja nicht mitbekommen.«
Brandt zwinkerte und grinste schief.
»So einer sind Sie also«, gab Julia mit einem Lächeln zurück. »Aber gute Arbeit da vorn«, flüsterte sie und deutete in Richtung Whiteboard.
»Ich schmücke mich nicht gern mit fremden Federn, obwohl ich’s in diesem Fall lieber täte.«
»Wieso?«
»Weil ich die Lorbeeren dafür abtreten muss«, erklärte Brandt. »Ohne jenen Kollegen, der mir dieses Wissenspaket zusammengestellt hat, hätte ich das nicht so schnell und kompakt hinbekommen. Es ist dieser Greulich, von dem ich Ihnen, glaube ich, schon mal erzählt habe. Seine Abteilung hat jede Menge Erfahrung mit dem Bikermilieu.«
»Das hat man gemerkt. Ich verrat’s nicht weiter«, grinste Julia, und Peter lächelte schweigend zurück.
Die Kommissarin setzte sich auf. »Wenn’s recht ist, mache ich weiter«, sagte sie in die Runde. Da niemand widersprach, begann sie, von ihrem Besuch bei Marion Kühne zu berichten. Als sie zum letzten Teil kam, deutete sie ebenfalls auf das Whiteboard und tippte mit dem Finger auf die Jahreszahl, die als Gründungsjahr der Mogin Outlaws angegeben war.
»1998. Zufall oder nicht?«, warf sie auf und fuhr mit dem Finger in Richtung eines Namens. »Nur ein paar Monate nach dem sexuellen Übergriff auf Marion Kühne. Ihr Bruder und einige Rockerkollegen verlassen den Club und gründen einen eigenen. In Frankfurt verbleibt Hanno Grabowski mit seinen Getreuen, und im Folgenden gibt es Krieg. Ich gebe euch Brief und Siegel darauf, dass es da einen Zusammenhang gibt.«
»Aber welchen?«, fragte Doris Seidel. »In der Ermittlungsakte steht doch, dass Anklage erhoben wurde. Frau Kühne, nein, damals hieß sie ja noch Kohlberger, hat ausgesagt, es handele sich nur um ein Missverständnis.«
»Dem ihr behandelnder Arzt, mit dem sie immerhin einmal verheiratet war, jedoch widersprochen hat«, entgegnete Hellmer.
»Nicht nur er, auch sie selbst«, ergänzte Julia Durant. »Frau Kühne hat mir heute früh in groben Zügen berichtet, was sich damals zugetragen hat, wenn auch lückenhaft. Eines vorab: Es war nicht Lutz Wehner, über dessen krankhaftes Verhältnis zu ihr ich euch ja eben schon ins Bild gesetzt habe. Es war niemand anderes als Grabowski.«
»Nein!«, entfuhr es Kullmer, während die anderen verblüfft schwiegen.
»Doch. Es war auf einer dieser Clubpartys, Lutz Wehner war an diesem Abend nicht dabei, Marion Kühne bereits damals seine Freundin. Ich bezeichne es der Einfachheit halber mal so, die beiden sind ja nicht gerade das klassische Pärchen, aber gut. Jedenfalls ist es nach reichlich Alkohol wohl zur Sache gegangen, auf diesen Rockergelagen treiben sich ja immer eine Menge junger Mädchen herum. Grabowski hat sich im Laufe des Abends an Marion vergangen, und zwar heftig, wenn man dem Befund von damals nachgeht. Kohlberger muss ihn in flagranti erwischt und schwer vermöbelt haben. Das hat die Kühne mit einer gewissen Genugtuung erzählt. Der Notarzt musste kommen, das Clubhaus wurde abgeriegelt, und von den Partygästen bekam niemand mit, was genau geschehen war. Grabowski und Frau Kühne
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