Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Julia weiter.
»Ach«, erwiderte Marion unschlüssig, »das war mal gut, mal weniger gut.«
»Und momentan?«
»Nicht so.« Dann fügte sie hastig hinzu: »Aber es gab keinen Streit oder so.« Sie riss die Augen weit auf, als wolle sie ihren Worten Nachdruck verleihen.
»Okay, dann müssen wir es über einen DNA-Abgleich versuchen«, warf Hellmer ein. »Würden Sie dem zustimmen?«
»Äh, ja, wenn’s sein muss.«
»Es wäre für uns sehr hilfreich, vor allem dann, wenn wir in der Wohnung Ihres Bruders keine eindeutigen Proben erhalten. Wir würden Ihnen im Laufe des Tages jemanden vorbeischicken, es sei denn, Sie möchten aufs Präsidium kommen.«
»Hm. Ich möchte heute eigentlich nicht mehr weg«, sagte Frau Kühne gedehnt, »und ich bin außerdem krankgeschrieben.« Sie verschränkte die Arme.
»Oh. Darf ich fragen, was Sie haben?«, erkundigte die Kommissarin sich.
»Nicht so wichtig«, blockte die Frau ab und verzog den Mund.
»Ist ja kein Problem«, fuhr Hellmer fort, »Sie müssen der Untersuchung und vorläufigen Speicherung Ihres genetischen Fingerabdrucks nur formell zustimmen, aber das erklären Ihnen dann die Kollegen. So haben Sie in absehbarer Zeit die Gewissheit, ob Ihr Bruder tatsächlich das Opfer ist.«
»Oder ob nicht«, ergänzte die Frau Hellmers letzten Satz trotzig. »Für mich ist der Tote erst Martin, wenn es hundertprozentig bewiesen ist.«
»Das ist Ihr gutes Recht«, sagte Julia verständnisvoll und wollte nach dem Arm der jungen Frau greifen, doch diese zog ihn rasch zur Seite.
»Eine Sache gibt es, die für uns etwas unklar ist«, übernahm Hellmer. »An dem Motorrad war ein Offenbacher Kennzeichen, aber keines, was aktuell angemeldet ist. Haben Sie hierzu eine Idee?«
»Wie? Nein.« Marion Kühne schüttelte den Kopf. »Ich kenne nicht mal das Kennzeichen, mit dem Martin momentan fährt. Aber irgendwo in den Versicherungsunterlagen müsste das ja wohl stehen.«
»Das richtige Kennzeichen zu ermitteln ist nicht das Problem«, winkte Hellmer ab. »Aber wieso ein falsches? Diese Frage bereitet uns momentan Kopfzerbrechen. Hier, warten Sie«, Hellmer kritzelte die Kennung auf ein Stück Papier, welches er aus seinem Notizbuch trennte, und schob es in ihre Richtung. »Sagt Ihnen das etwas?«
»Nein, bedaure.«
»Schade, trotzdem danke. Unsere Kollegen aus Offenbach kümmern sich derzeit um die Wohnung Ihres Bruders«, sagte Julia Durant, während sie sich erhob. »Ich lasse Ihnen meine Karte da, falls Ihnen noch etwas einfällt, von dem Sie uns berichten wollen. Wir werden Sie natürlich ebenfalls kontaktieren, falls wir etwas Konkretes herausfinden. Verbleiben wir so?«
»Ja, in Ordnung.«
Die Stimme der Frau klang wieder leise und sanft.
»Sie sagten eben, dass Sie krankgeschrieben sind, habe ich das richtig verstanden?«
»Hm.«
»Gilt das auch noch für die kommenden Tage, also treffen wir Sie im Regelfall hier zu Hause an?«
»Ja.«
»Gut, dann soll es das fürs Erste gewesen sein.«
Ein echtes Mauerblümchen, dachte die Kommissarin im Hinausgehen. Doch in ihrem Inneren regte sich ein mulmiges Gefühl, eine mahnende Stimme, die ihr immer lauter werdend zurief, dass sich unter Marion Kühnes Fassade noch eine Menge verbarg, was sich zu entdecken lohnte.
Sonntag, 19:10 Uhr
S taatsanwältin Elvira Klein erreichte das Restaurant mit Verspätung, sie hatte keinen Parkplatz gefunden und war außerdem einmal falsch abgebogen. Ein Fehler, der in den verwinkelten Nebenstraßen Offenbachs enorm viel Zeit und Nerven kosten konnte, wie sie verärgert feststellte. Andererseits waren das Bahnhofsviertel in Frankfurt oder einige Ecken in Sachsenhausen auch nicht besser. Zügig eilte sie mit laut klappernden Absätzen über das schmale Trottoir und hielt dabei das Stofftuch fest, welches sie sich um den Hals geworfen hatte. Es war kalt, eine unangenehm feuchte und alles durchdringende Witterung. Genau die richtige Zeit für warme Gedanken, dachte sie angespannt, ein Feuer im Kamin oder einfach mal wieder für ein langes, warmes und vor allem dienstfreies Wochenende im Grünen.
Elvira Klein war die Tochter eines bekannten Anwalts, hatte sich ihre Karriere daher hart erarbeiten müssen, denn sie wurde stets davon angetrieben, ihrem Vater zu zeigen, wozu sie als junge Juristin fähig war, und hatte außerdem das Gefühl gehabt, ihren Kommilitonen und Kollegen beweisen zu müssen, dass sie ihren Erfolg nicht dem Herrn Papa und seinen Beziehungen verdankte, sondern ihrer eigenen
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