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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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Wahrheit war mein AB dran, aber Beate hat es gekauft. Wo liegt schon der Unterschied zwischen der Schweiz und einem AB? Ich habe jetzt sechzig Riesen und meine alten Kontakte, ich investiere in eine Gasfirma in Turkmenistan und helfe ihr beim Börsengang, und zwischendurch berate ich Baulöwen, das kann ich, weil ich keine Ahnung habe. Grüezi Plüezi Düezi. Mehr braucht es nicht. Man muss nur irgendwas sagen, den Sinn legen andere hinein. Das ist doch überall so, egal was man erzählt, egal mit wem man spricht. Ich werde Erfolg haben, Kommissar. Ich werde eine schöne Frau heiraten, der ich Schmuck und Schuhe und Reisen in die Karibik schenke, und mir eine schöne Geliebte suchen, der ich auch alles schenke, und eine schöne Tochter bekommen, der ich auch alles schenke. Ich glaube, ich kann sie schon jetzt nicht leiden, alle drei nicht. So, es kann losgehen. In fünf Minuten ist Vosskamps Vortrag. Meine Chance, hier rauszukommen.«
    Er stand auf und klopfte sich die Hosenbeine glatt. Er zog seine braunen Church’s aus und tauschte sie gegen die schwarzen. Die Reisetasche auf dem Bett ließ er stehen, auch den Mantel nahm er nicht mit.
    »Kommissar«, sagte er, »hier ist deine letzte Chance, mich zu verhaften. Na komm schon. Nein? Dann eben nicht.«
    Er schloss behutsam die Tür hinter sich und ging zum Ausgang der Station.
    Mit ihm kamen auch die anderen Patienten aus den Zimmern. Lotti zuckelte mit ihrem Rollator den Flur entlang, Sylvia hatte sie am Arm genommen, Lotti schrie: »Ich falle! Ich falle!« Sie bemerkte Falko nicht, als er vorbeiging, aber Sylvia begrüßte ihn.
    »Kommt Xaver nicht mit?«, fragte er.
    »Nein, er ist nicht ansprechbar«, antwortete sie, »die haben ihm Haldol gegeben.«
    Als Falko die Stationstür erreichte, trat der schwarzhaarige Pfleger aus dem Dienstzimmer.
    »Alles okay, Herr Sprenger?«
    »Ja, wieso?«
    »Der Professor sagte, ich soll ein Auge auf Sie werfen. Weil es Ihnen nicht gut geht.«
    »Aber zum Vortrag darf ich doch?«
    »Kommt drauf an, wie Sie sich fühlen.«
    »Etwas besser. Aber falls es schlimmer wird, würde ich gern zurück auf Station. Wäre das okay? Oder ist Vosskamp dann sauer?«
    »Nein«, sagte der Pfleger, »das nenne ich Selbstverantwortung. Unter den Umständen kann ich Sie wohl gehen lassen.«
    »Danke.«
    »Viel Spaß, Ihnen allen«, sagte der Pfleger, und die Patienten verließen die Station.
    Der Aufenthaltsraum bei den Fahrstühlen war umgeräumt, statt der Plastiksessel standen Stehtische mit weißen Tischdecken dort. Gäste kamen aus den Fahrstühlen und durchquerten die Halle in Richtung Südturm, wo sich oben, unter der Kuppel, der Vortragsraum befand. Manche der Gäste kannte Falko aus der Zeitung und aus dem Fernsehen, Moderatoren, Schriftsteller, Journalisten, Künstler, auch Politiker waren dabei. Hinter der geschlossenen Tür der B hatten sich ein paar Patienten aufgestellt und starrten heraus in die Halle. Einer von ihnen, ein schmutziger Mann mit Anzug, aber ohne Socken presste sich gegen die Scheibe. Eine dicke Muslima im auberginefarbenen Gewand schrie etwas, das man nicht verstand. Und ein dritter Patient machte die ganze Zeit winzige Trippelschritte auf der Stelle. Ein Pfleger verscheuchte die drei, die Muslima musste er mit sich ziehen.
    »Übrigens, das ist Horst Vierer«, flüsterte Sylvia Falko ins Ohr und zeigte auf einen Mann mit Lederweste, Spitzbart und Baskenmütze, der sich überall hektisch umsah, wahrscheinlich suchte er sein Bild. Am Treppenhauseingang stand Vosskamp. Er schüttelte den Prominenten unter den Gästen die Hand und unterhielt sich mit jedem von ihnen kurz und lebhaft. Den Männern klopfte er auf die Schulter, den Damen machte er Komplimente, und alle lachten, wenn er etwas sagte. Durch die Lautsprecheranlage ertönte ein erster Gong, zum Zeichen, dass es gleich losginge. Jetzt betrat auch Falko das Treppenhaus. Aber statt nach oben in den Turm zu steigen, drehte er um und lief die Treppe hinunter. Der zweite Gong ertönte, als Falko die Halle erreichte. Zwischen den hohen Säulen hallten die Schritte und die Worte der Besucher, einige waren verspätete Gäste und eilten zu den Fahrstühlen. Falko trat in die Drehtür, die sich träge bewegte, und schritt ihren gläsernen Kreis ab, bis er draußen war, zwischen den kahlen Bäumen im Vorhof, wo die Ü-Wagen einiger Sender standen. Er hörte, jetzt leiser, den dritten Gong und schaute sich noch einmal um. Sylvia war ihm gefolgt, sie holte ihn ein.
    »Nanu«,

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