Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
Vom Netzwerk:
Kaleschkes Bett zu suchen? Warum werden die Leute immer nachts verrückt? Nachts oder Weihnachten? Warum werden sie überhaupt verrückt?«
    Falko richtete sich in seinem Bett auf. Seine Haare klebten an der rechten Schläfe fest, an der anderen Seite standen sie struppig vom Kopf ab.
    »Du warst bei der Kaleschke im Bett?«, fragte er Friedrich. »Du hast sie doch nicht etwa gebumst? Kapitän, du bist mir so eine Nummer.«
    »Herr Sprenger, bitte provozieren Sie Herrn Bialla nicht!«, mahnte der Pfleger und verließ das Zimmer.
    Falko kicherte noch eine Weile vor sich hin.
    Als er wieder still war, spürte Friedrich, wie die Risse der Worte aus der Wirklichkeit verschwanden, er spürte, wie alles wieder glatt wurde, aber er musste noch eine Weile durchhalten, bis zur Einzelstunde bei Vosskamp. Über sich sah er den Baukran, und er hatte das Gefühl, dass das beleuchtete Gitter etwas bedeutete, aber er wusste nicht mehr, was das sein sollte.
    Die Einzelstunde bei Vosskamp fand im Turm statt. Aus dem Turmzimmer blickte Friedrich in einen Himmel voller Kumuluswolken, und auf die Großstadt hinter dem Wald. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass Berlin, aus der Ferne betrachtet, hell und grazil war. Er hatte die Stadt bislang für ockerfarben gehalten. Jetzt erinnerte sie ihn an das Raumschiff aus diesem Science-Fiction-Film … Er konnte sich nicht an den Titel erinnern, nur daran, dass der Regisseur auch einen Horrorfilm gedreht hatte, im Winter in einem abgelegenen Hotel. Und der Hauptdarsteller aus diesem Horrorfilm hatte auch einmal einen Privatdetektiv gespielt.
    »Guten Tag, Herr Bialla!«, begrüßte ihn Vosskamp und kam hinter seinem Schreibtisch hervor. Er trug keinen Kittel und sah kleiner aus als sonst.
    »Sie sind hier in einer Klinik. Und ich bin der Chefarzt der Psychiatrie, Professor Vosskamp. Können Sie sich an mich erinnern?«
    »Ja«, sagte Friedrich.
    »Sehr schön! Wir haben jetzt endlich Zeit füreinander.«
    »Ja.«
    »Setzen Sie sich doch bitte, Herr Bialla.«
    Er wies auf ein schwarzes Ledersofa, und Friedrich nahm Platz. Vosskamp ging zurück an seinen Schreibtisch.
    »Heute Nacht gab es ja diesen Vorfall mit einer Mitpatientin. Können Sie sich daran erinnern?«
    »Ich wollte die Frau warnen«, sagte Friedrich, »deshalb bin ich in ihr Zimmer gegangen. Dieser Mann, wie hieß er noch mal? Mein Zimmernachbar, wie hieß der noch mal?«
    »Sie meinen Professor Walpersdorf?«
    »Nein, den anderen.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Der Mann ist ein Betrüger.«
    Vosskamp schmunzelte. »Ja, da kommt der Kriminalkommissar bei Ihnen durch … Und im Krieg waren Sie ja auch, oder?«
    »Kriminalhauptkommissar war ich«, korrigierte ihn Friedrich, »und was den Krieg anbelangt, wurde ich erst am Ende eingezogen und kam zum Luftschutzdienst nach Hamburg. Ich musste nur helfen, nicht kämpfen. Ich hatte immer Glück. Immer, mein ganzes Leben lang.«
    Vosskamp begann, in irgendwelchen Papieren rumzukramen. Friedrich wartete eine Weile und knetete seine Hände.
    »Dieser Betrüger will einer Frau hier neue Zähne andrehen.«
    Vosskamp nahm ein Gerät von seinem Schreibtisch und brachte es Friedrich. Es war ein stehendes Labyrinth aus Draht, das in einem Holzständer steckte.
    »Schauen Sie mal. Das ist ein Metallpuzzle. Kennen Sie so was?« Mit dem Zeigefinger folgte Vosskamp den Windungen des Drahtbügels.
    »Wie bitte?«, fragte Friedrich.
    »Ein Metallpuzzle. Sehen Sie die Kordelschlaufe mit der Holzkugel? Sie müssen die Schlaufe durch die Windungen führen, bis sie am Ende unten rauskommt.«
    Er stellte das Metallpuzzle vor Friedrich auf das Sofatischchen und legte ihm die Holzkugel in die Hand. Dann ging er zurück an seinen Schreibtisch.
    »Was soll denn das?«, fragte Friedrich.
    Er starrte auf die Holzkugel in seiner Hand.
    »Das ist ein Metallpuzzle«, wiederholte Vosskamp. »Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, ob Ihnen so was Freude macht.«
    Friedrich presste die Hand zu einer Faust, und als er sie wieder öffnete, war die Kugel vom Schweiß der Hand etwas dunkler geworden. Er wusste nicht, ob er wütend oder verwirrt war.
    »Und wissen Sie, wie ich darauf gekommen bin?«, fragte er schließlich, »dass mein Zimmernachbar kein kranker Lügner, sondern ein Krimineller ist? Wie heißt er denn bloß?«
    Das Telefon klingelte, Vosskamp nahm ab.
    »Tag, Herr Gerlach … nein, warten Sie noch bis Samstag … Der Titel für meinen Vortrag? Lassen Sie uns das morgen besprechen … Natürlich Hochglanz …

Weitere Kostenlose Bücher