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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Goliath.
    Pia war bleich und teilnahmslos. Als hätte sie aufgegeben. Als wäre sie lieber tot.
    Es schien, als hätten ihr die Exorzismen alle Kraft genommen. Doch das täuschte. Es war der Dämon, der ihr die Kraft geraubt hatte. Geduldig hockte er in seinem dunklen Versteck und wartete.
    Vero erhob sich mit steifen Knien. Er legte sich die Stola um und machte sich auf den Weg. Diesmal, das hatte er sich geschworen, würde er nicht verlieren.
     
    Pia hörte sie kommen. Schon von weitem knirschten ihre Schritte auf dem gefrorenen Schnee. Noch ein wenig Zeit, um sich zu wappnen. Wie stellte man sich auf das Grauen ein?
    Sie hatte einen Teil der Nacht genutzt, um ihre Gedanken zu sortieren. Immer wieder waren sie zu Sally zurückgekehrt.
    Pia war sich mittlerweile sicher, dass die Spuren in dem kleinen Schuppen - das notdürftige Regal, der eingeritzte Kalender, das Geschirr, die Kerze - von Sally stammten. Das legte den Schluss nahe, dass Vero und die Brüder auch sie für besessen gehalten und auch an ihr Teufelsaustreibungen vorgenommen hatten.
    Oh Sally, dachte sie. Arme Sally.
    Niemand schien etwas davon gewusst zu haben, denn niemand hatte je ein Wort darüber verloren. Doch was hieß das schon bei Menschen, die gelobt hatten, über alles, was sie hier erfuhren, jedem gegenüber Stillschweigen zu bewahren?
    Die Schritte waren jetzt vor der Tür. Schlüssel klimperten.
    Pia wünschte, sie wäre wieder ein Kind und könnte die Welt verschwinden lassen, indem sie einfach die Augen schloss. Aber sie war kein Kind mehr. Und die Welt war gegen Magie immun geworden.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, sagte Vero.
    Pia schwieg.
    »In Ewigkeit. Amen«, antworteten die Brüder an ihrer Stelle.
    Ein eisiger Luftschwall fegte hinter ihnen herein. Ihre Schuhe hinterließen kleine Pfützen auf dem Boden.
    »Knie nieder«, befahl Vero.
    Pia rührte sich nicht. Sie spürte, wie sich die Angst in ihrem Magen zusammenballte.
    Bruder Gunnar zerrte sie in die Mitte des Zimmers, stieß sie zu Boden und hielt sie an den Schultern fest. Vero legte das Ende seiner Stola über sie. Dann fühlte sie das Gewicht seiner Hand auf dem Kopf.
    Pia wollte der Panik nicht erlauben, von ihr Besitz zu ergreifen. Sie konzentrierte sich auf ihr Atmen. Ein und aus und ein und aus.
    »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«, betete Vero. »Herr Jesus Christus, der du uns alle durch deinen Tod erlöst hast. Du hast deinen heiligen Aposteln die Macht verliehen, die Dämonen in deinem Namen auszutreiben …«
    Pia versuchte, die Hände abzuschütteln. Es schienen immer mehr zu werden.
    »… Herr, steh uns bei in dieser Stunde. Heilige Jungfrau Maria, steh uns bei. Heiliger Erzengel Michael, steh uns bei. Helft diesem Mädchen, das in der Macht des Bösen gefangen ist …«
    Die Worte versickerten im schweren Stoff der Stola. Pia  konnte nicht atmen. Sie hustete. Würgte. Ihre Augen begannen zu tränen.
    »… geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung …«
    Veros Stimme hob und senkte sich nicht. In einem unveränderlichen Rhythmus verlas er Gebete und Fürbitten.
    Die Stimmen von Bruder Gunnar, Bruder Milo und Bruder Sandro fielen ein.
    »… Erzengel Rafael …«
    »… wir bitten dich, erhöre uns.«
    »… Erzengel Gabriel …«
    »… wir bitten dich, erhöre uns …«
    »… ihr himmlischen Heerscharen …«
    »… wir bitten euch, erhöret uns …«
    Pia schrumpfte zu einem bitteren Kern. Sie löste sich auf.
    Ging fort.
    Die Stimmen wurden leiser. Pia spürte das Gewicht der Hände nicht mehr. Etwas drehte sich in ihrem Kopf und zog ihre Gedanken in einer langen, endlosen Spirale ins Nichts.
     
    Das Tor zur Klosteranlage war geschlossen. Ratlos stand Romy davor. Sie starrte die hohe Bruchsteinmauer an, die sich mit Nässe vollgesogen hatte, dann den Klingelknopf unter der Gegensprechanlage. Sollte sie ihn drücken?
    Etwas hielt sie davon ab.
    Sie hatte gelernt, auf ihren Instinkt zu vertrauen. Ihren Wagen hatte sie auf einem Wanderparkplatz, etwa fünfhundert Meter entfernt, abgestellt. Sie wollte nicht, dass Bruder Arno von ihrer Anwesenheit Wind bekam, bevor sie bereit war, ihm gegenüberzutreten.
    Um ihm was zu sagen? Dass sie den Verdacht hatte, man halte hier ein Mädchen gefangen, das sie nur ein einziges Mal in ihrem Leben

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