Teufelsflut
Tweed abgefahren war.
»Wir hätten mehr Leute mitnehmen sollen«, sagte Leek nervös.
»Kümmern Sie sich um die Straße«, fauchte Bate, während er das Handschuhfach öffnete und eine Pistole herausnahm. »Sobald Tweed uns zu Goslar führt, nehmen wir seine Freundin, diese Paula Grey, als Geisel und stehen ihn damit kalt, während wir uns Goslar schnappen. Zu viele von uns wären viel zu auffällig.«
»Wie Sie meinen…«
»Ja, Leek, das meine ich. Und damit basta.«
Im letzten Wagen, den der Pilot des imaginären Flugzeugs gesehen hätte, saß Vance Karnow auf dem Beifahrersitz, während Bancroft neben ihm mit beiden Händen das Lenkrad umklammert hielt. Auch Karnow hatte eine Straßenkarte auf den Knien. Er war ein exzellenter Navigator und wusste genau, wo sie gerade waren.
Bancroft, der eine Baskenmütze und einen Anorak trug, hatte im selben Café gewartet wie der Affe, der ihm aber unter all den Wein trinkenden und Gauloises rauchenden Franzosen nicht weiter aufgefallen war.
Bancroft hatte es schlauer angestellt als der Affe. Er hatte Marler von dem Abend in der Bar des Ritz, an dem Tweed, Paula und Newman Karnow und seine Spießgesellen bei ihrem Gespräch mit Trudy beobachtet hatten, noch gut in Erinnerung.
Als er den Wagen mit Marler und Butler vom Ritz wegfahren gesehen hatte, war Bancroft sofort aus dem Café hinaus auf die Straße gelaufen, wo er gerade noch mitbekommen hatte, wie Nield in das zweite Auto gestiegen war. Als schließlich auch Paula und Newman aus dem Hotel gekommen waren, hatte er von seinem Handy aus Karnow angerufen.
Karnow hatte zu diesem Zeitpunkt in einem Nachtclub in der Nähe gesessen und gelangweilt zugesehen, wie spärlich bekleidete französische Mädchen über die Bühne hüpften. Besser als in Las Vegas war das auch nicht, hatte er bei sich gedacht. In den Staaten war überhaupt alles viel besser als hier. Als Bancroft ihn angerufen hatte, war er heilfroh gewesen, einen Grund zu haben, den Nachtclub zu verlassen.
Zuvor, so gegen zehn Uhr, hatte er im Hotel angerufen, um den Männern in seiner Suite mitzuteilen, dass er nicht zum Abendessen kommen werde. Ein Kellner hatte abgehoben.
»Ihre Suite ist überfallen worden, Sir. Alle Anwesenden wurden verhaftet…«
Auf einmal hatte sich eine andere Stimme eingemischt. »Wer spricht da?«, hatte Rene Lasalle gefragt, der dem Kellner wütend den Hörer aus der Hand gerissen hatte. »Sagen Sie mir sofort, wer Sie sind.«
Karnow hatte aufgelegt und Bancroft daraufhin einfach gesagt, dass sie in einem kleinen Restaurant in der Nähe des Ritz zu Abend essen würden. Nach dem Essen war Bancroft in das Nachtcafe gegangen, während Karnow den Nachtclub angesteuert hatte, dessen Eintrittspreis übrigens exorbitant hoch gewesen war.
Als sie jetzt die Autoroute entlangfuhren, schaute Karnow gerade ein weiteres Mal auf die Karte. Bancroft hing hinter dem Steuer und spähte nach vorn auf die Rücklichter des vorausfahrenden Wagens.
»Hinter den ersten drei Autos fahren noch zwei weitere«, berichtete er.
»Dann hat Tweed anscheinend mehr Leute, als wir dachten«, antwortete Karnow kühl. »Aber das soll uns nicht stören, wenn Tweed uns nur zu Goslar führt.«
»Ganz gleich, wie viele es sind, wir pumpen sie voll Blei«, knurrte Bancroft.
»Sie meinen wohl, dass
Sie
sie voll Blei pumpen«, verbesserte ihn Karnow.
»Natürlich. Das nötige Waffenarsenal haben wir – Pardon – habe ich ja jedenfalls dabei«, sagte Bancroft mit unverhohlener Vorfreude.
Auf dem Rücksitz lag tatsächlich ein Aktenkoffer mit einer großen Auswahl an Revolvern und Pistolen, und im Kofferraum waren zusätzlich noch drei Maschinenpistolen verstaut. Bancroft hatte schon einmal fünfzehn Menschen mit einer einzigen Salve niedergemäht.
Dr. Goslar, der einen weißen Kittel ähnlich dem trug, den Dr. Saafeld bei Tweeds Besuch in dessen Londoner Labor angehabt hatte, trat an das neugotische Spitzbogenfenster und blickte hinaus in die Nacht.
Der steile Abhang unterhalb des Schlosses war tief verschneit, und auf dem Eis am Rande des Sees glitzerte bläulich das Mondlicht. Die Lichter des Dorfes am anderen Ufer waren nicht zu sehen. Goslar drehte sich um und wandte sich wieder seiner Arbeit hier im obersten Raum des großen Turmes zu.
Das Labor sah ganz anders aus, als man es von Sciencefiction oder Frankensteinfilmen her erwartet hätte. Obwohl es hier in den Bergen sehr kalt war, herrschte in dem Raum eine mollig warme Temperatur. In der Mitte des
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