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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Kieffer bedankte sich artig und betrat den Raum.
    Estebans Mietbüro hatte die Größe eines Festsaals. Man hätte hier problemlos eine größere Hochzeitsgesellschaft nebst Orchester unterbringen können. Am Eingang befand sich eine Sitzecke mit mehreren Plasmafernsehern sowie eine Büfetttafel, auf der sich Sandwichs, Etagenkuchen und Obstberge türmten. Im hinteren Teil des L-förmigen Raumes erspähte Kieffer ein großes Podest. Es war leer, bis auf Leonardo Esteban Gutierrez, der im Stechschritt von einer Seite zur anderen lief und dabei mit beiden Armen ruderte.
    Kieffer ging auf Esteban zu und fragte sich, was sein Kollege da wohl machte, bis er das Headset an dessen rechter Wange sah. Der Starkoch telefonierte, und das Gespräch verlief offenbar nicht zu seiner Zufriedenheit.
    »Was soll das heißen, du hast nur 80 Stück? Hat das Kirschwasser dein Gehirn zerfressen? Ich habe 800 bestellt, verstehst du? Zehnmal so viel! Wie kann man eine Null übersehen?« Kieffer hatte sich dem Podest inzwischen bis auf zehn Meter genähert und winkte Esteban zu, was im Gesicht des Argentiniers keinerlei Reaktion auslöste.
    »Nein, 200 nützen mir nichts. Es ist ein Galadinner mit 750 Leuten, capito? Und das Thema lautet: ›Surf and Turf‹. Das heißt, es muss ein Scheißsteak auf jedem Teller liegen und daneben ein halber pinche bogavante. Nein, ich kann das Menü nicht kurzfristig ändern. No es posible. Das ist keine Pommesbude! Das ist Eventküche. Paolo, verdammt, es gibt sogar Akrobaten in Hummerkostümen! Ich kann keine verfickten Fischstäbchen auf die Teller legen.«
    Esteban wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Nun bemerkte er Kieffer, der seit etwa zwei Minuten geduldig neben dem Podest wartete. Esteban verzog den Mund zu einem gequälten Grinsen, zeigte auf die Ducal in Kieffers Mundwinkel und bedeutete seinem Kollegen, ihm auch eine Zigarette zu reichen. Kieffer entzündete eine, zog einmal daran und reichte sie dem TV -Koch.
    Das Nikotin schien Esteban etwas zu beruhigen, und er hörte dem Mann am anderen Ende der Leitung tatsächlich einige Sekunden ruhig zu, bevor er einen weiteren Wutanfall bekam. »Mein Problem? Wieso mein Problem? Du schuldest mir 800 Maine fucking Lobster. Wenn du nicht willst, dass alle Restaurants in 1000 Kilometern Umkreis erfahren, was für ein impostor du bist, dann bring mir Hummer! Ich will Hummer. Ich bekomme Hummer! Ansonsten werden meine Anwälte dich vierteilen. Das sind nicht solche netten chicos wie ich. Um 15 Uhr sind die geeisten Kisten am Quai Mont Blanc, sonst komm ich höchstpersönlich vorbei, und dann gnade dir Gott!«
    Esteban warf die bis auf den Filter heruntergerauchte Zigarette weg, riss sich das Headset vom Kopf und stieg vom Podest. »Bienvenido, Xavier! Wir haben noch kleinere Probleme mit den Bestellungen, Hambichler hat bei der Order ein paar Sachen durcheinandergebracht. Gut, dass du an Bord bist. Schon gefrühstückt?« Er zeigte unbestimmt in Richtung des überladenen Büfetts. »Ist alles für uns, ein Geschenk des Hauses. Man verehrt mich hier, está claro. Komm, wir setzen uns da vorne hin, compañero, dann erkläre ich dir den Ablauf.«
    Sie nahmen Platz. »Also. Knapp 800 Leute, Set Dinner, Menüfolge mit fünf Gängen. No es complicado. Es gibt eine amuse-gueule, dann wahlweise gebeizten Lachs oder Austern als hors-d’œuvre. Danach Genfer Brotsuppe fürs Lokalkolorit und dann eines meiner signature dishes, Steaks mit einer Szechuan-Pfeffer-Soße und Hummerschwanz. Danach Birnenkuchen façon Tatin mit Zabaionenockerln und zum Schluss chariot de fromages .«
    »Klingt beherrschbar. Wenn ihr genügend Personal habt.«
    »Hambichler hat genügend Leute angeheuert, ich bete, dass er zumindest das hingekriegt hat. Aber die Küche macht mir Sorgen, ché. Wir machen ›Fantazzo di Mare‹ normalerweise im Zirkuszelt. Mit einer mobilen Küche – tückisch, aber man gewöhnt sich dran. Zumindest ist das Küchenlayout immer identisch. Aber dieses Schiff! Barco maldito! Schau hier.« Esteban sprang auf und lief zu einem Beistelltisch, auf dem allerlei Papiere aufgetürmt waren. Er griff sich einen DIN -A2-Bogen und legte ihn vor Kieffer auf den Tisch. »Hast du schon mal in einer Kombüse gearbeitet, ché?«
    »Ja, auf einem Segelboot in Südfrankreich. Aber da musste ich nur ein paar Doraden braten, für ein Dutzend Leute.«
    »Ridículo, das ist nichts! Die einzige Ähnlichkeit dürfte sein, dass es auch in der Kombüse der Saint

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