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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Kieffer erkannte den breiten Marseiller Akzent des Legionärs. »Bleib ruhig liegen, sonst muss ich dir meine Magnum über den Schädel ziehen.«
    »Wohin fahren wir?«
    »In einer halben Stunde sind wir da. Mehr musst du nicht wissen.«
    Irgendwann bog das Auto ab. Es ging nun noch steiler bergauf, und Kieffer hörte unter den Reifen Kies knirschen. Kurz darauf stellte der Legionär den Motor ab und öffnete eine der Hintertüren. »Hör zu. Ich nehme dir jetzt die Handschellen ab. Wir sind in den Alpen, weit oben. Fliehen zwecklos. Wenn du es trotzdem versuchst, erschieße ich dich.« Der Legionär schloss die Handschellen auf und löste die Fußfessel von der Tür des Wagens, nur um sie kurz darauf an Kieffers zweitem Knöchel zu befestigen.
    Unbeholfen kletterte Kieffer aus dem Auto, das sichals Geländewagen mit abgedunkelten Scheiben entpuppte. Sie befanden sich auf einem kleinen Plateau, von dem aus man in der sternenklaren Nacht einen guten Ausblick ins Tal hatte. Die Alpenluft war eisig; Kieffer schätzte, dass sie sich auf mindestens 2000 Metern Höhe befanden. An der dem Berg zugewandten Seite des Plateaus, nur wenige Meter von ihnen entfernt, stand ein mehrstöckiges Haus, im Stile eines Schweizer Chalets. Die Wände des Gebäudes bestanden aus grob gehauenen Granitquadern, über ihnen ragten ein mit Schnitzereien verzierter Balkon und ein mit Holzschindeln bedeckter Spitzgiebel empor. Kieffer stützte sich mit einer Hand an dem Geländewagen ab und beobachtete den Legionär dabei, wie dieser die Haustür aufschloss und einen Seesack ins Vestibül wuchtete. Dann drehte er sich um und rief: »Los jetzt!«
    Kieffer tat, wie ihm geheißen, zumindest versuchte er es. Mit den Fußschellen konnte er nur Tippelschritte machen. »Muss ich noch weit gehen?«, fragte Kieffer. Der Legionär schaute ihn an und grinste spöttisch. Dann riss der Mann mit einer schnellen Bewegung die rechte Hand hoch und schlug etwas gegen Kieffers linke Schläfe. Wieder wurde es dunkel.
    Als Kieffer erwachte, war der stechende Schmerz in seiner Schläfe erneut das Erste, was er wahrnahm. Zumindest lag er diesmal nicht auf dem Rücksitz eines Autos, sondern in einem großen Bett. Jemand hatte ihm seine Kleidung ausgezogen und ihn mit einer dicken, rot-weiß karierten Daunendecke zugedeckt. Er war nun nicht mehr gefesselt. Kieffer versuchte aufzustehen, doch vehementer Protest seines brummenden Schädels und seiner brennenden Nackenmuskeln vereitelten diesen Plan. Deshalb ließ er sich wieder auf das Daunenkissen zurücksinken und musterte den kleinen Raum.
    Die Decke war angeschrägt, er befand sich offenbar direkt unter dem Giebel. Das Zimmer war so eingerichtet, wie sich ein Innenraumdesigner ein Bauernhaus vorstellen mochte. Der Besitzer des Chalets musste sehr wohlhabend sein, alle Möbel sahen neu und teuer aus. Neben seinem Bett fand Kieffer eine Wasserflasche. Er trank gierig. Nach etwa 15 Minuten wagte er es nochmals aufzustehen. Mit Mühe wuchtete er seinen schmerzenden Körper hoch. Am Ende des Zimmers befand sich ein Durchgang zu einer Toilette. Es gab auch noch eine weitere Tür, die vermutlich auf den Gang führte, aber Kieffer war sich ziemlich sicher, dass der Legionär sie verriegelt haben würde. Deshalb ging er zunächst ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Sein linkes Jochbein und die Wange waren tiefblau verfärbt, die Oberlippe war aufgeplatzt. Jemand hatte das Blut notdürftig abgewischt und eine Mullkompresse auf seine pochende Schläfe geklebt.
    Auf dem Toilettensitz lagen eine Trainingshose, ein weißes T-Shirt und ein Norwegerpullover mit Rollkragen. Seine eigene Kleidung war verschwunden, ebenso wie sein Handy und seine anderen Sachen. Kieffer stieg unter die Dusche und ließ das heiße Wasser seinen Rücken herunterlaufen. Er fühlte, wie sich seine verkrampften, schmerzenden Muskeln etwas entspannten. Dann zog er die bereitliegenden Kleidungsstücke an und setzte sich an den Tisch. Draußen war es taghell, es ging wohl gegen Mittag. Auf dem Tisch stand eine Schüssel mit Obst, Nüssen und einer Tafel Schweizer Schokolade. Mandel-Honig. »Fast wie im Hotel«, brummte Kieffer.Er schlang die Schokolade hinunter – es musste fast 24 Stunden her sein, seit er zuletzt etwas gegessen hatte.
    Er hörte, wie jemand die Tür aufschloss. Es war der Legionär. »Ausgeschlafen?« Er wartete Kieffers Antwort nicht ab. »Dann los. Er wartet schon.«
    »Wer wartet?«
    »Maul halten, mitkommen.«
    Der Franzose

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