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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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verstehen, dass wir Boudier nicht laufen lassen konnten. Und im Falle Ricards mussten wir dann ebenfalls sehr schnell handeln.«
    »Sie haben ihn mit meinem Essen vergiftet.«
    »Ich könnte verstehen, dass Sie mir das besonders übel nehmen – aber keine Sorge, Ihre Ehre als Koch istvöllig intakt. Wir haben Ricard bereits in seinem Hotel Hyoscyamin in seine Wasserflasche gemischt. Das ist ein Nervengift, das sehr langsam wirkt und praktisch nicht nachzuweisen ist. Ricard war also schon tot, als er bei Ihnen zum Essen eintraf.«
    Wyss wischte sich mit der Linken einige Gipfeli-Krümel vom Pullover. »Aber jetzt lassen wir diese unerfreulichen Geschichten, das führt ja nirgendwohin. Schauen wir nach vorne! Mein lieber Kieffer, Sie haben, glaube ich, immer noch nicht verstanden, worum es eigentlich geht. Warum wir diese Frucht unbedingt brauchen!«
    »Natürlich habe ich das kapiert. Um noch mehr Geld zu scheffeln und dem Konsumenten noch minderwertigere Lebensmittel anzudrehen.«
    Wyss schaute ärgerlich. »Nein, Sie haben wirklich nicht verstanden, was in den nächsten Jahren passieren wird. Nicht Hüetli braucht die Chatwa-Frucht. Die Welt braucht sie!« Wyss war nun aufgesprungen und lief vor dem Kamin auf und ab. »Begreifen Sie denn nicht? Der gesamte Nahrungsmittelmarkt wird demnächst auf den Kopf gestellt, alles wird knapp. Nur mit Catvanum können wir das verhindern.«
    »Das ist doch Unsinn, Wyss. Ich habe Ihren Vortrag gehört, über das Vanillin – es mag ja sein, dass Vanilleschoten und andere Delikatessen ein knappes Gut sind. Aber es gibt keine allgemeine Lebensmittelknappheit. Es ist genug zu essen da, für alle Menschen auf diesem Planeten.«
    Wyss setzte ein mitleidiges Lächeln auf. »Vielleicht gibt es genug – aber genug von was? Falls wir uns alle mit ein bisschen Reis und Gemüse bescheiden, dann reicht es unter Umständen. Aber wenn alle so schlemmen wollen wie die Europäer und die Amerikaner, dann werden bestimmte Lebensmittel schon bald nicht mehr überall verfügbar sein. Und Sie können davon ausgehen, dass jeder Inder und jeder Chinese nicht nur ein Auto und einen Plasmafernseher will, sondern auch all jene Delikatessen, die Sie und ich für selbstverständlich halten. Es hat bereits angefangen, Kieffer. Der Normalverbraucher hat es noch nicht gemerkt, weil es zunächst nur die ganz teuren Lebensmittel betrifft. Bei einer Trüffelversteigerung in Grinzane Cavour, das liegt …«
    »… im Piemont, ich weiß.«
    »Dort hat ein Kerl aus Schanghai unlängst eine Viertelmillion Euro für einen einzigen großen Trüffel bezahlt.«
    »Na und? Preise für Piemonteser Trüffel waren schon immer absurd.«
    »Das war nur ein Beispiel, Kieffer. Ich steuere die Produktion des zweitgrößten europäischen Lebensmittelkonzerns – ich weiß sehr genau, wovon ich rede. Unsere Einkäufer schlagen Alarm, weil sie ganz gewöhnliche Rohstoffe nicht mehr in ausreichender Menge bekommen – Parmesan, Kabeljau, Spargel. Es wird alles knapp.«
    »Und wie soll uns Ihr Superglutamat da helfen?«
    »Dank Catvanum können wir völlig neue Lebensmittel erschaffen. Wir experimentieren seit Jahren mit Dingen, die sich problemlos in großen Mengen züchten lassen, die aber niemand essen will – Insekten zum Beispiel oder Pilzkulturen. Wenn diese Produkte demnächst unglaublich lecker schmecken, wird man sie uns aus den Händen reißen. Niemand wird mehr nach seltenen Spezialitäten gieren. Die Verteilungskämpfe, die uns bevorstehen – Unruhen, vielleicht sogar Kriege –, all das können wir so verhindern.«
    »Es gibt Hinweise darauf, dass Ihr Superaroma gefährlich ist. Dass es das Gehirn angreift.«
    »Das hat Ihnen Klaus Scheuerle erzählt, nicht wahr? Er ist ein brillanter Chemiker, aber ich denke, er überbewertet die Probleme ein bisschen.«
    »Woher wissen Sie …«
    »Oh, er hat mich angerufen. Haben Sie geglaubt, dass er diese sensationelle Entdeckung still in seinem Herzen tragen wird? Dass er Ihnen aus purer Menschenliebe hilft?« Wyss lachte leise. »Erst dank Scheuerle sind wir Ihnen doch auf die Spur gekommen.«
    Kieffer konnte spüren, wie ohnmächtige Wut in ihm emporstieg. »Wieso hat er das getan?«
    »Ich kann verstehen, dass Sie sich betrogen fühlen, aber versuchen Sie doch, den guten Scheuerle zu verstehen. Ein so ehrgeiziger Wissenschaftler. Sitzt in diesem mittelmäßig ausgestatteten Institut und muss seine Familie mit einem Gehalt durchbringen, das bei uns Berufseinsteiger schon im

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