Teufelsfrucht
ersten Jahr bekommen.«
»Dafür genießt er dort wissenschaftliche Freiheit.«
»Pah. Bei uns hat er mehr Gestaltungsspielraum, als er an der Uni je haben wird. Er wird der neue Chef unserer Forschungsabteilung.«
Kieffer wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte sich komplett einwickeln lassen. »D’accord, Wyss, Sie haben gewonnen. Ich kann trotzdem nicht glauben, dass Sie Millionen von Menschen diesen gesundheitlichen Risiken aussetzen wollen.«
Wyss machte eine abwiegelnde Geste. »Kleine Dosierungen werden bei den allermeisten keinen nachweislichen, keinen messbaren Schaden verursachen. Da sind wir uns sicher. Sonst würden wir Catvanum ja wohlkaum auf den Markt bringen, das Risiko von Schadenersatzklagen wäre gar nicht beherrschbar.
Unsicher bin ich mir allerdings, ganz offen gestanden, was die Auswirkungen der Exzitotoxizität bei sehr hohen Dosierungen angeht. Wie sich die Neurotransmitter in einem Überdosisszenario auf den menschlichen Verstand auswirken, dazu habe ich noch keine Daten.« Wyss lächelte eisig. »Noch nicht. Aber vor Ihrem leider unvermeidlichen Hinschied werden Sie mir helfen, dieser interessanten Frage nachzugehen.«
Gilbert trat an den Kamin. »Steh auf.« Er bedeutete Kieffer mit gezogener Pistole, sich auf den Platz am Kopfende des Esstisches zu setzen. Dann kettete der Legionär ihn mit den Fußfesseln am Stuhl fest und setzte sich auf einen Platz rechts von Kieffer. Die Magnum legte er vor sich auf den Tisch.
Es war bereits eingedeckt. Er konnte Wyss sehen, der in der offenen Edelstahlküche vor sich hin werkelte. »Ich komme nur noch selten dazu, selber etwas zu kochen, mein lieber Kieffer. Früher, da habe ich häufig im Restaurant meiner Eltern ausgeholfen, aber heute habe ich für so etwas leider kaum noch Zeit. Aber dies ist schließlich ein besonderer Anlass.«
Wyss schien bester Laune. »Gilbert, bring Herrn Kieffer doch bitte ein Glas von dem Petite Arvine, der auf der Theke steht. Ein ganz hervorragender örtlicher Wein, wie überhaupt das Essen aus dieser Gegend ganz hervorragend ist. Sie sind, wenn ich richtig informiert bin, ein Verfechter der authentischen, lokalen Küche, stimmt’s? Dann wird Ihnen die hiesige gefallen, sie ist wirklich einzigartig«, plapperte Wyss, während er in einem Topf rührte. »Wir sind hier in der Nähe des Aostatals. Dortisst man eine Mischküche mit italienischen, französischen und schweizerischen Einflüssen, sehr schlicht und sehr unverfälscht. Sie werden es lieben, glauben Sie mir. Ich zaubere Ihnen ein kleines Degustationsmenü. Probieren Sie zunächst das hier.«
Gilbert brachte ihm ein Glas Weißwein und ein Jausenbrett. Darauf lagen Speck, eine Art Schinken und dunkles Roggenbrot. Wyss war neben den Tisch getreten und erläuterte gestenreich die Zusammenstellung. »Dies ist ein Lardo di Arnad, und daneben haben wir eine Motzetta vom Hirsch und von der Gämse, gepökelt und in Bergkräuter eingelegt.« Trotz der absurden Situation konnte Kieffer nicht abstreiten, dass er großen Hunger hatte. Der hauchdünn geschnittene Speck und das Trockenfleisch sahen ganz ausgezeichnet aus. Er probierte ein Stück Hirschmotzetta, die beim Schneiden etwas zäh wirkte, in seinem Mund jedoch förmlich zerging. Er nippte an dem Wein, der frisch und leicht erdig schmeckte. »Mundet es Ihnen, lieber Kieffer?«
»Ich weiß noch nicht genau, was Sie mit dieser Show bezwecken, Wyss. Aber der Schinken ist vorzüglich.«
»In der Tat, den bekommen Sie sonst nirgendwo in dieser Qualität. Ich verspreche Ihnen jedoch, dass diese Motzetta nichts ist im Vergleich zu der nächsten Spezialität, die Sie kosten dürfen.« Wyss ging zurück in die Küche, bückte sich und verschwand hinter der Theke. Kieffer konnte hören, wie der Schweizer etwas aus dem Ofen holte. »Dies hier ist ein Produkt, das unsere Experten für den europäischen Markt entworfen haben. Ich denke, es wird sich sehr gut verkaufen.« Wyss kam mit einem großen Teller aus der Küche. Auf ihm lag eine knusprige, dampfende Pizza. Wyss stellte den Teller abund legte eine Verpackung daneben. Es war eine Tiefkühlpizza-Schachtel. »Pizza Valle d’Aosta« stand darauf. »In den Tälern dieser Gegend machen die Einheimischen eine sehr rustikale Pizza aus Roggenmehl, mit frischem Lardo und einem scharfen Ziegenkäse«, erläuterte Wyss. »Davon haben sich unsere Flavouristen bei diesem Gourmetprodukt inspirieren lassen.«
Kieffer rümpfte die Nase. »Lassen Sie mich raten: Da ist kein
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