Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Droschke. Dort bedankte ich mich mit einer Verbeugung für ihre Dienste im Namen der Damenhaftigkeit und fuhr in die Baker Street.
rs Hudson führte mich die Treppen hinauf zu Holmes’ Tür. Zwei Männer besetzten die beiden Sessel. Einer von ihnen war Holmes – der Pfeifenrauch-Wolken hustete, als ich den Raum betrat. Der Mann neben ihm war schnurrbärtig und von stämmiger Statur. Er trug einen Ehering, der neu aussah. Beide hatten ihr Füße auf dem Couchtisch abgelegt; sie fühlten sich offenbar wohl miteinander, waren gute Freunde. Das musste Watson sein.
Ich nahm meinen Hut ab, trat einen Schritt vor und streckte meine Hand aus. »Dr. Watson?«
Er stand auf, nahm meine Hand und drückte sie leicht. »Ja«, krächzte er und vermied Blickkontakt.
»Ich bin Anna Kronberg. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Dr. Watson.« Es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben. Er musste meine männliche Version erwartet haben.
Watson bot mir mit einer Handbewegung seinen Sessel an.
»Danke. Ich war den ganzen Tag auf den Beinen«, sagte ich und setzte mich. Der Couchtisch hätte es auch getan, aber das erlaubte mein Kleid nicht.
»Mein lieber Watson, würden Sie uns bitte einen Moment allein lassen?«, bat Holmes.
»Aber natürlich«, sagte Watson und zog sich ins Schlafzimmer zurück.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte Holmes leise. »MeinFreund war in der Gegend und stattete mir einen spontanen Besuch ab. Ich habe ihm erzählt, wen ich heute Abend erwarte. Er war freudig überrascht und begierig, Sie persönlich kennenzulernen. Natürlich habe ich ihn daraufhin eingeladen zu bleiben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie ohne Ihre übliche Verkleidung kommen.«
»Da habe ich mir wohl selbst ein Bein gestellt«, kommentierte ich trocken.
»Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte«, sagte er freundlich, »lügen Sie ihn nicht an. Er hat inzwischen mit Sicherheit eins und eins zusammengezählt. Ich verspreche Ihnen, dass er Sie nicht verraten wird. Ich würde Watson, wenn nötig, mein Leben anvertrauen.«
Ich fühlte mich wie in einer Falle, und Holmes’ versicherndes Lächeln verstärkte das Gefühl, keine Fluchtmöglichkeit zu haben. »Mit wie vielen Ihrer Freunde beabsichtigen Sie mein Geheimnis zu teilen, Mr Holmes?«, zischte ich.
Sein Gesichtsausdruck verlor deutlich an Wärme. »Ich hatte nicht vor«, antwortete er, »Ihr Geheimnis mit irgendwem zu teilen. Obwohl ich zugeben muss, es war ein Fehler anzunehmen, dass Sie zu Ihrem eigenen Wohle die Maskerade als Mann aufrecht erhalten würden und Ihre Karriere nicht aus purer Eitelkeit zu riskieren gedächten.«
Wütend erhob ich mich. »Mr Holmes, ich bitte Sie, sich zurückzuhalten! Meine Art zu leben gedenke ich nicht mit Ihnen zu diskutieren. Ich habe durchaus in Sicherheit gelebt, bevor Sie mir über den Weg gelaufen sind.«
Sein Blick wurde etwas weicher. »Es steht Ihnen frei zu gehen.«
»Sie wissen sehr genau, dass es dafür bereits zu spät ist«, entgegnete ich, sank zurück in den Sessel und rieb mir die Stirn. »Mr Watson wird mit Sicherheit entsetzt sein«.
Holmes’ Mundwinkel zuckten.
»Na, wunderbar!«, sagte ich und versuchte das mulmige Gefühl in der Magengegend zu verdrängen.
Holmes nickte kurz und rief: »Watson, Sie können wieder reinkommen.«
Watson erschien. »Mein lieber Freund«, sagte Holmes, »dies ist Dr. Kronberg.«
Der Mann war sichtlich erschüttert. Er nickte nur und setzte sich auf den Couchtisch, da es sonst nur den Fußboden gab und er irgendwo Halt suchte.
»Sie wollen damit wirklich sagen …? Das ist tatsächlich …?« Er sah zu Holmes hin. »Sie sind«, und blickte zu mir zurück, »Dr. Anton Kronberg aus dem Guy’s? Ich meine, ich hatte einen Verdacht, als Sie hereinkamen. Aber …« Er schüttelte den Kopf, starrte mich an und sah dann wieder zu seinem Freund.
»Haben Sie Dr. Kronberg je getroffen, Watson?«
»Ähm … genau genommen war ich auf einem seiner Vorträge über Dr. Snows Arbeiten. Ich meine, einem … Ihrer Vorträge.«
Der arme Mann tat mir langsam leid.
»Ah! Watson, mein Freund.« Holmes lehnte sich vor und klopfte ihm auf die Schulter. »Selbst ein Mann wie ich hat eingesehen, dass es in der Tat Frauen mit scharfem Verstand gibt. Und obwohl es sich um eine seltene Sorte handelt, läuft man ihnen hin und wieder über den Weg.«
Hustend hielt ich mir die Hand an die Stirn. Watson warf einen flüchtigen Blick auf den Kaminsims. Er bemerkte das fehlende Bild. »Sie haben es weggestellt. Ich
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