Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
grämen.
»Ach, Anton«, sagte ich.
»Hast du jemanden, Anna?«
Ich dachte an Garret, und obwohl ich dieses idiotische Grinsen aus meinem Gesicht zu verscheuchen versuchte, erwischte mich mein Vater. Er wirkte zufrieden, zumindest für den Moment.
»Wer ist es?«, fragte er ganz nebenbei und fügte nach kurzem Nachdenken vorsichtig hinzu: »Oder sie?«
»Frontalangriff, Anton?«, witzelte ich. »Er heißt Garret, ist ein Ire und der beste Dieb der ganzen Nachbarschaft.«
Haferbrei schoss aus seinem Mund und verteilte sich auf dem Boden. Er hustete. »Ein Dieb!«
»Du weißt, dass ich in den Slums lebe. Die meisten Leute dort haben keine Wahl, wenn sie überleben wollen.«
Sein Gesicht war rot vor Wut.
»Dass er nicht der Richtige für mich ist, weiß ich. Er ist warmherzig und liebt mich, aber er würde meinen … Lebensstil nicht akzeptieren. Er weiß nicht einmal davon.«
Langsam kehrte die normale Farbe in das Gesicht meines Vaters zurück. Ich schaute ihn an und hätte ihn am liebsten ganz lange ganz fest umarmt. Aber das tat ich natürlich nicht.
»Anton?«
»Hmm?«
»Du bist wirklich der beste Mensch, dem ich je begegnet bin. Ich kenne keinen Einzigen, der eine Frau wie mich akzeptieren und sogar respektieren könnte. Ich meine, siehdich an!« Ich fasste ihn an den Schultern. »Du würdest sogar, wenn auch schweren Herzens, akzeptieren, dass ich eine Frau liebe.« Das wurde ihm langsam sehr unangenehm. »Du hast mich immer mit Liebe und Respekt und wie eine Ebenbürtige behandelt, und dafür bin ich dir unendlich dankbar.«
Mit feuchten Augen schaute er mich an.
»Anton, ich glaube nicht, dass ich jemals heiraten werde. Niemand würde eine Frau wie mich ertragen, zumindest keiner, der ganz richtig im Kopf ist«, fügte ich hinzu.
»Warum sagst du das?«, rief er aus.
»Hast du jemals eine Frau wie mich gesehen?«, sagte ich milde. »Eine Frau, die wie ein Mann aussieht, sich wie ein Mann benimmt, die nie ihren Mund halten kann und als Ärztin arbeitet? Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, eine Frau zu heiraten, damit meine männlichen Kollegen nicht mehr hinter meinem Rücken flüstern und die Krankenschwestern aufhören, mit mir zu kokettieren!«
»Anna! Sprich nicht so über dich!«
»Aber es stimmt doch.«
Mein Vater stand da, hilflos und still. Nach einer Weile berührte er meine Wange und sagte leise: »Hilfst du mir bei der Arbeit an dem Schrank?«
Ich nickte, dankbar über die Ablenkung.
en größten Teil der Tage verbrachten wir gemeinsam. Wenn ich ihm nicht in der Werkstatt half, kochte ich für uns, räumte das Durcheinander auf, das wir in der Küche hinterlassen hatten, oder saß in meinem Kirschbaum und dachte über mein altes Leben hier nach,darüber, wie es in Boston gewesen war, und über mein neues Leben in London. Das Wort »Kontrast« traf es nicht mal annähernd.
An meinem letzten Tag bat mich mein Vater, ein Huhn zu schlachten. Katherina sollte zum Mittagessen zu uns kommen, und er wollte ein Festmahl für seine beiden liebsten Frauen bereiten. Das Huhn war im Ofen, als sie hereinkam. Das Gesicht meines Vaters leuchtete auf und ihres auch. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. Ich hatte einen Kloß im Hals, als ich die Zärtlichkeit und Liebe zwischen den beiden sah.
Dann umarmte sie mich. »Anna, wie schön, dass du gekommen bist. Dein Vater hat dich vermisst.«
Ich konnte nur nicken und schälte schnell die Kartoffeln.
er Zug rollte im Bahnhof ein, um mich fortzubringen. Mein Vater hielt mich fest im Arm, so als wäre dies unser letzter gemeinsamer Augenblick. Doch wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Ich saugte so viel von seiner Wärme auf, wie ich konnte, und gab mir Mühe, nicht zu weinen, während ich ihm sagte, er sei der liebevollste Vater, den ein Kind sich wünschen konnte.
Mit einen Ruck, einer Dampfwolke und einem Abschiedspfiff beförderte der Zug mich Richtung Norden. Ich guckte aus dem Fenster und verrenkte mir den Hals, bis der winzige Fleck, der mein Vater war, verschwunden war.
evor der Zug Berlin erreicht hatte, wusste ich, was ich zu tun hatte. Tetanusbakterien starben bei Kontakt mit Sauerstoff ab. Ich konnte nie sicher sein, ob in unserem Medium nicht noch Restsauerstoff enthalten war. Aber ich konnte etwas dagegen tun! Mit Natriumsulfit, das die Spuren von Sauerstoff in unserem vermeintlich sauerstofflosen Kulturmedium restlos aufzehren würde.
Nur zwei Wochen später entdeckte ich die ersten Kolonien in meinen
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