Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
die meine und schüttelte sie herzlich. »Wir haben von Ihrer erfolgreichen Isolierung des Tetanuserregers gehört, und ich wollte Ihnen persönlich dazu gratulieren.«
»Danke, Dr. Stark. Ihr Besuch ehrt mich.« Ein ungutes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus – ich hatte den Namen schon einmal gehört. Wenn ich mich recht erinnerte, erforschte er die menschliche Anatomie.
»Ich war in der Gegend und habe einen alten Freund von mir besucht – Professor Rowlands. Er hat mir gesagt, wo ich Sie finde. Die Bakteriologie ist mein persönliches Steckenpferd, denn das Studium der Anatomie hält ja heute nicht mehr so viele Überraschungen und Aufregungen bereit.« Er gluckste leicht.
In Anbetracht von Cambridges Vergangenheit, was den Leichenhandel betraf, hatte der Mann ganz schön Nerven, so etwas von sich zu geben! Eine Sekunde später machte mein Verstand fast hörbar klick, und ich nahm Dr. Stark genauer in Augenschein. Er und ich waren fast gleich groß, doch sein Körper hatte ungefähr den dreifachen Umfang. Er war etwa fünfundvierzig Jahre alt und wirkte trotz seiner Fettleibigkeit agil. Sein Haar war dunkelblond oder braun, schwer zu definieren. Genau wie sein Charakter. Er bemühte sich, warmherzig zu wirken. Sein herzliches Händeschütteln stand im Gegensatz zum harten Kalkül seiner Augen. Er lächelte viel, doch es schien eher das trügerische Grinsen eines Seeteufels zu sein – immer zur Schau gestellt, mit vielen Zähnen und einem hübschen Köder, der vor der Todesfalle baumelt.
Mein Hirn schaltete auf Angriff um. »Ah, mein guter Dr. Stark, ich weiß genau, was Sie meinen. Ich habe meinForschungsgebiet hauptsächlich aus diesem Grund gewählt. So viele Entdeckungen warten doch nur auf uns!«
Er bekam runde, glasige Augen, und ich fuhr fort: »Wenn man bedenkt, wie weit die bakteriologische Forschung seit der Erfindung guter Lichtmikroskope gekommen ist. Es sind doch nur unsere Werkzeuge, die uns einschränken. Und wenn wir erst bessere Methoden entwickelt haben, um alle bekannten Krankheitserreger zu untersuchen – stellen Sie sich vor, was wir dann erreichen könnten!« Ich legte all meine Leidenschaft für die Medizin in meine Worte und sah, wie Stark Feuer fing.
»In der Tat, Dr. Kronberg, ich bin ganz Ihrer Meinung. Es gibt so wenige unter uns, die daran glauben, dass wir unsere wissenschaftlichen Methoden weiter verbessern können; so wenige, die sowohl die Einschränkungen als auch das Potenzial und die Lösungen so vieler Probleme sehen, die in greifbarer Nähe sind!« Er streckte seinen Arm aus, um nach etwas Imaginärem zu greifen.
Ich nickte aufgeregt, und er packte mich so fest an der Schulter, dass ich das Gefühl hatte, er wolle sie aushaken und mitnehmen.
»Ich sehe schon, Sie und ich, wir sind aus demselben Holz geschnitzt, mein Freund – wenn ich Sie so nennen darf?«, sagte er mit seinem warmen Seeteufel-Grinsen.
Ich nickte und erwiderte sein Lächeln, wobei ich versuchte, nicht an meine schmerzende Schulter zu denken. Meine gebrochenen Rippen schepperten förmlich, so fühlte es sich zumindest an, unter der Kraft seines Griffes.
»Vielleicht können wir bei Gelegenheit mal über unsere Visionen diskutieren?«, fragte er, und ich lächelte, nickte noch mehr und hoffte inständig, er würde endlich seine Pranke von mir nehmen.
Was er auch tat, als er mir Lebewohl sagte. Er hatte fastmein Labor verlassen, als er plötzlich stehen blieb. Die Bewegung wirkte einstudiert.
»Dr. Kronberg, weil es mir gerade einfällt, kann ich es eigentlich auch direkt ansprechen. Ich bin gemeinsam mit ein paar Kollegen aus Cambridge und London dabei, einen Impfstoff gegen Tetanus zu entwickeln, und ich frage mich, ob Sie nicht mit uns zusammenarbeiten wollen? Ihre Reinkulturen könnten unsere Forschungen schnell zum Erfolg führen, denke ich.«
Mein Magen machte einen Satz. Ich tat überrascht und sagte lächelnd: »Ich fühle mich geschmeichelt, Dr. Stark. Natürlich würde ich gern mit Ihnen zusammenarbeiten. Obwohl, ich habe noch nie von diesem Projekt gehört. Seit wann arbeiten Sie an dem Impfstoff?«
»Ach, nun ja, erst ein paar Monate«, sagte er ausweichend. »Sie können nichts davon gehört haben. Wir finanzieren uns größtenteils aus privaten Quellen. Wir haben keine Förderung von der Regierung bekommen, aber das Problem kennen Sie ja.«
Ich nickte zustimmend.
»Na dann, gut!«, sagte er, kam wieder näher und schlug mir erneut auf die Schulter. »Ich muss jetzt
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