Teufelsherz (German Edition)
er einen Muffin aus der Tüte befreit hatte.
»Heute noch nicht.« Sie zog an dem Sicherheitsgurt und schnallte sich an. »Aber du würdest ihr eine große Freude machen, wenn du bei uns einziehst.«
Will hörte einen Moment auf zu kauen und sah sie durch seine dunklen Brillengläser hindurch an. »Hast du ihr nicht erklärt, dass ich gerne für mich bin?«
»Sicher.«
»Es ist ja echt nett von ihr, aber mein Zuhause ist nun mal … Wir haben immer schon dort gewohnt.«
»Ich weiß.« Auch damals war es ihrer Mutter ein Dorn im Auge gewesen, dass die Geschwister alleine in dem Haus im Wald gelebt hatten. Nur mit einer Angestellten, die halb Kindermädchen, halb Putzfrau gewesen war und jetzt nur noch alle zwei Wochen vorbeikam, um nach dem Rechten zu sehen.
Wills und Amandas Eltern waren schon früh bei einem Autounfall umgekommen, und ihr vermögender Onkel hatte das Sorgerecht übernommen. Der war jedoch ständig im Ausland auf irgendwelchen Geschäftsreisen und kam nur sporadisch vorbei. Unverantwortlich, wie ihre Mutter stets meinte. »Sie macht sich einfach Sorgen um dich.«
»Das muss sie nicht.«
»Das sag ich ihr ja auch immer wieder. Gerade eben hab ich ihr erklärt, dass du schon ein großer Junge bist.«
Will grinste, und tiefe Grübchen zeigten sich auf seinen Wangen. Das halblange Haar, das ihm bis zum Nacken reichte und ständig in die Stirn fiel, war ebenso blond wie das seiner Schwester, und er hatte außerdem die gleichen blauen Augen wie sie, auch wenn diese jetzt nicht mehr richtig zu sehen waren. Sein Gesicht erinnerte sie ebenfalls an Amanda, was nicht weiter verwunderlich war, schließlich waren die beiden Zwillinge gewesen. Er war verdammt gut aussehend. Seine weichen Züge ließen ihn gutmütig und sanft erscheinen, sehr jungenhaft, wie ein Prinz aus einem Märchen.
»Sie darf mich natürlich weiterhin damit versorgen«, sagte er mit vollem Mund und winkte mit dem Muffin in der Hand. »Aber dich sollte sie dabei nicht vergessen, Bohnenstange.«
Sie stieß ihn leicht mit dem Ellbogen an, traf jedoch nur die Tüte, da er mit seinem Sitz sehr weit hinten saß, damit seine langen Beine genügend Platz hatten.
Er nahm sich einen weiteren Muffin und streckte ihr die Tüte hin, ehe er den Gang einlegte, die Handbremse löste und mit dem Frühstück in der Hand rückwärts aus der Auffahrt stieß.
Sie waren spät dran, und als sie das Schulgelände erreichten, fanden sie nur noch einen weit entfernten Parkplatz, sodass sie sich extrem beeilen mussten. Doch trotz des trostlosen Novemberregens konnte Emily nicht umhin, noch einen Blick zu den mächtigen Kronbergen zurückzuwerfen, die sich hinter ihr dem Himmel entgegenstreckten. An diesem Tag sahen sie grau aus. Die Wächter der Stadt, deren Gipfel in der dunklen Wolkendecke verschwanden. Nur vereinzelt setzte sich die Morgensonne durch und strahlte durch Risse, die etwas Blau zum Vorschein brachten. Vielleicht würde der Tag doch noch schön werden.
Bei ihrem Spind angekommen, ließ Emily als Erstes ihren Essensvorrat darin verschwinden und befreite sich von der klitschnassen Regenjacke, die sie glücklicherweise komplett vor der Nässe geschützt hatte. Sie kämpfte sich aus den Ärmeln und bemerkte dabei Marita und deren Anhängerinnen, die sich an Will heranpirschten, dessen Spind sich nur drei Schränke weiter befand.
»Mieses Wetter heute, was?«, begrüßte die Anführerin der Cheerleader – wie auch immer die korrekte Bezeichnung dafür lautete – den Ex-Basketballspieler und lehnte sich mit den Büchern im Arm an die Schränke neben ihm. Die anderen blieben etwas abseits stehen und beobachteten die Latinoschönheit, die ihr strahlendstes Lächeln aufgesetzt hatte. Es war wirklich erstaunlich, wie sich manche Klischees beinahe schon zwanghaft erfüllen mussten. Nun ja, so erstaunlich auch wieder nicht, wenn man bedachte, mit welchem Ehrgeiz Marita dafür sorgte. »Du hast jetzt Geschichte, nicht wahr?«, fragte sie mit zuckersüßer Stimme.
»Mmh.« Will zog sich ebenfalls die Jacke aus und stopfte sie in den Schrank.
»Vielleicht bekommen wir ja bald Schnee.«
»Vielleicht.«
»Das geht manchmal schneller, als man denkt.«
»Kann schon sein.« Er rückte seine Sonnenbrille zurecht und griff nach dem Geschichtsbuch.
»Ja, und ehe man sich’s versieht, ist schon der Tag des Schneeballs. Hast du gewusst, dass es nur noch fünf Wochen sind?«
»Ja.«
»Und hast du schon eine Begleitung?«
Jetzt wandte er sich ihr zum
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