Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
deutlich den Schmerz. „Nein!“ ächzte ich und schüttelte verzweifelt den Kopf. Es durfte einfach nicht sein, was ich mit eigenen Augen zu sehen glaubte. Es gab keine Geister, keine solchen Erscheinungen.
Ich fixierte die Alte. Ihr Gesicht war zu einer bösartigen Grimasse verzerrt. Die Augen glühten, als schüre der Teufel persönlich ein Feuer in ihnen. Jetzt konnte ich auch die Konturen ihres Skeletts erkennen. In stoischer Gelassenheit kamen die drei heran. Die Alte berührte mit ihrem Totengewand das Fußende des Bettes. Die Materie des Bettes drang in sie ein, bis sie zu meinen Füßen verharrte, die ich ängstlich angezogen hatte. Die beiden Männer hatten sich getrennt und standen jetzt rechts und links von mir.
Die Alte sprach, mich dabei unverwandt anstarrend: „Wer bist du, und was suchst du hier?“
Ich rang nach Worten, brachte aber das Kunststück nicht fertig, zu antworten. Zu sehr hielt mich das Grauen in seinem eisigen Klauen gepackt. Zu einer Antwort kam ich ohnedies nicht: Im nächsten Augenblick erschütterte der Boden - rhythmisch, wie unter den Schritten eines Riesen. Und es schien tatsächlich ein Riese zu sein, der sich dem Zimmer näherte. Die Haare stiegen mir zu Berge.
Tapp! Tapp! Tapp!
Er hatte fast den Raum erreicht. Die Erschütterungen waren so stark, daß das Bett leicht hin und her geworfen wurde. Ich klammerte mich fest. Die drei Geister starrten mir ins Gesicht. Keiner sprach. Ihre Nähe erzeugte Kälte, und ich hatte entsetzliche Angst davor, sie könnten mich berühren. Doch noch entsetzlicher war das Annähern des Riesen. Vor der Tür verharrten seine Schritte. In das laute Atmen mischte sich bösartiges Knurren. Die Tür schwang auf, doch sie war durchsichtig dabei. Ich blinzelte, schaute noch einmal hin. Ja, die Tür war noch immer geschlossen. Was aufschwang, war sozusagen ihr Schatten. Mein Verstand kapitulierte ob dieses Phänomens. Und dann kam er herein: der Riese! Er mußte sich bücken, um mit seinem dichtbehaarten Schädel nicht gegen die Decke zu stoßen. Sein Gesicht war das Furchtbarste, was ich je in meinem Leben gesehen hatte. Es war völlig ohne Fleisch, ein behaarter Totenschädel, ohne Augen. In den Höhlen nistete teuflische Glut. Der wuchernde Vollbart, der bis zu der gewaltigen Brust ging, wuchs direkt aus den ausgebleichten Knochen.
Der Riese war in ein mittelalterliches Gewand gekleidet. Seine Hände erschienen halbverwest. Sie kamen mir bekannt vor. Dann erinnerte ich mich an die einzelne Hand, die mich draußen auf dem Flur attackiert hatte. Nur waren diese Hände hier viel größer. Sie hatten die Dimensionen von Kohleschaufeln und hielten ein mächtiges Beidhandschwert. Mit einem Knurrlaut hob er das Schwert und ließ es durch die Luft zischen. Es traf gegen die Wand, erzeugte dort eine tiefe Einkerbung, die sich wundersamerweise wieder richtete, als er das Schwert zurückzog.
Die drei Geister waren wie zur Salzsäule erstarrt. Sie regten sich nicht. Die Alte hatte ihren zahnlosen Mund halb geöffnet, als wollte sie etwas sagen. Doch kein Ton kam über ihre Lippen.
Der Riese stampfte näher, jetzt grollend. Abermals schwang er das Schwert durch die Luft. Es zischte, also war es teilweise real. Dicht fuhr es über meinen Kopf, daß ich meinte, es müßte mich treffen. Doch es traf die beiden Geister. Wie Puppen wurden sie von der Wucht des Schlages quer durch den Raum geschleudert. Und sie benahmen sich auch wie leblose Puppen. Sie prallten gegen die Wände und fielen zu Boden, regungslos, ohne Abwehr.
Ich war noch immer unfähig, etwas zu unternehmen. Da war wohl der starke Impuls zu Flucht in mir, allein, ich tat nichts als nur zuzusehen, was hier geschah. Als wäre ich nur unbeteiligter Beobachter, als würde sich alles vor mir abspielen wie ein Schauerfilm, der mir wohl das Grauen beibrachte, ansonsten aber mich nichts anging.
Den Riesen schien das Ganze köstlich zu amüsieren. Er lachte, daß die Wände wackelten. Schlagartig wurde er wieder wütend. Er starrte auf die drei durchsichtigen, grün fluoreszierenden Gebilde hinab, die zu seinen Füßen lagen.
„Wer hat euch erlaubt, herzukommen? Wer hat es euch erlaubt?“ Dann hob er den rechten Fuß, der mit einem aus weichem Leder bestehenden Stiefel bekleidet war, und trat auf die alte Frau. Das Schemen gab nach, bis zu einem gewissen Punkt, dann platzte es wie ein Ballon. Der laute Knall ging mir durch Mark und Bein. Fassungslos sah ich, daß der Riese mit den anderen beiden
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