Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
ihm war ein großer, gebückt erscheinender Mann. Das Gesicht war im Verhältnis zur Körpergröße sehr klein und hatte ein spitzes Kinn. Die Haare erinnerten an den Mann, dem Kathryn begegnet zu sein glaubte. Überhaupt schien zwischen beiden Männern eine gewisse Ähnlichkeit zu bestehen.
Der Mann lächelte. Irgendwie erschien es diabolisch und ohne Wärme. „Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?“ ächzte er. Sein Atem roch schweflig. Das war überhaupt ein Geruch, der in dem Büro vorherrschte.
Benommen trat Kathryn Warner näher. Der Mann schloß hinter ihr die Tür und humpelte zu seinem Schreibtisch. Ja, er humpelte, und Kathryn blickte unwillkürlich auf seine Beine. Der eine Fuß, der aus dem Hosenbein lugte, war stark verdickt. Kathryn lächelte unwillkürlich. Zum erstenmal in ihrem Leben sah sie einen Mann, dessen einer Fuß aussah wie eine übergroße Bocksklaue.
Im nächsten Augenblick wurde ihr das bewußt, und sie vermeinte fast, der Schlag treffe sie. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Sie mußte sich geirrt haben, und als sie noch einmal auf die Beine des Maklers sah, waren da zwei ganz normale Füße. Der Mann ging weiter, und diesmal humpelte er auch nicht. Auch erschien seine Haltung nicht mehr geduckt. Der runde Buckel hatte sich gestrafft, wenn der Mann auch insgesamt kleiner als zu Anfang wirkte.
„Aber nehmen Sie doch bitte Platz“, sagte der Makler freundlich und deutete auf einen antiken Polsterstuhl vor seinem Schreibtisch.
Kathryn setzte sich dankbar. Hätte sie es nicht getan, hätten ihr wahrscheinlich die Beine ihren Dienst versagt. Es wäre ihr peinlich gewesen, wäre sie in dem Maklerbüro zusammengebrochen. Ich scheine krank zu sein, redete sie sich ein. Das sind deutliche Symptome. Ich habe ständig Halluzinationen. Vielleicht bin ich gar nicht in einem Maklerbüro? Vielleicht sitze ich noch immer im Zug und bin noch gar nicht ausgestiegen?
Bevor sie Panik überfiel, lenkte sie ihre Gedanken auf andere Dinge. Der Makler deutete eine leichte Verbeugung an. „Ich bin Jake Devil und immer gern zu Ihren Diensten.“
Kathryn schluckte. „Kathryn Warner“, stellte sie sich vor. „Ich - ich bin erst vor einer Stunde angekommen. Bisher habe ich in Ashtonville, oben in Schottland, gewohnt. Das ist nur ein kleiner Ort.“
„Oh, was hat Sie denn nach London verschlagen?“
Devil setzte sich hinter seinen Schreibtisch und spielte mit einem Füllfederhalter, der die Form eines Fingers hatte. Die Stahlfeder erschien wie ein spitzer Fingernagel.
Kathryn achtete nicht auf dieses Detail. Sie war froh, zu jemandem sprechen zu können. „Ich bin hier geboren“, gab sie bereitwillig Auskunft. „Vor Jahren heiratete ich und zog weg.“
„Dann ist Warner wohl der Name Ihres Mannes?“
Das Gesicht der schönen Frau beschattete sich.
„Nein, es ist mein Mädchenname. Nachdem mein Mann vor wenigen Monaten unter - unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, habe ich den Namen Warner wieder angenommen. Ich wollte den vergangenen Jahren den Rücken kehren und hier wieder ganz von vorne anfangen.“
„Und dazu brauchen Sie vorerst einmal eine Wohnung.“ Jake Devil nickte verständnisvoll und spielte mit seinem Füller. „An was hätten Sie denn gedacht?“
„Nun...“ Kathryn machte eine hilflose Geste. „Ich weiß nicht recht. Vielleicht ein möbliertes Zimmer?“
„Haben Sie eigentlich kein Gepäck dabei?“
„Wie bitte?“ fragte Kathryn verständnislos und wollte auf ihren Koffer zeigen. Jetzt erst bemerkte sie, daß er nicht mehr da war. Sie erschrak und sprang auf.
„Entschuldigen Sie bitte vielmals, aber ich hatte einen Koffer bei mir. Er - er ist verschwunden.“ Sie wollte zur Tür eilen, aber die Stimme Devils hielt sie auf.
„Lassen Sie nur, Mrs. Warner. Er wird vor der Tür stehen. Hier im Hause kommt nichts weg. Sie können ihn nachher holen.“
„Aber ich...“
„Ich wollte sagen, daß er dort, wo er ist, gut aufgehoben ist!“ sagte der Makler scharf.
Erstaunt wandte sich Kathryn dem Mann zu. Devil lächelte jovial. Die Frau setzte sich wieder. „Ich habe eine Bitte, Mr. Devil.“
„Nur zu, für Sie tue ich alles.“
„Bitte nennen Sie mich nicht Mrs. Warner. Sie können Miß zu mir sagen.“
„Aber ich denke, Sie waren verheiratet?“
„Das spielt keine Rolle. Ich will diese Zeit für immer vergessen, verstehen Sie?“
„Nun gut“, beschwichtigte Devil, „das ist schließlich Ihre Sache.“ Er räusperte sich in die
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