Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall
Professor?«
»Eine Keltensekte am Belchen? Spinnst du?«
»Den Waldkirchern ist sowieso nicht zu trauen«, argwöhnte Markus, der seit fünfzehn Jahren in einer Niederemmendinger Narrenzunft aktives Mitglied war und die Konkurrenz aus dem Elztal kritisch beäugte. Die Alemannische Fasnet war eine ernste Sache. »Wenn’s einer war, dann der. Der war eifersüchtig. Oder sie haben gestritten.«
»Ist sie wenigstens hübsch, deine Luise?« Dieter rollte mit den Augen und schnüffelte genüsslich an seinem Weinglas.
»Jetzt lasst ihn endlich in Ruhe!« Walter ging energisch dazwischen. Wenn er etwas nicht leiden konnte, war es unnötiges Geschwätz. »Wenn es Lothar wichtig ist, sollten wir ihn unterstützen oder die Klappe halten. Mich selber eingeschlossen«, grinste er und klopfte Kaltenbach auf die Schulter. »Wir bestellen erstmal, und dann gehen wir richtig ran. Die nächste Runde übernehme ich!«
Während die Bedienung die durstigen Kehlen mit Nachschub versorgte, überlegte Kaltenbach, ob es eine gute Idee war, die anderen einzuweihen. Er würde ihnen kaum erklären können, warum ihn die ganze Sache derart beschäftigte. Aber wenn er weiterkommen wollte, musste etwas geschehen. Er konnte jede Hilfe gebrauchen.
Der Gutedel war gut gekühlt und hatte genau die milde angenehme Säure, die er so schätzte. »Es ist mir ernst.« Kaltenbach ergriff das Wort »Ich will herausbekommen, wie es wirklich war. Und ich will Luise helfen.«
»Ist sie hübsch?« Dieter wiederholte die Frage. Doch Kaltenbach ging nicht darauf ein.
»Irgendwas ist faul an der Sache. Und außerdem«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu, »habe ich das Gefühl, das ist noch nicht zu Ende. Es wird noch etwas passieren.«
Für einen Moment trat Ruhe am Tisch ein. Dann ergriff Walter das Wort. »Hier ist mir zu viel von Gefühl und Ahnungen die Rede. Ich schlage vor, wir lassen das alles mal weg und sehen, was es an Fakten gibt.«
Kaltenbach atmete auf. Es tat ihm gut, dass Walter von ›wir‹ sprach. Außerdem war es wirklich an der Zeit, die Tatsachen genau anzusehen.
»Also, ich habe das so verstanden.« Markus ging sofort darauf ein. »Du hast ein irisches Schmuckstück mit Runen drauf. Aus einem Grab!«
»Ogham. Keltische Zeichen«, unterbrach ihn Kaltenbach.
»Ogham, keltisch, germanisch, römisch – das ist doch letztlich egal.«
»Es darf nichts egal sein.« Walter klang, als hätte er jahrelang Kriminalfälle aufgeklärt. »Wenn Lothar nicht so hartnäckig gewesen wäre, wüssten wir nicht, dass die Zeichen einen Opferfluch bedeuten!«
»Reichlich unpassend als Grabbeigabe auf einem christlichen Friedhof in Emmendingen«, warf Dieter ein, der bisher geschwiegen hatte. »Wenn es ein Kreuz gewesen wäre … «
»Ein Kreuz, das mit Tierblut verschmiert war«, ergänzte Markus. »Das verstehe ich überhaupt nicht.«
»Ein heidnisches Fluchamulett auf einem Friedhof und ein christliches Symbol auf dem alten Keltenberg. Gerade umgekehrt, wie man es erwarten würde. Merkwürdiger Zufall.«
»Wir wollten ja zunächst einmal sammeln. Verstehen müssen wir später.« Kaltenbach nahm einen Schluck und fuhr fort. »Wir haben außerdem das Bild von dem Mann auf dem Friedhof.« Er zog das Foto heraus. »Ein Schnappschuss von der Beerdigung. Hab ich vergrößert.« Er ließ die Aufnahme rundgehen.
»Nie gesehen«, meinte Walter.
Auch Dieter schüttelte den Kopf. »Sieht ziemlich grimmig aus, finde ich.«
Markus betrachtete den Hageren aufmerksam. »Ich weiß nicht. Irgendwoher kenne ich den. Aber ich kann mich auch täuschen.« Er legte das Foto auf den Tisch in die Mitte. »Was weißt du von dem? Ein Freund von Luise?«
»Nein, aber sie hat alle möglichen Leute gefragt. Keiner kennt ihn.« Kaltenbach legte den Zeitungsausschnitt daneben. »Seht euch das mal an! Das Foto gehört zu einer Artikelserie aus der BZ«, erklärte er. »Magische Orte im Schwarzwald.«
Das Blatt machte ebenfalls die Runde.
»Das ist er!« Markus nahm ihm das Bild aus der Hand. Er hatte den Hageren sofort erkannt. »Wo hast du das her?«
»Was sind denn das für Gestalten?« Dieter verzog den Mund. »Volkshochschul-Kräuterwanderung mit Folklorekleidung?«
»Der Sutter Erwin! Wie er leibt und lebt! Treibt der immer noch sein Unwesen!«
Kaltenbach und die anderen sahen Walter erstaunt an.
»Du kennst den Mann?«
»Nein, nicht den, den du suchst.« Walter klopfte mit dem Zeigefinger auf den Mann im Vordergrund.
»Dieser hier. Erwin Sutter, der
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