Teufelskreise (German Edition)
könnte einen Freund haben. Ich wurde verlegen und kleinlaut.
»Er ist ein Wær, Nana. Vermutlich ist er derjenige, der den Abfall auf den Rasen geworfen hat. Hast du mir nicht selbst immer vorgehalten, dass Hexen und Wærwölfe nicht zusammenpassen?«
»Sie werden keine guten Freunde, das stimmt, aber ich finde, ein gelegentliches Schäferstündchen sollte erlaubt sein.«
Ich ergriff die Flucht. Dass Nana mich ermunterte, ein Schäferstündchen mit einem Wærwolf abzuhalten, war einfach zu viel für mich.
12
Ich trat meine Schicht bei Theo an.
Anhand des regelmäßigen Knarrens des Schaukelstuhls wusste ich, dass Nana immer noch an ihrem Quilt arbeitete. Celia und Johnny waren in die Stadt gefahren, um Lebensmittel zu kaufen, und Erik schlief im zweiten Stock – ich hörte sein gelegentliches Schnarchen durch die Decke.
Die Wære hatten das Wechseln der Infusionsbeutel perfekt erledigt; wahrscheinlich würde es in meiner Schicht nicht notwendig sein. Ich kontrollierte Theos Zehen. Sie waren kalt und nun grünlich gelb.
Theo hatte Glück, noch am Leben zu sein. Und Pech, dass sie meine Freundin war.
Ich wusch ihr Gesicht und wischte das getrocknete Blut aus den Zwischenräumen ihrer Finger und von ihrer Nagelhaut. Ihr professionelles Nageldesign war wohl schon ruiniert worden, als sie sich selbst aus dem Auto befreit hatte.
Von Schuldgefühlen überwältigt nahm ich auf dem Fenstersitz Platz, so weit von Theo entfernt wie möglich, ohne das Zimmer verlassen zu müssen. Ich zog einen kleinen Kreis in die Luft um mich herum und begann zu meditieren. Meine Chakren zu reinigen, wie es Nana vorgeschlagen hatte, hätte Energiearbeit erfordert, aber die wäre in Theos Nähe zu gefährlich gewesen. Erst eine vollständige Transformation würde sie heilen und ihr Leben retten, eine partielle Wandlung, die mit Energiearbeit einhergehen konnte, wäre für sie gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Also beschränkte ich mich bei meiner Meditation auf eine mentale Übung und vermied die Leylinie. Ich musste die negative Energie, die sich im Laufe des Tages in mir angesammelt hatte, nicht sofort entfernen; das war auch später noch möglich. Außerdem war die Schuld, die ich wegen Theo empfand, eng mit dieser Energie verwoben, so wie es sein sollte. Ich hatte es verdient, mich schlecht zu fühlen.
»Lass los.« Amenemhab trottete durch das flache Wasser am Ufer ein paar Meter flussaufwärts und begann zu trinken. Einen Moment später spitzte er die Ohren und hob den Kopf. Wasser tropfte von seiner Schnauze. Sein Blick war auf das gegenüberliegende Ufer gerichtet.
Die Mustangstute galoppierte durch den Wald. Die durch die Äste fallende Sonne tanzte auf ihrem braunen Fell und verlieh ihm einen goldenen Schimmer. Ihre dicke schwarze Mähne und ihr Schweif wehten im Takt ihrer anmutigen und majestätischen Schritte – sie war schnell, wirkte aber entspannt. Sie rannte aus reiner Freude, wie jede einzelne Bewegung ihrer kraftvollen, schlanken Glieder bezeugte.
»Wer ist sie?«, fragte ich.
Amenemhab sah ihr so lange nach, dass ich schon befürchtete, er hätte mich nicht gehört. Dann sagte er: »Sie ist diejenige, die dich gerufen hat. Die dich damals im Kornfeld getröstet hat.«
»Die Göttin? Sie ist ein Pferd? In meiner Meditation?«
»Sie kann alles überall sein. Heute, in dieser Stunde, hat sie die Gestalt eines Pferdes angenommen. Sie fühlt den Energiestrom und bewegt sich mit ihm, treibt ihn vorwärts, lenkt ihn vielleicht auf den rechten Pfad, so wie sie uns alle lenkt.«
»Also bin ich vom rechten Pfad abgekommen?«
Der Schakal sah mich mit schief gelegtem Kopf an. »Warum sagst du das?«
»Ich fühle mich nicht so, als würde ich auf einem Weg gehen, sondern eher einen felsigen Berg erklimmen, den man eigentlich nicht besteigen soll. Ich habe mich von der Weisung entfernt, von der Führung der Göttin und vom gesunden Menschenverstand. Deswegen steht sie auch dort drüben«, ich deutete mit dem Finger auf die Stute, »und nicht hier bei mir.«
»Dass du den Pfad zu deinen Füßen nicht erkennen kannst, heißt noch lange nicht, dass er nicht existiert. Vielleicht ist er nur wenig bereist.«
»Ah. Oder besonders steinig, um die Dickköpfigen zu zähmen.«
»Oder ein anstrengender Weg, der den Starken zeigen soll, dass sie zu mehr imstande sind, als sie bisher dachten.« Als ich nichts erwiderte, fuhr er fort: »Die Göttin freut sich an dem, was sie zu bewirken imstande ist, und nimmt die Form an,
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