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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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geschrieben. Der Text lautete in etwa so:
    ›Eine reinblütige Hexe, eine Magierin,
    Herrin über die Elemente und Glöcknerin,
    wenn aus der Unterwelt Unreinheit sich erhebt,
    Krankheit wütet und der Tote lebt,
    die Hexe, die Weise, ruft sie an,
    dass sie Unrecht vergelten kann.
    Tochter von Flora und Fauna,
    die Reinigende! Die Lustrata!‹«
    Johnny hatte die Worte so ernsthaft vorgetragen wie ein Dichter sein eigenes Werk. Es war wunderschön gewesen. Sogar berührend. Aber … »Dann ist die Lustrata eine Art glorifizierte Vampirmörderin?«
    »Es gibt darüber Legenden … die gibt es doch immer, nicht wahr?«, sagte Nana leise. Ihre ansonsten eher krächzende Stimme war auffallend weich geworden. »Legenden über den Beginn der Zeit und über ihr Ende. Jede Kultur, jede Religion hat ihre eigenen Geschichten – unsere ist da nicht anders. Immer ist darin von Geheimbünden die Rede, die Bewahrer eines Wissens sind, von dem das gemeine Volk nichts ahnt. Auch von Feinden und Helden wird erzählt. Das Pendel der Macht schwingt unermüdlich.« Den Blick, den Nana auf mich richtete, spürte ich wie eine kalte Klinge an meiner Kehle. Sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. »Die Lustrata ist diejenige, die die Balance trotz der Bewegung des Pendels bewahren kann.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Zu schwer schon lag die Last der Verantwortung auf meinen Schultern: Nana, die bei mir wohnte, ein junger Hund, eine schwer verletzte Freundin, ein trauerndes kleines Mädchen und eine Zeitungskolumne mit einer wöchentlichen Deadline. Und zusätzlich sollte ich nun auch noch für das Gleichgewicht der Welt sorgen? Wer würde da kein Muffensausen bekommen? Mir war, als würde in meinem Kopf ein Alarm ausgelöst werden, der noch lauter war als der der Schutzbanne.
    »Dr. Lincoln!«, rief Celia vom oberen Treppenabsatz. »Das EKG piept!«

17
    Der Alarm war also nicht in meinem Kopf losgegangen, sondern real. Theos Leben war in Gefahr. Dr. Lincoln griff nach seiner Tasche und eilte ins Obergeschoss, noch während Celia nach ihm rief. Johnny folgte ihm. Mein fragender Blick blieb hingegen weiter auf Nana gerichtet. Sie verstand und sagte: »Nicht jetzt. Du benötigst Zeit, um den Zauber für Theo vorzubereiten.«
    »Dann lass uns so schnell wie möglich anfangen! Was brauchen wir?«
    »Persephone, das ist keine einfache Magie, es handelt sich um Tiefenmagie!«
    Wütend, weil ich Theo in diesem Moment nicht helfen konnte, folgte ich den anderen und rannte die Treppe hinauf, indem ich zwei Stufen auf einmal nahm. Es musste doch etwas geben, das ich für sie tun konnte. Als ich in der Tür stand, betrachtete ich die Szene, die sich mir bot.
    Theo keuchte und schwitzte, ihre Haut war fahl, und der Arzt horchte ihre Brust mit dem Stethoskop ab. Was er tat, sah so unbeholfen, so passiv aus. Meine Angst wuchs. Ich wollte, dass wenigstens er etwas unternahm, wenn ich es schon nicht konnte. »Was ist los?«, fragte ich.
    »Eine Lungenembolie«, sagte er ruhig, »wenn Sie mich fragen.« Er nahm ein Hartschalenetui aus seiner Arzttasche und daraus wiederum ein Glasfläschchen. Dann zog er eine Spritze auf.
    »Was bedeutet das? Was tun Sie da?«
    »Der Bein- oder der Beckenbruch muss einen Thrombus, einen Blutpfropfen, verursacht haben, der sich dann gelöst hat und in ihre Lunge gewandert ist.« Er drückte die Spritze in den intravenösen Zugang. »Das hier sollte ihn auflösen.«
    »Sollte?«
    Celia rang die Hände und trat unruhig und unablässig von einem Fuß auf den anderen. Hinter ihr stand Beverley stockstill. Bleich und mit tränenüberströmten Wangen starrte sie Theo an.
    »Beverley«, sagte ich, trat hinter sie, legte beide Hände auf ihre Schultern und schob sie sanft fort. »Hier entlang.«
    Vom Flur bugsierte ich sie in das Zimmer, das wir uns teilten, und schloss die Tür. Nachdem ich ihre Schultern losgelassen hatte, machte sie noch ein paar weitere Schritte, dann sagte sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte: »Theo wird sterben, nicht wahr?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Wir tun für sie, was wir nur können.«
    Für all das war Goliath verantwortlich. Er hatte diesen unendlichen Schmerz verursacht. Woher kannte Beverley ihn nur? Ich hätte sie zu gern danach gefragt, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. »Schlaf ein bisschen.« Wie dumm sich das anhörte. Im Zimmer nebenan stirbt möglicherweise jemand, aber schließ nur deine Augen, schlaf und träum etwas Schönes .

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