Teufelskreise (German Edition)

Ich wollte nicht auf so eine herablassende Art mit Beverley reden. »Es tut mir leid. Ich weiß natürlich, dass du jetzt nicht schlafen kannst. Ich wollte nur … Ach, ich hab doch auch keine Ahnung.«
    Beverley setzte sich neben den Karton mit ihren Sachen und schob ihre Habseligkeiten darin hin und her. »Warum glaubst du, hat Goliath das Theo angetan?«
    »Auf dem Weg ins Krankenhaus ist Theo kurz zu sich gekommen und hat mir gesagt, dass er sie von der Straße gedrängt hat. Vivian behauptet auch, dass er es war, der deine Mutter getötet hat.«
    Beverley erstarrte. »Nein. Das würde er nicht tun. Nichts von beidem.«
    »Aber Theo hat ihn gesehen, Beverley. Sie hat ihn erkannt.«
    »Das würde er nie tun!«
    Ich setzte mich in die Mitte des Raumes auf den Boden. Vielleicht war dieser Zeitpunkt ja doch so gut wie jeder andere. »Woher kennst du Goliath?«
    Sie wandte sich von mir ab und zog eine Jogginghose und ein Sweatshirt aus dem Karton. »Er war mit Mom zusammen.«
    Ich war froh, dass sie mich nicht angesehen hatte, denn ich zuckte so heftig zurück, dass ich mir fast ein Schleudertrauma zugezogen hätte. »Was?« Nur mit Mühe gelang es mir, nicht so fassungslos zu klingen, wie ich mich fühlte.
    »Wenn er zu uns zu Besuch kam, war er immer nett zu mir. Er hat mit mir geredet und sich so verhalten, als wäre es ihm wichtig, was ich sagte. Er hat mir immer etwas mitgebracht. Nicht so, als würde er mich damit kaufen wollen, er war einfach nur aufmerksam.«
    Jede Faser meines Körpers sagte mir, dass das unmöglich war, doch gleichzeitig wusste ich auch, dass Beverley nicht log.
    »Einmal hat er mir gesagt, dass er Mom liebt, und dann hat er gefragt, ob ich damit einverstanden sei. Nur ein Mann, der eine Frau wirklich gern hat, würde doch ihre Tochter so etwas fragen. Goliath hat sie nicht getötet. Das weiß ich. Und ich glaube auch nicht, dass er und Vivian ein Paar waren. So gern ich deine Nana habe, aber sie muss sich irren. Wahrscheinlich hat Vivian das nur erfunden, sie sagt oft gemeine Sachen.«
    »Ich verstehe nicht so viel von alldem, Beverley.« Wir schwiegen ein paar Minuten.
    »Ich ziehe mich jetzt um.« Beverley ging zur Tür.
    »Ich gehe schon raus«, sagte ich. Ich wollte nicht, dass sie auf dem Weg zum Badezimmer erneut an Theos Zimmer vorbeikam.
    »In Ordnung. Aber bleib in meiner Nähe.«
    »Das werde ich.«
    Im Flur hörte ich Celia sagen: »Der Blutdruck sinkt weiter!«
    »Ich sehe es!«, antwortete Dr. Lincoln knapp.
    Ich kniff die Augen zusammen und flüsterte ein Gebet. Als sich endlich die Tür öffnete, schaute Beverley heraus: »Fertig.«
    Ich ging zurück ins Zimmer. Sie trug einen Jogginganzug statt eines Pyjamas und ließ sich auf die Luftmatratze sinken, die mit einem pinkfarbenen Laken bezogen war und auf der eine Steppdecke lag. Das Plüschtier, das jetzt Lorries T-Shirt trug, thronte auf einem Kissen.
    »Kam er oft zu Besuch?« Denk jetzt nicht an Theo. Verlier vor Beverley bloß nicht die Fassung .
    Sie zuckte die Achseln. »Ungefähr ein Mal in der Woche, glaube ich. Aber er könnte sie auch besucht haben, wenn ich schon im Bett war.«
    »Was für Sachen hat er dir mitgebracht?«
    »Mom hat er immer Blumen geschenkt und mir einen kleinen Strauß Gänseblümchen oder Tigerlilien für mein Zimmer. Er hat mir auch Bücher mitgebracht, hat mir bei den Hausaufgaben geholfen und Videospiele mit mir gespielt. Einmal hatte er ein Einhorn aus Glas dabei, dessen Hornspirale mit Gold gebeizt worden war. Er hat oft dumme Witze erzählt und mir auch einen iPod geschenkt, auf dem schon ganz viele coole Songs drauf waren, außerdem supergute Kopfhörer, aber das war nur, damit ich –« Sie biss sich auf die Lippe.
    Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Goliath oder irgendein anderer Vampir menschliche Bedürfnisse hatte oder menschliches Verlangen empfand. Außerdem hatte ihn Theo als denjenigen identifiziert, der sie von der Straße gedrängt hatte; in meinen Augen belastete ihn das auch hinsichtlich Lorries Tod. »Nur damit du was?«
    Beverley wurde rot. »Damit ich sie nicht hören konnte. Aber ich habe die Kopfhörer manchmal abgesetzt und ihnen zugehört. Deswegen kann er auch nicht mit Vivian zusammen gewesen sein, verstehst du? Weil er mit meiner Mom zusammen war. Er hat sie glücklich gemacht. Sie hat gesagt, sie könne nicht mehr mit Menschen ausgehen, weil sie ihnen wehtun könnte, aber bei Goliath brauchte sie keine Angst zu haben. Er hat sie nicht umgebracht. Das