Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge
öffnete er ihren Mund und versuchte sie zu beatmen.
Los, mach schon
, flehte er innerlich,
gib’ mir ein Zeichen! Beweg dich. Küss mich. Mach’ einfach irgendetwas!
Doch Marafella blieb stumm und bewegungslos liegen.
Beelzebub heulte laut auf wie ein gequälter Hund. Er wusste weder was er denken, noch was er tun sollte. Hatte er etwa einen Engel umgebracht?
Viel weiter kam er mit seinen Überlegungen nicht. Denn mit einem Mal drängte sich eine wahre Menschenmasse um ihn herum. Seine teuflischen Abschirmfähigkeiten hatten nachgelassen. Er war einfach nicht mehr stark genug, um Marafella zu retten und dabei auch noch alles Menschliche auszublenden. Unzählige Stimmen verursachten ein Chaos von Fragen und Schuldzuweisungen in seinem Kopf.
»Was ist passiert?«
»Ist sie tot?«
»Hat er sie umgebracht?«
»Oh, Gott, wie bleich sie aussieht.«
»So hübsch … und so tot.«
Nein, dachte Beelzebub bei sich, das konnte nicht sein. Marafella durfte nicht tot sein, und er wollte mit Sicherheit auch nicht als Mörder dastehen.
»Macht Platz!«, rief auf einmal jemand aus dem Hintergrund, gefolgt von dem Aufheulen einer Sirene. »Geht schon beiseite! Der Notarzt ist da!«
»Der Notarzt?« Beelzebub blieb der Mund offen stehen. Allem Anschein nach wollten die Menschen Marafella in ein Krankenhaus bringen. Völlig unmöglich! Er hob sie vom Boden auf und wollte sich mit ihr aus dem Staub machen. Aber die Menge hielt ihn zurück. Unter normalen Umständen hätte er seine Kräfte eingesetzt und sich in Nullkommanichts einen Weg freigemacht. Das eiskalte Wasser der Themse hatte ihn jedoch so sehr geschwächt, dass er kaum noch in der Lage war, sich aufrecht zu halten.
»Was hat er vor?«
»Will er sein Werk zu Ende bringen?«
»Wir müssen das Mädchen retten.«
»Schnell!«
Jemand entriss ihm Marafellas Körper aus den Armen und er konnte nichts weiter tun, als rückwärts zu taumeln und dem Geschehen hilflos zuzusehen. Wie betäubt ging er zu Boden, landete auf seinem Hinterteil und beobachtete mit ungläubigen Augen, wie die Sanitäter Marafella auf einer Transportliege ablegten und sie anschließend in einen Krankenwagen verfrachteten.
Kraftlos streckte er eine Hand in ihre Richtung aus. »Engelchen«, seufzte er.
12.
Beelzebub saß verlassen am Ufer der Themse. Seine Kleidung klebte nass an seinem Körper und die erbarmungslose Kälte brachte ihn beinahe um den Verstand. Er würde das nicht lange ertragen können, denn ein Teufel war Hitze gewohnt und musste stets eine gewisse Temperatur aufrechterhalten, um sich wohl zu fühlen.
Marafella war fort – abtransportiert von den Sanitätern ins nächste Krankenhaus. Auch die Menschentraube um ihn herum hatte sich mittlerweile aufgelöst. Dank eines erneuerten Schutzschildes nahm nun niemand mehr Notiz von ihm.
»Verflucht«, schimpfte er leise vor sich hin.
Plötzlich begann etwas in seiner Jacketttasche zu pulsieren. Zuerst dachte er an die Sanduhr, aber die ruhte an ihrem Platz, gestört von etwas, das sich direkt neben ihr befand. Beelzebub zog es hervor und hielt es sich direkt vor die Augen. Der Klappspiegel, den er Marafella entwendet hatte, leuchtete und vibrierte auf seltsame Weise. Er ließ ihn flach auf seiner rechten Hand liegen und beobachtete, wie er ganz von allein aufsprang und sich zu drehen begann. Aus dem Spiegel blickte Beelzebub jedoch nicht sein eigenes Gesicht entgegen, sondern das einer männlichen Engelsgestalt, die alles andere als freundlich dreinschaute.
»Teufel noch eins!«, schrie der auch schon los. »Was denkst du dir eigentlich, was du da machst?«
Beelzebub knurrte. Er hatte nicht die Geduld, sich von einem Unbekannten einfach so beschimpfen zu lassen. »Wer bist du und was willst du von mir? Sprich schnell, sonst landest du direkt in der Themse.«
»Frechheit!«, echauffierte sich der Engel. »Ich bin Elarius, der Seher, und du hast da, wo du bist, überhaupt nichts zu suchen.«
»Wenn du das so siehst …« Beelzebub machte eine ausholende Handbewegung.
»Nein!«, schrie der Engel. »Warte! Bitte, ich flehe dich an.« Seine weinerliche Stimme klang mit einem Mal gar nicht mehr so hochnäsig, wie sie zuerst gewirkt hatte.
»Nun gut.« Beelzebub konnte den Engel zwar vom ersten Moment an nicht leiden, dennoch war er neugierig, was er zu sagen hatte. Sicher wusste er etwas über Marafellas Zustand und machte sich nur aus diesem Grund bemerkbar.
»Rede«, forderte er Elarius auf.
»Wo ist Marafella?«
»Nicht
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