Teufelsleib
Schneetreiben von Offenbach nach Frankfurt gefahren. Mitten ins Bahnhofsviertel. Er hielt Ausschau nach einer Frau, die nicht älter als dreißig und einigermaßen gutaussehend war. Er lenkte seinen vier Jahre alten Audi ein paarmal durch die Taunusstraße, das Zentrum des Rotlichtbezirks, in die Elbestraße, wo sich das größte Laufhaus befand und trotz der Kälte Männer ein und aus gingen, in die Niddastraße, er sah Junkies wie Hühner auf der Leiter an einem halbverfallenen Haus in der Moselstraße sitzen, eine junge Frau und ein junger Mann setzten sich gerade einen Schuss, während auf der anderen Straßenseite zwei Polizisten vorbeigingen und gleichzeitig ein Streifenwagen langsam vorüberfuhr. Die Beamten taten, als sähen sie die heruntergekommenen Fixer nicht, die wie Zombies erst in der Dunkelheit aus ihren Höhlen gekrochen kamen. Oder als duldeten sie sie, weil sie zum Straßenbild des nächtlichen Frankfurt gehörten wie die zahllosen Nachtbars, die grellbunten Leuchtreklamen, die Bordelle mit den roten Vorhängen, die Männer, die nach einer schnellen Nummer gierten.
Er war schon oft hier gewesen und hatte sich das Bild eingeprägt. Bei wärmerem Wetter ließ er das Fenster herunter, um die Geräusche aufzunehmen, aufzusaugen, um sie ja nie zu vergessen. Es war eine sonderbare Welt, ein magischer Mikrokosmos innerhalb der Metropole Frankfurt. Einige Male war auch er durch die Laufhäuser gegangen und hatte festgestellt, dass in einem vorwiegend Frauen aus Südamerika ihre Körper feilboten, in einem anderen fast nur deutsche Frauen ihrem Gewerbe nachgingen, in einem dritten war es eine Mischung aus Afrikanerinnen und Asiatinnen, von denen fast alle aus Thailand kamen und Transvestiten waren. Eins siebzig oder eins achtzig groß, mit Silikonbrüsten, doch nichts an ihnen war echt. Und es gab ein Haus, das ausschließlich Osteuropäerinnen vorbehalten war. Hier arbeiteten die schönsten und willigsten aller Frauen.
Er war auch in einigen Nachtbars gewesen, hatte zugesehen, wie Frauen sich auf einer Bühne splitternackt präsentierten, wie sie die Beine so spreizten, dass nichts der Phantasie überlassen wurde. Frauen, die bei Tage unscheinbar wirkten, aber bei Nacht und dem entsprechenden Licht und diesem ganz speziellen Geruch begehrenswert und schön aussahen. Und es gab mehrere Häuser, in denen Videokabinen standen, wo man sich einschließen und für ein paar Euro bei einem Porno eine schnelle Nummer ganz alleine schieben konnte. Ständig liefen Frauen mit Putzwagen durch die Gänge, um die benutzten Kabinen von Sperma zu reinigen.
Er liebte diesen Teil von Frankfurt, und gleichzeitig verabscheute er ihn.
Er war bereits drei Runden gefahren, als er sie erblickte. Sie stand an die Wand gelehnt, eine Zigarette in der Hand. Sie trug eine dicke Jacke, eine knackig enge Jeans und hohe Stiefel, um sich einigermaßen vor der Kälte zu schützen. Sie hatte lange Beine, lange braune Haare, und sie war sehr schlank. Er verlangsamte sein Tempo, bis er schließlich in der zweiten Reihe anhielt. Er vergewisserte sich, dass keine Polizei in der Nähe war, denn Straßenprostitution war in diesem Bezirk verboten. Er ließ das Fenster der Beifahrerseite herunter, die junge Frau kam mit wiegenden Schritten auf ihn zu, lehnte sich auf den Fensterrahmen und steckte den Kopf hinein.
»Na, Kleiner, Lust auf ’ne heiße Nummer bei dem Schweinewetter? Blasen dreißig, ficken dreißig, beides zusammen fünfzig. Ist ’n Sonderpreis. Wenn du ins Hotel willst, kostet die Stunde siebzig plus dreißig fürs Zimmer.«
»Steig ein«, sagte er nur, worauf sie sich umblickte und schnell ins Auto huschte, nicht ohne vorher die Zigarette fallen zu lassen.
»Wie heißt du denn, Süßer?«, fragte sie, nachdem sie sich angeschnallt hatte. Sie wollte sich eine Zigarette anstecken, doch er hielt sie zurück. »Nicht im Auto, bitte.«
»Oh, ein Heiliger. Aber ficken willst du, oder?«
»Blasen und ficken.«
»Dann rück mal raus mit der Kohle!« Sie hielt die Hand auf. »Fünfzig. Oder willst du doch lieber ins Hotel? Ich kenn da eins in der Münchener Straße, da geh ich öfter hin.«
»Ist dir mein Auto nicht groß genug?«, antwortete er und gab ihr die fünfzig Euro, die sie blitzschnell in ihrer Jacke verschwinden ließ.
»Wie heißt du denn? Oder ist das geheim?«, fragte sie noch einmal.
»Mark. Und du?«
»Alissa. Hör zu, wenn du noch ’n Fuffi drauflegst, mach ich’s auch ohne.«
»Ohne Kondom?«
»Was denn
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