Teufelsleib
verkommenen Ecke du stammst, ich weiß sogar, wer deine Eltern sind, ich weiß so unendlich viel über dich. Du kommst aus dem Dreck, und in den Dreck wirst du zurückkehren, um einen Bibelspruch ein wenig abzuändern.«
Yvonne hatte Tränen in den Augen, sie wollte schreien, doch sie konnte es nicht mehr. Sie hatte immer gewusst, dass ihr Beruf nicht ungefährlich war, und sie hatte auch schon einige unschöne Begegnungen gehabt und überstanden, aber niemals hätte sie damit gerechnet, eines Tages einem kaltblütigen Mörder zu erliegen.
»Oh, musst du jetzt weinen? Das ist nicht fair, ich kann es nämlich nicht ertragen, wenn Frauen weinen, es macht mich immer so traurig«, sagte er höhnisch. Und mit einem Mal strich er ihr fast zärtlich über das Gesicht. »Jetzt hör endlich auf, es hat doch eh keinen Sinn mehr. Deine Tränen bringen gar nichts. Ich habe kein Mitleid mit dir, falls du darauf hoffst. Ich hatte noch nie Mitleid mit Frauen wie dir. Das ist angeboren, meine Liebe. Du bist so wunderschön, auch jetzt noch. Warum nur hast du deine Gaben und deine Schönheit nicht anderweitig eingesetzt? Ich sage dir ganz ehrlich, ich habe die Unterhaltung mit dir vorhin im Restaurant geradezu genossen, denn es gibt nur wenige Menschen, die so klug sind. Aber du wirfst alle deine Werte in den Müll, deine Schönheit, deine Klugheit, alles.«
»Hast du auch die anderen beiden Frauen umgebracht?«, fragte Yvonne schluchzend, ihr Herz hämmerte in wildem Stakkato, ihr war übel.
»Habe ich das vorhin nicht schon erwähnt? Ich dachte, ich hätte das. Aber gut, ich wiederhole das gerne, weil es zwei ganz besondere Erlebnisse waren. Obwohl, es gab da noch zwei weitere, aber das ist lange Vergangenheit. Nun, so lange auch wieder nicht, aber Zeit ist ja bekanntlich relativ. Ja, ich habe sie, um im biblischen Duktus zu bleiben, über den Jordan geschickt. Aber die Bullen hier in Offenbach sind einfach zu blöd, um einen Zusammenhang herzustellen. Mein Gott, ich frage mich die ganze Zeit, wie man nur so bescheuert sein kann! Aber diesmal werde ich ihnen einen Wink mit dem Zaunpfahl geben. Nun ja, ist halt Offenbach, nicht gerade die schönste Stadt Deutschlands, auch wenn ich selbst hier wohne und mich eigentlich ganz wohl fühle, trotz des ganzen Abschaums um mich herum. Abschaum, wo man hinsieht, Offenbach, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz … Das Ende der Welt ist nahe, bloß der Abschaum, der nur in der Oberflächlichkeit lebt, merkt es nicht. Und nun sag adieu zu dieser bösen, bösen Welt, denn ich muss mich beeilen, bald werden die Ersten aufstehen, weil die Arbeit ruft. Denen muss ich nicht unbedingt begegnen. Die Dunkelheit ist meine Zeit.«
»Nein«, schrie sie, und im selben Moment schlug er ihr die Faust noch einmal mit voller Wucht ins Gesicht, doch sie wurde wieder nicht ohnmächtig. Und dann noch einmal und noch einmal, bis ihr die Sinne schwanden.
Er drehte sie auf den Bauch. Er tötete sie nicht gleich, er ließ sich Zeit, er wollte sie leiden und das Leiden spüren sehen. Er wartete, bis sie wieder zu sich kam, denn er genoss jeden Moment, jeden noch so kleinen Augenblick der Pein, ein paarmal verzog sich sein Mund zu einem hässlichen, dämonischen Grinsen, bevor es wieder zu einer fast starren Maske wurde.
Schließlich begann er mit seinem Ritual. Er legte ihr den Schal um den Hals und zog ihn langsam zu. Es zwar zwölf Minuten vor zwei.
Es dauerte eine Stunde. Eine Stunde voller Qualen, Yvonnes Körper war schweißüberströmt, sie röchelte, da war eine unbeschreibliche Furcht und dazwischen immer wieder die Hoffnung, er würde es doch nicht tun, eine Hoffnung, die jedoch ein ums andere Mal wieder erstickt wurde, wenn er noch ein Stück fester zuzog, und sie meinte, die Augen würden ihr aus den Höhlen treten, wenn ihr Gesicht dunkelrot anlief, Äderchen in den Augen platzten, das Atmen zu einer grausamen, schier endlosen Qual wurde, wie sie auf das Bett urinierte, ihr Körper zitterte und zuckte, doch sie hatte nicht den Hauch einer Chance, dieser Bestie, die hinter und über ihr war, zu entkommen. Sie bot ihre letzten Kraftreserven auf, fasste in einem Moment, als er die Schlinge lockerte, zwischen den Schal und ihren Hals, sie riss an dem Stoff und wollte sich mit aller Macht befreien, diesem Alptraum entfliehen. Doch Mark lachte nur hämisch, ließ sie einen Augenblick gewähren, bis er ihr einen so wuchtigen Schlag in die Rücken versetzte, dass Yvonne automatisch hätte loslassen müssen, doch
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