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Teufelsleib

Titel: Teufelsleib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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großen Fernseher und einer Hi-Fi-Anlage, die er sich erst vor wenigen Monaten zugelegt hatte und auf der er seine Lieblingsmusik hörte – deutsche Schlager ebenso wie Heavy Metal. Es war stimmungsabhängig. Als er von Yvonne alias Linda Maurer nach Hause gekommen war, hatte er sich Kopfhörer aufgesetzt und sich mit Iron Maiden zugedröhnt.
    Auf der Fensterbank standen Pflanzen, die er nach dem Mondkalender goss und düngte, so wie er fast alles den Mond bestimmen ließ. Am wohlsten fühlte er sich bei Vollmond, während er bei Neumond stets in eine melancholische Stimmung verfiel – so wie heute.
    Er setzte sich auf die ausladende Ledercouch, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Hätte er nicht noch einen wichtigen Termin gehabt, er hätte sich hingelegt, um den versäumten Schlaf der letzten Nacht nachzuholen. Ein Blick zur Uhr, Viertel nach sechs. Er schürzte die Lippen und stand auf, vergewisserte sich, dass die Rollläden heruntergelassen und die Fenster geschlossen waren. Er zog sich die dicken Winterschuhe an und eine wärmende Felllederjacke und verließ das Haus, drehte den Schlüssel zweimal um und ging die vier Stufen der Außentreppe hinunter und hinaus auf die Straße. Es waren nur etwas mehr als fünfzig Meter. Er wurde von einem jungen Mann mit freundlichen Worten begrüßt und grüßte ebenso freundlich zurück.
    »Hi, wie geht’s? Saukalt, was?«
    »Ja, kann man wohl sagen. Vor allem dieser Wind, der geht durch und durch«, antwortete er lächelnd und schüttelte sich. »Aber wir haben eben Januar und nicht Juli, also wollen wir nicht jammern. Der nächste Sommer kommt bestimmt, und dann werden wir uns wünschen, dass es wieder kühler wird. Wir sind eben nie mit dem zufrieden, was wir haben. Stimmt’s oder hab ich recht?«
    »Die haben gesagt, es wird noch ein sehr langer und sehr kalter Winter.«
    »Echt?« Kaum merklich rollte er mit den Augen, weil er für derartig sinnfreie Konversation nichts übrig hatte. Dennoch ließ er sich darauf ein.
    »Ja, habe vorhin einen Bericht im Radio gehört, war jemand vom Deutschen Wetterdienst im Studio.«
    »Nun, aber das ist doch auch gut, wann hatten wir zuletzt einen derart kalten Winter? Es ist lange her …«
    »Letztes Jahr war es auch nicht gerade warm.«
    »Ja, aber unter einem langen und kalten Winter verstehe ich viel Schnee und Frost.« Er räusperte sich. »So, ich denke, der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen. Sind alle da?«
    »Bis auf Marion, die hat sich eine schwere Erkältung zugezogen. Hoffentlich keine Schweinegrippe. Die Ärmste hat sich am Telefon schlimm angehört.«
    »Schade. Ich werde nachher vielleicht mal zu ihr gehen oder sie anrufen. Sie ist doch immer recht allein. Sie tut mir irgendwie leid.«
    »Warum? Weil sie keinen Mann hat? Es gab in der Vergangenheit genügend Bewerber, aber sie hat ja keinen an sich rangelassen. Und jetzt rennt ihr die Zeit davon, behauptet sie jedenfalls. Ich glaube ja, sie ist der Typ Frau, der auf den Prinzen wartet, der auf einem weißen Pferd durch die Tür geritten kommt, um sie auf sein Schloss zu holen.«
    »Ach komm, sei nicht so zynisch, das steht dir nicht«, sagte er und klopfte dem anderen auf die Schulter. »Außerdem, sieh dich doch mal im Spiegel an – hast du jemanden?«
    »Was hat das mit mir zu tun? Wenn ich wollte …«
    »Wenn ich wollte, wär ich Millionär. Bin ich aber nicht. Und jetzt hören wir auf, über andere zu lästern, Christus hat uns entsprechend ermahnt.«
    »Wir lästern doch nicht. Das ist nur eine Feststellung, was Marion betrifft. Sie tut mir ja auch leid, so hübsch und so einsam.«
    »Wäre sie nicht eine Frau für dich? Gut, sie ist fünf oder sechs Jahre älter, aber das ist doch heutzutage kein Problem mehr, wir leben schließlich in einer toleranten Gesellschaft. Und sie sieht viel jünger aus.«
    »Sie ist nicht mein Typ. Ich steh nicht auf Braun.«
    »Aber sie ist nett, darauf kommt es doch an. Warum nur auf das Äußere schauen? Wie gut kennst du sie wirklich? Hast du jemals was mit ihr unternommen? Ich habe schon lange den Verdacht, dass sie insgeheim auf dich steht. Ehrlich. Und das ist nicht nur so dahergesagt.«
    »Was? Marion soll auf mich stehen? Du spinnst!« Das Gesicht des jungen Mannes verfärbte sich tomatenrot.
    »Sie hat’s mir sogar schon mal zugeflüstert. Durch die Blume, versteht sich, sie ist ja nicht gerade der extrovertierte Typ. Du solltest mal sehen, wie sie reagiert, wenn du

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