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Teufelspfad

Teufelspfad

Titel: Teufelspfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Ellison
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    Jahrelang hatte sie überlegt, sich eine Wohnung in der Innenstadt zu kaufen. Vor allem die neuen Appartementhäuser mit Dachgartenpools und privatem Sicherheitsdienst wie Gulch, Terrazzo und The Icon fand sie sehr verlockend. Sie hatte fast ihr ganzes Leben als Erwachsene in einer Hütte auf einem Hügel westlich der Stadt verbracht, und als sie und Baldwin sich verlobten, hatten sie gemeinsam ein Haus gekauft, das groß genug war, dass sie beide ein eigenes Büro haben konnten und es sogar ein Extrazimmer für ihren Billardtisch gab. Sie liebte das Haus. Es war offen und geräumig und sehr individuell eingerichtet. Doch an Tagen wie diesen, wo sie sich mit letzter Kraft aus dem Büro schleppte und die zwanzigminütige Fahrt nach Hause vor sich hatte, wünschte sie, näher dran zu wohnen. Eine kurze Fahrt oder sogar zu Fuß nur ein paar Straßen gehen zu müssen wäre himmlisch, vor allem wenn sie so müde war wie heute.
    Ihre Schlaflosigkeit wurde immer schlimmer, je älter sie wurde. Ihr war aufgefallen, dass sie in letzter Zeit selbst ihre wachen Stunden immer wie durch einen leichten Schleier wahrnahm. Stress und Jahre ohne ausreichend Schlaf forderten langsam ihren Tribut. Wenn sie doch einmal schlief, dann nur aus purer Erschöpfung. Das war nicht gut. Das würde sie früher oder später aus dem Spiel nehmen, wenn sie nicht vorsichtig war. Bei ihr war es so: Sie rannte, rannte, rannte, brach zusammen und bekam niemals die richtige Menge Schlaf. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie die bislang auch nicht gebraucht. Sie kam gut mir drei oder vier Stunden Schlaf pro Nacht aus.
    Vielleicht lag es nur an diesem Fall, dem Horror, den Fitz durchgemacht hatte, dem Druck, den sie sich selber auferlegte, um die Bedrohung für ihr Leben abzuwenden, doch sie fühlte den Schlafmangel so stark wie nie. Es machte ihr Sorgen. Sie musste im Moment so klar bei Verstand sein wie nie zuvor. Da sie nicht wusste, wie lange sich dieser Fall noch hinziehen würde, musste sie endlich anfangen, sich besser um sich zu kümmern. Die kleinste Unachtsamkeit konnte ihre Welt aus den Angeln heben. Sie durfte sich keine Fehler erlauben. Nicht jetzt. Nicht, wo sie so nah daran war.
    Sobald der Fall vorüber war, würde sie Sam bitten, ihr etwas zu geben, das sie schlafen ließ. Oder Baldwin, obwohl sie ihm ihre Schwächen nur ungern eingestand. Es gefiel ihr, dass er sie für stark hielt. Dadurch fühlte sie sich noch stärker, noch inspirierter. Nein, Sam wäre die richtige Ansprechpartnerin. Eine Nacht würde vermutlich schon reichen, um ihre Batterien wieder aufzuladen.
    Baldwin war auf dem Nachhauseweg ungewöhnlich schweigsam gewesen. Sie mochte ihr gemeinsames Schweigen genauso sehr wie ihre Unterhaltungen. Für sie war es ein Zeichen echter Liebe, dass sie mit ihm still sein konnte, dass sie die Luft zwischen sich elektrisch aufladen konnten, ohne ein Wort zu sagen. Er besaß eine gewisse Stille in sich, einen tiefen inneren Frieden, der sie anlockte wie der Honig die Biene. Sie hatte diese gleiche Ruhe in sich. Sie beide sprachen wortlos miteinander, ein symbiotischer Tanz ihrer Körper.
    Er fuhr in die Garage und lächelte Taylor an. „Geh schon mal nach oben. Ich komme in ein paar Minuten nach.“
    Dem Vorschlag folgte sie nur zu gerne. Mit schweren Schritten stieg sie die Treppe hinauf. Die Sonne stand kurz davor, aufzugehen, und warf ihr blasses Licht durch die Jalousien. Taylor zog die Gardinen vor, um das Schlafzimmer abzudunkeln. Dann zog sie sich aus und fiel nackt in das eiskalte Bett. Noch bevor ihr Kopf das Kissen berührte, war sie eingeschlafen.
    Baldwin drehte im Erdgeschoss seine Runden durch Esszimmer, Flur, Wohnzimmer, Küche, Esszimmer. Er wusste, dass er schlafen sollte. Er hatte einen ebenso großen Schlafmangel wie Taylor, und ihr hatte man ihre Müdigkeit deutlich angesehen. Doch so müde er auch war, die Gedanken in seinem Kopf hörten nicht auf, zu rotieren. Die Vorstellung, dass Taylor schon früher auf Ewan Copelands Radar gelandet war, als sie ursprünglich gedacht hatten, ließ ihn nicht mehr los. Wenn er das gewusst hätte, wäre er diesen Fall ganz anders angegangen.
    Er ging in die Küche und setzte den Wasserkessel auf. Vielleicht würde ein Kräutertee ihm helfen, sich zu entspannen. Er war vollgepumpt mit Koffein und Adrenalin und purer, unverfälschter Angst. Taylor zu verlieren wäre etwas, womit er nicht umgehen könnte. Das wusste er. Allein der Gedanken daran, dass er sich vielleicht

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