Teufelsstern
Ich habe damit angegeben – und das war der größte Fehler, den ich machen konnte.«
»Wieso?«
»Weil – «
Irgendwo in der Kirche ließ jemand ein Gesangbuch fallen. William Morton fuhr herum, als wäre ein Schuss abgefeuert worden. Matt konnte sehen, wie die Sehnen an dessen Hals vortraten. Der Antiquitätenhändler sah aus, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt. Er wartete einen Moment, bis alles wieder still war.
»Ich hätte vorsichtiger sein sollen«, fuhr er flüsternd fort. »Ich hätte das Tagebuch erst lesen sollen. Vielleicht hätte ich es dann begriffen.«
»Was begriffen?«
»Es ist schlecht!« William Morton holte ein Taschentuch heraus und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. »Hast du schon mal eine Horrorgeschichte gelesen? Eine, die du nicht wieder aus dem Kopf bekommen konntest? Die blieb und dich gequält hat, wenn du schlafen wolltest? Die Wirkung hat das Tagebuch, nur schlimmer. Es berichtet von Kreaturen, die in diese Welt kommen werden und von Ereignissen, die uns bevorstehen. Alles habe ich nicht verstanden, aber was ich entziffern konnte, lässt mich nicht wieder los. Ich kann nicht mehr schlafen. Nichts essen. Mein Leben ist vollkommen auf den Kopf gestellt.«
»Warum verkaufen Sie es dann nicht einfach? Ihnen sind doch sicher Millionen dafür geboten worden.«
»Und du glaubst, ich könnte auch nur einen Penny davon genießen?« William Morton lachte kurz auf. »Seit ich das Tagebuch gelesen habe, habe ich Albträume. Furchtbare Albträume. Und dann wache ich auf und denke, es ist vorbei, aber das ist es nicht. Weil es keine Träume sind, sondern die Realität. Die Schatten, die im Traum nach mir greifen, sind nicht nur Hirngespinste. Siehst du das…?«
Er schob einen Ärmel hoch, und Matt verzog das Gesicht. Es sah aus, als hätte der Mann versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Rund ein halbes Dutzend frische Schnittwunden führten kreuz und quer über seinen Unterarm.
»Haben Sie das gemacht?«, fragte Matt.
»Vielleicht habe ich es gemacht. Vielleicht auch nicht. Ich kann mich nicht erinnern! Ich wache morgens auf, und die Schnitte sind da. Das Bettzeug ist voller Blut. Und es tut höllisch weh.« Er rieb sich die Augen und kämpfte gegen die Tränen an. »Und das ist nicht alles. Oh nein! Seit ich das Buch gelesen habe, kann ich nicht mehr richtig sehen. Das Einzige, was ich sehe, sind Schatten und Düsternis. Leute, die mir auf der Straße begegnen, erscheinen mir als Leichen. Sogar Hunde und Katzen sehen mich an, als wollten sie sich auf mich stürzen, und…«
Erneut rang William Morton um seine Fassung.
»Und es geschehen Dinge«, fuhr er fort. »Ständig! Auch als ich heute herkam. Fast hätte mich ein Auto überfahren. Es war, als hätte der Fahrer mich nicht gesehen – oder als hätte er mich gesehen und es wäre ihm egal. Glaubst du, dass ich verrückt bin? Dann hör dir an, was mit meinem Haus passiert ist. Es ist niedergebrannt. Ich war dort. Das Feuer ist von selbst ausgebrochen. Es kam aus dem Nichts! Die Türen waren plötzlich alle verschlossen, die Telefone tot. Verstehst du, was ich sage? Das Haus wollte mich umbringen!«
Matt wusste, dass zumindest die Geschichte mit dem Feuer stimmte. Davon hatte der Nexus ihm erzählt.
»Ich bin zum Tode verurteilt«, sagte William Morton. »Ich habe das Tagebuch, und ich kenne all seine Geheimnisse. Es kann mich nicht am Leben lassen.«
»Warum schaffen Sie es sich nicht einfach vom Hals?«, fragte Matt mit einem Achselzucken. »Sie könnten es doch verbrennen.«
Der Antiquitätenhändler nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Und ob ich das habe. Aber da ist noch das Geld!« Er leckte sich die Lippen, und Matt erkannte erst jetzt, in welch grausiger Zwickmühle William Morton steckte. Er war hin- und hergerissen zwischen Angst und Gier. »Zwei Millionen Pfund! Das ist mehr, als ich je verdient habe. Ich kann das Buch nicht einfach vernichten. Das ist doch meine Chance. Nein, ich werde es verkaufen und das Geld nehmen, und dann wird das Buch mich endlich in Ruhe lassen.«
»Sie müssen es uns verkaufen«, sagte Matt.
»Ich weiß. Deswegen habe ich zugestimmt, mich mit dir zu treffen. Vier Jungen und ein Mädchen. So steht es im Tagebuch. Du bist einer von ihnen. Einer der Fünf.«
»Das sagt mir jeder«, unterbrach Matt ihn. »Aber ich weiß nicht mal, was das bedeutet. Seit ich in diese Geschichte verwickelt wurde, habe ich versucht, einen Ausweg zu finden. Es tut mir Leid, Mr
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