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Teufelsstern

Teufelsstern

Titel: Teufelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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wäre, hätte er auch ihn getötet. Aber er war offensichtlich nicht mehr in der Nähe, und darüber war der Mann insgeheim froh. Kinder zu töten war zwar manchmal nötig, aber doch jedes Mal unangenehm.
     
    Es ist zu heiß.
    Das war Matts erster Gedanke. Als er in die Kirche gegangen war, war es ein ganz normaler Londoner Sommertag gewesen – sonnig, aber kühl und ausnahmsweise nicht verregnet. Er war nur ein paar Minuten in der Kirche gewesen, aber in dieser kurzen Zeit schien die Sonne ihre Anstrengungen verdoppelt zu haben. Außerdem hatte der Himmel die falsche Farbe. Er war leuchtend blau wie am Mittelmeer. Alle Wolken waren verschwunden.
    Und das war nicht das Einzige, was nicht stimmte. Matt war sich nicht sicher gewesen, was ihn auf der anderen Seite der Tür erwarten würde. Er hatte damit gerechnet, wieder auf der Moore Street zu landen. Doch stattdessen befand er sich in einem Kreuzgang, einem überdachten Weg, der um einen Hof mit einem Springbrunnen in der Mitte herumführte. Das war nicht weiter verwunderlich. Viele Kirchen hatten solche Kreuzgänge.
    Aber dieser war ganz anders als die Kirche. Er sah älter aus – und viel schöner. Die Säulen, die die Bögen stützten, waren viel stärker verziert. Und der Brunnen war prachtvoll. Er war aus einem weißen Stein gemeißelt, und das kristallklare Wasser plätscherte von einem Becken ins nächste. Matt wusste fast nichts über Kunst und Architektur, aber sogar er erkannte, dass der Brunnen nicht englisch aussah. Dasselbe galt für den Kreuzgang. Matt ließ seinen Blick über das makellos gestutzte Gras zu den leuchtenden Blumen in den riesigen Gefäßen aus Terrakotta wandern. Wie konnte die schäbige Kirche St. Meredith’s einen so gepflegten Innenhof haben?
    Er sah zurück zu der Kirche, aus der er gerade gekommen war. Und da war noch eine Sache, die ihn verblüffte. Drehte er jetzt durch, oder sah das Bauwerk von außen tatsächlich ganz anders aus? Über ihm ragte ein viereckiger Turm auf, aber nirgends war ein spitzer Kirchturm. Vielleicht war er nur von seinem Standpunkt aus nicht zu sehen. Trotz dieser scheinbar logischen Erklärung musste Matt sich zwingen, einen vollkommen absurden Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen – dass dieses Gebäude nicht die Kirche St. Meredith’s sein konnte.
    Er musste irgendeiner Täuschung aufliegen. William Morton spielte ihm wohl einen blöden Streich.
    Der Antiquitätenhändler hatte gesagt, dass er irgendetwas mitbringen sollte. Matt wollte es hinter sich bringen und aus dieser merkwürdigen Umgebung verschwinden. Er ging ein paar Schritte vor und pflückte eine leuchtende violette Blume aus einem der Töpfe. Es war ihm zwar peinlich, eine Blume gewählt zu haben, aber er sah nichts anderes, und er hatte wahrlich keine Lust, lange herumzusuchen. Er machte kehrt und wollte zur Tür zurückgehen, als plötzlich jemand vor ihm auftauchte. Es war ein junger Mann in einer braunen Kutte. Ein Mönch.
    Und Matt in Jeans und einem Kapuzen-Sweatshirt pflückte mitten im Kreuzgang eine Blume.
    »Hi!« Matt wusste nicht, was er sagen sollte. Er hielt die Blume hoch. »Ich sollte die hier holen. Sie ist für einen Freund.«
    Der Mönch sagte etwas zu ihm, aber er sprach kein Englisch. Matt lauschte der fremden Sprache und nahm an, dass es Spanisch oder Italienisch sein musste. Der Mönch klang nicht verärgert. Er versuchte wohl, nett zu sein, auch wenn er offensichtlich verwundert war.
    »Sprechen Sie Englisch?«, fragte Matt.
    Der Mönch hielt den Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand so hoch, dass sie sich beinahe berührten – das allgemein bekannte Zeichen für ein bisschen.
    »Ich muss gehen«, sagte Matt und zeigte auf die Tür. »Mein Freund wartet…«
    Der Mönch versuchte nicht, ihn aufzuhalten. Matt öffnete die Tür und trat hindurch.
    Er war wieder in St. Meredith’s.
    Aber William Morton war nicht mehr da.
    Matt sah sich um und kam sich blöd vor, mit der Blume in der Hand. Anscheinend hatte der Mann ihn ausgetrickst. Während er im Kreuzgang war, hatte der Antiquitätenhändler sich verdrückt. Er hatte anscheinend nie vorgehabt, ihnen das Tagebuch zu geben. Es war alles Zeitverschwendung gewesen.
    Und dann fing eine Frau an zu kreischen.
    Sie kreischte so laut und schrill, dass man es garantiert im ganzen Viertel hörte. Der erste Schrei hallte durch die Kirche, und alle weiteren hörten sich an wie ein Echo des ersten. Matt fuhr herum und sah sie, eine alte Frau, die ganz in Schwarz

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