Teufelsstern
dafür fünf amerikanische Dollar, aber ich muss vier davon abgeben. Wir waschen auch Wagenfenster und verkaufen Fingerpuppen. Manchmal kriegen wir einen Job als Fahrkarteneinsammler im Bus. Sebastian kennt alle Fahrer, und so wird er uns auch morgen von hier wegbringen.«
Pedro verstummte.
»Eines hast du nicht erzählt«, sagte Matt. »Hast du gewusst, dass der Fluss über die Ufer treten würde?«
»Wie hätte ich das wissen sollen?«
»Du hast also keine Warnung gekriegt – vielleicht am Tag zuvor?«
»Nein.«
»Als meine Eltern starben, wusste ich, was passieren würde. Ich hatte es im Traum gesehen.«
»Solche Träume hatte ich noch nie. Vergiss es, Matteo. Ich bin nicht wie du. Ich habe keine besonderen Kräfte oder Fähigkeiten… abgesehen davon, dass ich diese schaurigen Träume habe, in denen du vorkommst.«
»Du begleitest mich nach Ica«, stellte Matt fest.
Pedro runzelte die Stirn. »Ich will eigentlich nicht weg von hier. Aber Sebastian sagt, dass ich nicht länger bleiben kann. Es ist zu gefährlich. Und außerdem…« Seine Gesichtszüge entspannten sich. »Jetzt, wo wir uns gefunden haben, kann ich dich nicht im Stich lassen. Also… ich komme mit.«
»Danke«, sagte Matt.
Pedro war genau der Mensch, den er jetzt brauchte. Er war nicht mehr allein.
Matt stand auf, und im selben Augenblick schien es, als wäre die ganze Traumwelt mit einem riesengroßen Messer durchgeschnitten worden. Matt verspürte keinen Schmerz. Er war nicht einmal geschockt. Aber das Meer und die Insel waren plötzlich verschwunden, und er lag hellwach auf dem Fußboden in Sebastians Hütte.
Er sah zu Pedro hinüber, der unter seiner Decke immer noch fest schlief. Der Junge hatte sich nicht verändert, aber Matt sah ihn jetzt mit anderen Augen. Er wusste alles über ihn. Sie hätten schon ihr ganzes Leben lang Freunde sein können. In gewisser Weise, dachte Matt, waren sie das auch.
Draußen dämmerte es. Die ersten zartrosa Streifen breiteten sich am Himmel aus und verkündeten den Anfang eines neuen Tages.
Mitternacht in London.
Susan Ashwood saß in dem geräumigen Wohnzimmer eines Penthauses hoch über der Park Lane. Deckenhohe Fenster gewährten einen Panoramablick auf den dunklen Hyde Park, hinter dem die Lichter von Knightsbridge funkelten. Susan konnte das alles nicht sehen, und so konzentrierte sie sich nur auf die Frau, der die Wohnung gehörte und die ihr gegenübersaß.
»Danke, dass Sie mich so spät noch empfangen«, sagte Miss Ashwood.
»Sie müssen sich ganz bestimmt nicht bei mir bedanken«, erwiderte Nathalie Johnson.
Die Amerikanerin saß mit übereinander geschlagenen Beinen auf der Couch und hatte ein Glas Weißwein in der Hand. Ihr rotbraunes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, und sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid. Sie hatte gerade ins Bett gehen wollen, als die blinde Wahrsagerin sie angerufen hatte. Sie lebte in dieser Wohnung, wenn sie sich in London aufhielt. In New York hatte sie eine ähnliche mit Blick auf den Hudson River.
»Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte.« »Machen Sie sich keine Sorgen, Susan. Sie sind bei mir jederzeit willkommen.«
Nathalie Johnson war seit elf Jahren Mitglied des Nexus’. In dieser Zeit hatte sie sich mit dem Verkauf von preiswerten Computern an Schulen und anderen Einrichtungen ein Imperium aufgebaut. Die Zeitungen sahen in ihr den weiblichen Bill Gates. Sie fand diesen Vergleich nicht nur unpassend, sondern auch frauenfeindlich.
»Matthew Freeman ist immer noch verschwunden«, fuhr Susan Ashwood fort. »Mittlerweile haben wir herausgefunden, dass es in der Nähe des Jorge-Chávez-Flughafens eine Schießerei gegeben hat. Richard Cole ist entführt worden, aber Matt konnte entkommen. Nach unseren Informationen ist er seitdem nicht wieder aufgetaucht.«
»Wir haben ihn nach Peru geschickt, weil wir wollten, dass etwas passiert«, bemerkte die Amerikanerin. »Aber diese Entwicklung hatten wir nicht erwartet.«
»Das hätte keiner von uns voraussehen können.«
»Was sollen wir tun?«, fragte Nathalie Johnson.
»Sie haben doch geschäftliche Kontakte in Südamerika…«, sagte Miss Ashwood.
»Ich kann mit Diego Salamanda reden, wenn Sie das wollen.« »Sie haben erwähnt, dass Sie Geschäfte mit ihm machen.« »Ich bin ihm nie begegnet, aber wir haben oft telefoniert.« Nathalie Johnson zögerte. »Ich glaube jedoch, dass wir vorsichtig sein sollten, was ihn betrifft. Er ist unser Hauptverdächtiger. Es ist
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