Teufelstod: Band 2 (German Edition)
starrte aus dem Seitenfenster. »Gott hatte schon recht damit, dich auszuerwählen, weißt du?«, fuhr sie schließlich fort, ohne ihn anzusehen. »Aber im Moment bin ich wirklich nicht in der Verfassung zu hören, dass alles gut wird, wenn man nur fest daran glaubt. Es ist schon drei Monate her, Will, und …« Sie hob hilflos die Schultern. »Ich will doch nur wissen, ob es ihm gut geht, ob wir ihm helfen konnten und er das alles überstanden hat.«
»Das hat er bestimmt.«
Emily fuhr zu ihm herum. »Da! Du tust es schon wieder!«
Ein Lächeln breitete sich in Wills Gesicht aus, während er zwischen der Fahrbahn und ihr hin- und herblickte. »Was soll ich denn sagen?«, beschwerte er sich. »Du und Marita, ihr beide seid schon völlig verrückt. Ich wette, es war ihre Idee, zu Michael zu fahren und ihn zu belästigen. Vorher hast du nie von ihm gesprochen. Irgendwann werden wir noch wegen Stalking angezeigt, ich sag’s dir. Endlich hört ihr auf, Jophiel zu verfolgen und dann macht ihr euch über den anderen Engel her. Das kann nicht gesund sein. Von euren unheimlichen Ritualen will ich erst gar nicht reden.«
»Dann tu’s auch nicht.«
Emily schüttelte den Kopf und sah erneut der sich nähernden Kirche entgegen. Im Grunde hatte Will ja recht, sie erkannte sich selbst kaum wieder. Täglich hatte sie Jophiel aufgesucht und nach Neuigkeiten gefragt, und gemeinsam mit Marita – Marita! – schließlich auch angefangen, ihn heimlich zu beobachten. Wenn das nicht bedenklich war, was dann? Doch aus irgendeinem Grund hatte Emily seit den Ereignissen in der Tropfsteinhöhle immer wieder Gespräche mit Marita geführt. Völlig unbeabsichtigt natürlich. Sie waren sich zufällig über den Weg gelaufen, mal auf der Schultoilette, mal auf dem Nachhauseweg oder in der Mädchenumkleide nach dem Sportunterricht, wenn die anderen bereits weg waren. Das Wissen, das sie teilten, konnte man nicht einfach ignorieren, und auch wenn sie sich große Mühe gaben, sich in der Öffentlichkeit nichts von ihren unerfreulichen Erfahrungen anmerken zu lassen, war ein Blick in die Augen des anderen meist schon ausreichend, um die Erinnerungen heraufzubeschwören. Sie beide lebten mit dem Wissen, ihre Seelen zum Teufel geschickt zu haben – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Da konnte man ruhig hin und wieder miteinander reden. Außerdem hieß das ja nicht gleich, dass sie jetzt Freundinnen waren. Dazu war Marita viel zu … Marita eben. Aber Emily würde niemals den Part vergessen, den Marita bei den vergangenen Ereignissen gespielt hatte, und aus irgendeinem Grund wollte Marita Emily bei der Suche nach Damian helfen. Die Schulbarbie meinte, sie hätte nicht ihre Seele für einen guten Teufel geopfert, damit der sich jetzt in der Hölle verschanzte und all ihre Mühen zunichtemachte und sich auffressen ließ. Er sollte zurückkommen und lernen, erleben und spüren, dass er noch Gutes in sich trug und vor allem, dass er Freunde hatte. Marita bezeichnete Emily dabei stets als »das einzige Mittel zur Rettung meiner Seele«. Denn sie war der festen Überzeugung, dass nur Emily Damian vor dem völligen Verlust seiner himmlischen Abstammung schützen konnte. Sie wollte kein Risiko eingehen, was ihre unsterbliche Seele betraf, und hatte auch keine Lust, in eine höllische Hölle zu fahren. Daher versuchte sie alles, um Damian zurückzuholen und ihn zu einem Leben unter Freunden und in Liebe zu zwingen. Sie glaubte wirklich, dass der Himmel dort war, wo man ihn spürte, und so war sie auch der Ansicht, Damian könnte einen zweiten Himmel erschaffen. Dafür brauchte er allerdings seine große Liebe und seine Freunde. Was sollte Emily dazu noch sagen? Von jenem unheilvollen Tag an, von jenem Moment an, da Damian verschwunden war, hielt sie einzig die ununterbrochene Suche nach ihm aufrecht. Sie hatte keine Zeit, zusammenzubrechen und darüber nachzudenken, was sie verloren hatte. Nein, sie war wie eine aufgeladene Batterie, die lief und lief und lief, auch wenn Emily allmählich fürchtete, dass sie nicht mehr ewig halten würde. Seit drei Monaten hatte sie nicht mehr innegehalten, um sich dem zu stellen, was unvermeidbar war. Sie hatte Jophiel terrorisiert und war vermutlich wirklich zu seiner Stalkerin geworden. Marita hatte die Theorie, dass er ihr vielleicht nichts von einer Begegnung mit Damian erzählen würde, und so hatten sie ihm hinterherspioniert – und zwar jeden Abend. Dabei waren der Engel und Marita mehr als einmal ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher