Teufelswasser
vielen Jahren – in ihrer als Zeit Journalistin – im Gerichtssaal zugegen war, als Sie verurteilt wurden. Was also, haben Sie sich gefragt, wenn sie sich gleichfalls an mich erinnert und mich als religiösen Betrüger entlarvt? Das wäre – ich wiederhole es – das Aus für Ihr Projekt gewesen; und die Investoren hätten Sie buchstäblich zum Teufel gejagt. Gut, Sie haben sich seit damals verändert: Die Haare sind wesentlich kürzer, der Backenbart ist ab, und Sie dürften während der Haft sogar abgespeckt haben. Aber die Gefahr blieb bestehen, ja sie wurde größer und bedrängender, je länger sich die Verkaufsentscheidung hinzog. – Warum also nicht die Frauen in Schrecken versetzen und zugleich die gefährliche Person beseitigen?»
Die schonungslose Direktheit war Gabriela Schauberg zu viel. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und tastete mit der anderen blind nach einem der Stühle, den ihr Cordula Hilder zurechtrückte.
«Bei der Gala des Herrn Engel in Bad Kissingen war es dann soweit», bezeugte Laubmann; «Frau Schauberg ist auf Sie aufmerksam geworden, Herr Weisinger. Darum sind Sie so rasch verschwunden. Denn damit hatten Sie nicht gerechnet, ihr bei der Gala zu begegnen. Aber Ihr Entschluss, sie zu töten, war längst gefasst.»
«Ich war dagegen!», rief Dr. Walther.
«Du sollst gefälligst dein Maul halten!», fuhr ihn Weisinger noch barscher als zuvor an. Beinahe hätte er mit den gefesselten Händen auf ihn eingeschlagen.
«Wir sind überzeugt, dass Sie für eine sich bietende Gelegenheit vorbereitet waren», konstatierte Kommissar Lürmann. «Von Ihrem Partner, der in seiner Funktion als Hausarzt natürlich im Säkularinstitut nach dem ersten Mord zugegen war, waren Sie, wenn auch etwas zu spät, informiert worden, dass sich Frau Gabriela Schauberg zu Kurzwecken in Bad Kissingen aufhält. Und als sich Frau Schauberg nachts allein auf den Weg zu ihrem Hotel gemacht hatte, war die Gelegenheit äußerst günstig für Sie, einen Mordanschlag zu versuchen.»
«Ich hab nichts dergleichen getan.»
«Nein», meinte Kommissarin Vogt noch immer provokant und ohne Rücksicht auf das Opfer hinter der Trennscheibe, «Sie haben einfach versagt. – Weil aber Frau Schauberg weiterhin in Gefahr war, haben wir uns der Sache angenommen. Wir haben darauf spekuliert, dass Sie ihre Gewohnheiten auch in Bad Kissingen auskundschaften würden, und mehrfach einen einsamen abendlichen Spaziergang im Gradierwerk arrangiert. Das Taxi war von uns gemietet worden, und der Fahrer war, wie von Herrn Lürmann erwähnt, einer von uns. Frau Schauberg stieg am Hotel ein, und eine unserer Beamtinnen, die sich im Taxi versteckt hielt, stieg am Gradierwerk aus. Sie trug die gleiche Tracht mit dem Schleier wie Frau Schauberg. Beide ähneln sich und haben etwa die gleiche Größe.»
«Und in der Dunkelheit sehen sich Personen, die einheitlich gekleidet sind, zum Verwechseln ähnlich», fasste Dr. Philipp Laubmann fast orakelhaft zusammen.
***
Dr. Walther hatte darauf bestanden, zur Toilette gehen zu dürfen. Einer der jüngeren Kriminalbeamten hatte ihn begleitet. Peter Weisinger war auf seinem Platz geblieben. Glaser, Vogt, Lürmann und Laubmann hatten sich nur im Vernehmungsraum die Beine vertreten und Wasser aus weißen Plastikbechern getrunken. Weisinger verzichtete darauf, etwas zu trinken. Als Walther zurück war, setzten sie ohne große Vorrede das Verhör fort. Der Arzt war dankbar für das angebotene Wasser.
Hauptkommissar Glaser begann erneut formal. «Herr Peter Weisinger, Sie werden beschuldigt, am Mittwoch, dem 11. April, gegen 22 Uhr Frau Margarete Müller im Park des Säkularinstituts ertränkt zu haben.»
Kommissar Lürmann hatte sein Notizbuch vorsorglich aufgeschlagen, benötigte es aber nicht. «Frau Gabriela Schauberg hatte die Angewohnheit, am späten Abend allein im institutseigenen Park spazieren zu gehen. Das hatten Sie eruiert. Und Sie wussten auch, wie leicht man durch die unverschlossene Gartentür von außen in den Park gelangt. Doch Sie wussten am Abend des 11. April nicht, dass Frau Schauberg in Bad Kissingen war und Margarete Müller gleichsam an ihrer statt den Spaziergang unternahm.»
Philipp Laubmann vermied es, zur Spiegelscheibe zu schauen, als er sprach. «Wir gehen davon aus, dass Sie bereits am 11. April Frau Schauberg töten wollten. Nur, Sie haben in der Dunkelheit Margarete Müller für Gabriela Schauberg gehalten, zumal beide einander in Aussehen und Größe ebenfalls nicht
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