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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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versöhnlich wirken.
    «Sofern es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne noch mehr über die Geschichte des Schlosses erfahren.»
    «Also gut.» Gabriela Schauberg hatte ihm schon verziehen. Sie bot ihm an, sich mit ihr im kirchenstillen, lauschigen Innenhof auf eine Bank zu setzen. Der Buchfink, sein Bekannter, flog aufgescheucht davon.
    «Ursprünglich hat der Wald hier um uns herum der Dombruderschaft St. Georg gehört, also den Bamberger Domherren.»
    «Deshalb ‹Bruderwald›?»
    «Richtig. Und ein Propst der Bruderschaft hat, wohl hauptsächlich für sich selbst, im Wald dieses Domherrenstifts ein frühbarockes Wasserschloss erbauen lassen. In der Säkularisation ab Ende des Jahres 1802 sind Wald und Schloss an das Kurfürstentum und nachmalige Königreich Bayern gefallen, und das hat solchen Besitz natürlich gern ‹versilbert›. Ein Händler für feine Tuchwaren hat ihn
    1824 als Familiensitz erworben. Die Wassergräben ließ er trockenlegen. Soweit ich weiß, hat einer seiner Enkel eine Bekleidungsfabrik gegründet, die vor ungefähr 25 Jahren von der Familie aufgegeben wurde. Danach wurde alles verkauft. Abgesehen von dem Schloss allerdings. Das ging als Schenkung in das Eigentum des Säkularinstituts über, weil zwei mittlerweile verstorbene Frauen aus der Familie seinerzeit Mitglieder des Instituts waren. Uns gibt es also seit 23 Jahren im Bruderwald.»
    «Ein nobles Geschenk», lobte Laubmann. «Erinnert an die Gepflogenheiten bei den Damenstiften im späten Mittelalter.»
    «Leider hat die Sache einen Haken, und der bereitet uns erhebliche Probleme», schränkte Gabriela Schauberg ein. «Das Schloss war damals unrenoviert und ist es im Wesentlichen geblieben. Die Baulast ist sehr hoch und angesichts der kritischen Finanzlage des Instituts eigentlich überhaupt nicht zu bewältigen. Die Gemeinschaft denkt seit geraumer Zeit über den Verkauf der Immobilie nach, zumal ernsthafte Kaufangebote vorliegen.»
    Über das weitere Vorgehen seien die Meinungen bei den Mitgliedern allerdings sehr gespalten. Die einen wollten das Zentrum hier bewahren, das ihnen gewissermaßen durch «göttliche Fügung» zugekommen sei; und die anderen wollten gerade durch eine einschneidende Veränderung die Ziele des Säkularinstituts aufrechterhalten!
    «Wer steht denn im Einzelnen auf welcher Seite?», wollte Philipp Laubmann wissen.
    «Gertrud und unsere Seniorinnen sind wie ich selbst gegen einen Verkauf. Agnes Zähringsdorf ist dafür, aber nur deshalb, weil sie sich von einer Neugründung an einem anderen Ort jenes Mehr an Ordensstruktur verspricht. Bei den Auswärtigen ist die Meinung ziemlich genau fünfzig zu fünfzig geteilt. Margarete Müller freilich hätte sich als neue Leiterin für einen Verkauf eingesetzt.»
    «Und wie sehen diese Kaufangebote aus?»
    «Sie beginnen mich schon wieder auszufragen», ermahnte ihn Gabriela Schauberg. Philipp zog theatralisch den Kopf ein. «Aber darüber kann Ihnen unsere Leiterin ohnedies bessere Auskünfte geben. Sie hat ein paar Prospekte zur Hand.»
    Unterdessen war die Mittagszeit nähergerückt. Laubmanns Magen war durch den vom Wind herangetragenen Klang einer fernen Bamberger Kirchenglocke hellhörig geworden und freute sich knurrend auf Deftiges.
    ***
    Das festliche Mittagessen behagte Philipp Laubmann sehr, denn es gab Schweinebraten, und er wurde beim Essen von den Frauen umsorgt. Moraltheologisch ignorierte er das Laster der Gefräßigkeit vorübergehend. Und er negierte völlig, was ihm ein Theologe mal über einen Vorlesetext aus einem der griechischen Athos-Klöster berichtet hatte, nämlich dass der Magen Luzifer selbst sei. Philipp konnte es sich jedoch nicht verkneifen, die Frauen auf die bissige Ab handlung über Schweinebraten des englischen Essayisten Charles Lamb hinzuweisen, der darin die Ansicht kundtat, dass das unschuldige Ferkel im Unterschied zum verworrenen Charakter des Menschen durch und durch gut sei.
    Nach der mittäglichen Ruhezeit und dem darauffolgenden Kaffeetrinken hatte Gertrud Steinhag Dr. Laubmann in ihr Büro mitgenommen. Philipp fiel sofort die gealterte mechanische Schreibmaschine auf, und er spürte, wie er die in Büros vormals üblichen klappernden und klingelnden Geräusche vermisste, waren moderne Computertastaturen dagegen doch bloß ein Hauch von Nichts.
    Die Leiterin des Instituts holte aus einem ihrer Karteikästen die erbetenen Prospekte heraus und legte sie dem Theologen vor. Einer hatte einen festeren, aber durchsichtigen

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