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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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jedoch, genau dort, wo man sich die Seitenwunde Jesu vorstellen musste, tat sich eine absichtlich ausgekratzte Furche auf.
    «Bei Regen tritt hier nämlich Sickerwasser aus», behauptete Gabriela, wobei sie den Strahl der Taschenlampe auf die Furche richtete.
    «Wurde dem Born jemals die Wirkung nachgesagt, Gebresten zu heilen?» Philipp lächelte schelmisch, stolz auf die selten verwendeten Worte.
    «Was meinen Sie damit?»
    «Eine Quelle, die Krankheiten heilt.»
    «Mir ist nichts bekannt.»
    Draußen tauchte die Sonne bereits in die Bäume ein. Es war also Zeit aufzubrechen, um das baldige Abendessen nicht zu versäumen.
    Hernach war für Philipp Laubmann noch so etwas wie ein Empfang im Gemeinschaftsraum vorgesehen. Die Frauen kredenzten ihm einen edlen Portwein und ebensolche Zigarren, die im Schloss eigens für männliche Gäste vorrätig gehalten wurden. Philipp zündete sich eine der Zigarren mit einem längeren Streichholz an und ließ den Rauch genüsslich ausströmen, zumal er registrierte, wie sehr es die Mitglieder des frommen Säkularinstituts, die sich um ihn versammelt hatten, erheiterte, eine dermaßen anheimelnde Atmosphäre im Hause zu haben.
    «Das staatliche Rauchverbot bezieht sich Gott sei Dank nicht auf private Bereiche», seufzte Laubmann. «Konsequenterweise müsste man auch den Weihrauch verbieten; denn Kirchen sind wie Kneipen private Räume, die öffentlich genutzt werden. Im Übrigen ist der Weihrauch, genauso wie der Tabak, ein veredelter pflanzlicher Rohstoff.»

XIII
    DA SICH DER GESTRIGE TAG DES HERRN als sehr aufschlussreich erwiesen hatte, hatte Philipp Laubmann aus Dankbarkeit heute in aller Herrgottsfrüh die gemeinschaftliche Gebetszeit in der Schlosskapelle wahrgenommen. Und nicht nur das hatte ihm gutgetan, sondern auch das nachfolgende Frühstück, das er ausgiebig genossen hatte. Zwar sollte er Diät halten, aber erstens befand er sich auf einer Art Dienstreise und zweitens im Patientenstreik. Denn wenn Ärzte in den Ärztestreik traten, stand ihm als Patient im Sinne moralischer Gerechtigkeit auch der Patientenstreik zu.
    Bevor er an diesem Montagmorgen das Säkularinstitut verließ, um zunächst in seiner Bamberger Wohnung nach dem Rechten zu sehen und sodann mit Gabriela Schauberg nach Bad Kissingen zu fahren, wollte er einen abschließenden Rundgang durch den Schlosspark unternehmen, obgleich das Wetter nicht so einladend war wie am Vortag. Erde und Pflanzen rochen nach kalt-dunstiger Feuchtigkeit, wiewohl sich die Nebel schon verzogen hatten. Die dem Schiefergrau ähnliche Bewölkung war regensatt.
    Laubmann betrachtete die Gebäude nach den sonntäglichen Gesprächen mit anderen Augen. Er bemerkte, melancholisch berührt, jetzt ihren maroden Charme, den Verfall als Zeitmaß der Vergänglichkeit. Denn die Feuchtigkeit lag nicht nur in der Luft, sondern sie war im Gemäuer gewissermaßen konserviert. Die Kälte in den Innenräumen freilich machte einem Laubmann nichts aus.
    Rechts an der Zufahrt zum Hauptportal des Schlosses erhob sich das Wirtschaftsgebäude, eine Fachwerkscheune aus dem 19. Jahrhundert, die auf der parkzugewandten Seite ein großes quadratisches Holztor aufwies und an den übrigen Seiten von altersknorrigen und kaum bis zu den Dachrinnen reichenden Birnbäumen umgeben war. Das Tor der Scheune, das nicht ganz geschlossen war, gab den Blick frei auf einen abgenutzten Traktor und einen fahrbaren Rasenmäher, die angesichts der Grundstücksgröße kein Luxus waren.
    Nahe der Scheune erblickte Philipp Laubmann den Gärtner des Instituts, der in einem Blumenbeet arbeitete, es offensichtlich neu gestaltend. Philipp ging freudig auf ihn zu. Eine Plauderei konnte nicht schaden. Gärtner Kornfeld, der von Ferne einem Isegrim glich, einem mürrischen Menschen, war mit seinen grünen Gummistiefeln in den schweren Boden eingesunken, den er umgestochen hatte. Arbeitshandschuhe benötigte er nicht, denn er hatte genügend Hornhaut an den knotigen Händen. Neben dem Beet war eine Schubkarre abgestellt, und der Spaten stak im Erdreich. Über den Griff des Spatens hatte Kornfeld seine Arbeitsjacke gehängt. Ihm war trotz des kühlen Morgens zu warm geworden, hatte Laubmann den Eindruck.
    Der Gärtner verrichtete also seine Tätigkeit, indem er mit einer Hacke die Erdklumpen zerkleinerte, im bloßen Hemd, die Manschetten umgeschlagen. Doch als er sich zudem mit einem großen Stofftaschentuch über Stirn und Nacken fuhr, fühlte Laubmann fast so etwas wie eine

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