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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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wie Mann und Frau. Aber sie wollte mehr, wollte ein Leben in Freiheit und die Gelegenheit, sich selbst zu entdecken. Sie wollte andere Menschen lieben, und sie wollte auch, dass ich andere Menschen liebe. Ich habe sie dafür gehasst. Und Gott - Gott hat sie ebenso gehasst. Allein weil sie mit dem Gedanken spielte, ihre Beine einem anderen Mann zu öffnen, wandte er sein Angesicht von ihr ab, und als sie vergewaltigt und ermordet wurde, tat er, als hörte er ihre Schreie nicht. Gewiss glaubte er, dass ihr nur Gerechtigkeit widerfuhr. Ihr fragt, was Gott ist? Ich sage euch, er ist nur ein einfallsloser Autor populärer Romane - jemand, der sadistische, verwirrende Handlungsfäden spinnt, Geschichten, die seiner entsetzlichen Angst vor der Macht der Frauen Ausdruck verleihen - der Angst vor ihrer Macht, selbst zu entscheiden, wen sie lieben und wie sie lieben, vor ihrer Macht, die Liebe nach ihren Wünschen neu zu erfinden. Dieser Autor - Gott! - ist seiner eigenen Figuren unwürdig. Der Teufel dagegen ist ein Literaturkritiker, der diesem untalentierten Schmierfinken in aller Öffentlichkeit das Fell über die Ohren zieht, so wie er es verdient hat.«

    Die Schlange um seinen Hals senkte den Kopf und leckte Ig liebevoll über den Oberschenkel. Er streichelte sie sanft und bereitete sich darauf vor, zum Kernpunkt seiner feurigen Predigt zu kommen. »Nur der Teufel liebt die Menschen so, wie sie sind, und frohlockt angesichts der Ränke, die sie widereinander schmieden. Er jauchzt über ihre schamlose Neugier, ihren Mangel an Selbstbeherrschung, ihren Drang, gegen jede Regel zu verstoßen, kaum dass sie von ihr gehört haben, die Bereitschaft, ihrer unsterblichen Seele für einen schnellen Fick zu entsagen. Der Teufel weiß, dass nur diejenigen, die den Mut haben, ihre Seele um der Liebe willen zu riskieren, überhaupt Anspruch auf eine Seele haben. Gott dagegen versteht die Menschen nicht, und er wird sie auch niemals verstehen können.
    Und was sagt das über Gott aus? Gott liebt die Menschen, heißt es, aber Liebe muss unter Beweis gestellt, nicht behauptet werden. Wenn man sich in einem Boot befindet und einen Ertrinkenden seinem Schicksal überlässt, schmort man dafür in der Hölle; und doch hält es Gott in seiner Weisheit nicht für nötig, irgendjemanden vor einem einzigen Augenblick des Leidens zu bewahren - obwohl es ihm ein Leichtes wäre! Trotz seiner Tatenlosigkeit wird er gepriesen und verehrt. Ich kann einfach nicht verstehen, was für eine Moral dem zugrunde liegt. Niemand kann das! Nur der Teufel handelt vernünftig, verspricht er doch, all jene zu bestrafen, die den Liebenden, den Fühlenden das Leben auf Erden zur Hölle machen.
    Ich behaupte nicht, dass Gott tot ist. Glaubt mir, er ist noch am Leben, aber er wird euch nicht die Erlösung schenken, er fällt wegen seiner frevelhaften Gleichgültigkeit nämlich selbst der Verdammnis anheim. Er war in dem Moment verloren, als er von euch Treue und Anbetung forderte, bevor
er euch seinen Schutz zuteilwerden ließ. So machen nur Gangster Geschäfte! Der Teufel lässt niemanden im Stich, der zu sündigen bereit ist - der bereit ist zu leben . Seine Telefone lässt er nie unbesetzt, und ihr könnt euch sicher sein, dass am anderen Ende der Leitung eine freundliche, hilfsbereite Stimme auf euch wartet.«
    Die Viper um Igs Hals schüttelte kurz die Klapper, als wollte sie ihrer Zustimmung Ausdruck verleihen. Er nahm sie in die Hand, küsste sie auf den Kopf und setzte sie ab. Das Meer aus Schlangen teilte sich, als er zum Ofen zurückkehrte. Er lehnte die Mistgabel direkt neben der Öffnung an die Wand und kroch in sein Reich, jedoch nicht, um sich auszuruhen. Eine Zeit lang las er beim Schein des Feuers in seiner Neil-Diamond-Bibel. Schließlich hielt er inne, zwirbelte nervös seinen Spitzbart und grübelte über ein Gesetz im Deuteronomium nach, demzufolge es verboten war, Gewebe aus gemischten Fasern zu tragen. Eine problematische Bibelstelle, fraglos. Sie hatte seine ganze Aufmerksamkeit verdient.
    »Es ist der Wille des Teufels, dass die Menschen aus einer Vielzahl leichter und bequemer Stoffe auswählen können«, murmelte er, wie um ein neues Sprichwort auszuprobieren. »Für Polyester jedoch soll es keine Verzeihung geben. In dieser einen Sache sind sich Satan und der Herr einig.«

KAPITEL 29
    Ig wurde von einem Klirren und einem metallischen Quietschen aus dem Schlaf gerissen. Er setzte sich auf und rieb sich die Augen. Das Feuer war längst

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