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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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solltest morgen nach Hause fahren. Dein eigenes Leben leben. Du musst bestimmt noch proben. Und dich um tausend andere Dinge kümmern. Mach dir um Grandma keine Sorgen. Sie wird wieder gesund.«
    »Was ist mit Ig?«, fragte Terry. Er sprach ganz leise und drehte sich auch nicht um. »Wäre es nicht besser, ich bleibe hier, bis wir wissen, wo Ig steckt? Ich mach mir Sorgen.«
    »Vielleicht will er eine Weile für sich sein«, sagte Ig mit der Stimme seiner Mutter. »Du weißt, was vor einem Jahr passiert ist. Bestimmt geht es ihm gut und er möchte, dass du dich um deine Arbeit kümmerst. Du solltest an dich selbst denken - zumindest dieses eine Mal. Flieg nach L.A.
zurück, Terry.« Er sagte es im Befehlston und legte seine ganze Willenskraft in diese Worte. Seine Hörner kribbelten vor Freude.
    »Nach L.A. zurück«, murmelte Terry. »Okay.«
    Ig ging langsam zur Tür, dem Tageslicht entgegen.
    Bevor Ig das Zimmer verlassen konnte, murmelte Terry noch etwas.
    »Liebe dich.«
    Ig blieb stehen; das Herz schlug ihm bis zum Hals, und der Atem stockte ihm.
    »Ich liebe dich auch, Terry«, sagte er und schloss leise die Tür hinter sich.

KAPITEL 28
    Am Nachmittag fuhr Ig den Highway hinauf zu einem kleinen abgelegenen Lebensmittelladen. Er entschied sich für etwas Käse und Peperoni, braunen Senf, zwei Stangen Brot, zwei Flaschen Rotwein und einen Korkenzieher.
    Der Ladeninhaber war ein alter Mann, der wie ein Universitätsprofessor aussah, eine Opabrille auf der Nase hatte und eine Strickjacke trug. Er hockte hinter der Theke, stützte mit der Hand das Kinn, blätterte in der New York Review of Books und sah nur flüchtig auf, als Ig vor ihm stand.
    Während er die einzelnen Beträge eintippte, gestand er ihm jedoch, dass seine Frau, mit der er seit vierzig Jahren verheiratet war, Alzheimer hatte, und dass er darüber nachdachte, sie zur Kellertreppe zu locken und hinunterzustoßen. Man würde davon ausgehen, dass sie gestürzt war und sich das Genick gebrochen hatte. Wendy hatte ihn leidenschaftlich geliebt und ihm jede Woche geschrieben, als er beim Militär war, und sie hatte ihm zwei großartige Töchter geschenkt, aber er konnte es einfach nicht mehr ertragen, sie zu waschen und ihrem Gezeter zuzuhören, und er wollte zu einer alten Freundin namens Sally ziehen, die in Boca Raton wohnte. Wenn seine Frau starb, würde er eine Versicherungssumme von fast einer drei viertel Million Dollar kassieren, und dann könnte er während der Jahre, die
ihm noch blieben, Golf und Tennis spielen und mit Sally gut essen gehen. Er wollte von Ig wissen, was er davon hielt. Ig erwiderte, dass er in der Hölle schmoren würde. Der Ladeninhaber zuckte mit den Achseln und stimmte ihm zu, als verstünde sich das von selbst.
    Er redete auf Russisch mit Ig, und Ig antwortete ihm in derselben Sprache, obwohl er sie nie gelernt hatte. Und doch wunderte er sich nicht im mindesten darüber. Nachdem er zu Terry mit der Stimme seiner Mutter gesprochen hatte, war das hier eher eine Kleinigkeit. Außerdem wurde die Sprache der Sünde auf der ganzen Welt gesprochen, ein ursprüngliches Esperanto.
    Ig wandte sich von der Kasse ab und musste daran denken, wie er Terry getäuscht hatte - wie etwas in ihm genau die Stimme hervorgebracht hatte, die Terry hatte hören wollen. Er fragte sich, ob dieser Fähigkeit Grenzen gesetzt waren, und wenn ja, welche. In welchem Umfang war es ihm möglich, andere Leute in die Irre zu führen? Er blieb an der Tür stehen, wandte sich um und musterte den Ladeninhaber neugierig. Der alte Mann hatte sich wieder hinter die Theke gesetzt und in seine Zeitung vertieft.
    »Wollen Sie nicht ans Telefon gehen?«, sagte Ig.
    Der Ladenbesitzer blickte auf und starrte ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Es läutet«, sagte Ig. Der Druck in seinen Hörnern nahm spürbar zu - ein äußerst angenehmes Gefühl.
    Der Ladenbesitzer betrachtete das Telefon, das keinen Ton von sich gab. Dann nahm er den Hörer ab und legte ihn ans Ohr, und das, obwohl Ig sogar noch auf der anderen Seite des Geschäfts das Freizeichen hören konnte.
    »Robert, hier ist Sally«, sagte Ig - aber die Stimme, die ihm über die Lippen kam, war nicht seine. Sie war rau und
tief, jedoch eindeutig weiblich, mit einem Akzent aus der Bronx; eine Stimme, die ihm völlig unbekannt war, und doch war er sich sicher, dass sie dieser Sally gehörte und niemandem sonst.
    Der Ladenbesitzer verzog erstaunt das Gesicht und sagte: »Sally? Wir haben doch erst vor ein paar

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