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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Sekunde befand er sich in Lees Kopf, und er hatte das Gefühl, wieder im Knowles River zu ertrinken; eine schwarze Flut brandete über ihn hinweg und zerrte ihn in die kalte schwarze Finsternis hinab. In dieser Sekunde wusste Ig alles, und er wehrte sich dagegen, hätte alles dafür gegeben, wieder zu vergessen .
    Lee hielt noch immer den Schraubenschlüssel umklammert und rammte ihn Ig in den Bauch. Ig musste würgen und husten. Lee stieß ihn von sich herunter, aber Ig streckte die Hand aus und bekam das Goldkettchen zu fassen, das Lee um den Hals trug. Die Kette riss, und das Kreuz segelte in die Nacht hinaus.
    Lee wand sich unter ihm hervor und stand schwerfällig auf. Ig hatte sich auf Ellbogen und Knie gestützt und schnappte nach Luft.

    »Willst mich wohl erwürgen, du Scheißkerl«, sagte Lee und trat ihm in die Seite. Eine Rippe brach. Ig stöhnte und fiel vornüber.
    Lee trat ein zweites und ein drittes Mal zu. Beim dritten Mal grub sich seine Stiefelspitze in Igs Rückgrat, und er hatte das Gefühl, seine Eingeweide würden explodieren. Etwas Nasses klatschte auf seinen Hinterkopf. Spucke. Dann blieb Lee eine Weile reglos stehen, was beiden die Gelegenheit gab, wieder zu Atem zu kommen.
    Schließlich sagte Lee: »Was sind denn das für komische Dinger auf deinem Kopf?« Er klang ehrlich überrascht. »Himmel, Ig. Sind das etwa Hörner?«
    Ig zitterte vor Schmerzen am ganzen Leib - ihm war kotzübel, und seine Hände und sein Gesicht brannten. Mit den Fingern der linken Hand zog er tiefe Furchen in die Erde. Er setzte alles daran, sich an der Wirklichkeit festzuklammern, kämpfte um jeden einzelnen klaren Augenblick. Was hatte Lee gerade gesagt? Irgendwas über Hörner.
    »Das war also auf dem Video zu sehen!«, sagte Lee, der immer noch schnaufte. »Hörner! Heilige Scheiße. Das Band war also doch völlig in Ordnung. Mit dir stimmt was nicht! Weißt du, ich glaube, ich hab sie gestern sogar gesehen, mit meinem kaputten Auge. Eigentlich kann ich meine Umgebung damit nur schattenhaft erkennen, aber als ich dich angeschaut hab, dachte ich: Was zum …« Er verstummte und hob zwei Finger an den Hals. »Was …«
    Als Ig die Augen schloss, sah er einen glänzenden Messingdämpfer vor sich, tief im Trichter einer Trompete versenkt, und da wusste es, womit er die Hörner zum Schweigen bringen konnte. Merrins Kreuz hatte das Signal unterdrückt und den Schutzkreis um Lee Tourneau gezogen, den die Hörner nicht durchdringen konnten. Ohne das Kreuz
war Lee ihrem Einfluss ausgeliefert wie jeder andere. Die Erkenntnis kam spät, vermutlich zu spät.
    »Mein Kreuz«, sagte Lee und fingerte weiter am Hals. »Merrins Kreuz. Du hast es abgerissen. Du hast es abgerissen, als du versucht hast, mich zu erwürgen. Warum hast du das getan, Ig? Glaubst du denn, es macht mir Spaß, dich zu misshandeln? Nein, verdammt, das tut es nicht. Wenn ich jemanden misshandeln wollte, wäre es die vierzehnjährige Tochter meiner Nachbarn. Manchmal beobachte ich sie aus meinem Schlafzimmerfenster, wie sie in der Sonne liegt. Du solltest sie einmal in ihrem Sternenbanner-Bikini sehen. Für sie empfinde ich dasselbe wie früher für Merrin. Allerdings würde ich ihr nie was tun. Das ist zu riskant. Wir sind Nachbarn, da würde der Verdacht automatisch auf mich fallen. Man scheißt nicht, wo man isst. Außer … außer du glaubst, dass ich vielleicht damit durchkommen könnte. Was meinst du, Ig? Sollte ich es versuchen?«
    Trotz gleißenden Schmerzen in der Brust, dem dumpfen Pochen im Unterkiefer und in der zertrümmerten Hand entging Ig nicht, dass sich Lees Stimme verändert hatte - sie klang jetzt irgendwie verträumt, so als würde er mit sich selbst reden. Die Hörner hatten ihn in ihren Bann geschlagen.
    Ig schüttelte den Kopf und stieß ein gequältes »Nein« hervor. Lee wirkte enttäuscht.
    »Nicht? Das ist keine gute Idee, du hast recht. Aber weißt du was? Vor kurzem wäre ich wirklich fast mit Glenna hier rausgefahren. Ich konnte mich kaum noch beherrschen! Wir sind zusammen aus der Station House Tavern gestolpert, und sie war so was von betrunken. Ich sollte sie nach Hause bringen, und da dachte ich mir, warum nicht zur alten Gießerei, ihre fetten Titten ficken, ihr den Schädel
einschlagen und sie hinterher hier einfach liegen lassen. Das hätten sie bestimmt wieder dir in die Schuhe geschoben. Ig Perrish, der Serienkiller, bringt seine nächste Freundin um. Aber dann hat mir Glenna doch glatt auf dem Parkplatz einen

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