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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Mutter lag. Sie lief neben ihm her, die Hand um seine Taille, wobei sich ihre Hüften berührten. Er wollte ihr Gesicht sehen, wenn er ihr die Leiche zeigte.
    Sie blieben in der Tür stehen. Lee hatte den Ventilator aufs Fensterbrett gestellt und auf höchste Stufe geschaltet,
sobald er wusste, dass sie tot war, aber in dem Zimmer herrschte noch immer eine trockene, fiebrige Hitze. Seine Mutter hatte die verkümmerten Arme vor der Brust verschränkt, als wollte sie etwas wegstoßen. Das hatte sie auch versucht, und zwar um halb zehn, als sie sich abmühte, den Deckenberg beiseitezuschieben. Die Decken hatte Lee inzwischen ordentlich zusammengelegt und fortgeräumt. Seine Mutter lag unter einem einzigen frischen blauen Laken. Im Tod ähnelte sie einem Vogel - sie sah aus wie ein verendetes Küken, das aus dem Nest gefallen war. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt, und der Mund stand weit offen.
    »Oh, Lee«, sagte Merrin und drückte fest seine Hand. Sie hatte angefangen zu weinen. Lee dachte, dass es für ihn vielleicht auch an der Zeit war, ein paar Tränen zu vergießen.
    »Ich hab versucht, ihr das Laken über das Gesicht zu ziehen«, sagte er. »Aber irgendwie konnte ich das nicht. Sie hat so lange gekämpft, Merrin.«
    »Ich weiß.«
    »Es gefällt mir nicht, wie sie uns anstarrt. Schließt du ihr bitte die Augen?«
    »In Ordnung. Setz dich hin, Lee.«
    »Trinkst du etwas mit mir?«
    »Natürlich. Ich komme gleich.«
    Er ging in die Küche und mixte ihr einen starken Drink. Dann blieb er vor dem Schrank stehen, betrachtete sein Spiegelbild und versuchte zu weinen. Es fiel ihm schwerer als gewöhnlich; ehrlich gesagt war er ein bisschen aufgegeilt. Als Merrin hinter ihm die Küche betrat, liefen ihm gerade die ersten Tränen übers Gesicht. Er beugte sich vornüber, atmete heftig aus und schluchzte. Sich Tränen abzupressen war harte Arbeit, so als würde er sich einen Splitter aus der Hand quetschen. Merrin kam zu ihm herüber. Sie
weinte ebenfalls. Das verriet ihm ihr ersticktes Keuchen beim Luftholen, obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, und sie war es auch, die ihn zu sich umdrehte, als er anfing, tief einzuatmen und wütende heisere Schluchzer auszustoßen.
    Merrin legte ihm die Hände in den Nacken, zog ihn zu sich heran und flüsterte: »Sie hat dich so sehr geliebt. Du warst jeden Tag für sie da, Lee, und das hat ihr alles bedeutet.« Und so weiter und so fort. Lee hörte gar nicht hin.
    Er war fast dreißig Zentimeter größer als sie, und um ihm nahe zu sein, musste sie seinen Kopf zu sich herabziehen. Er drückte das Gesicht an ihre Brust, schmiegte sich zwischen ihre Brüste und atmete den fast schon beißenden Minzegeruch ein, den sie verströmte. Mit einer Hand packte er den Saum ihrer Bluse und zog daran, so dass sie sich spannte und den Ansatz ihrer Brüste entblößte, die Körbchen ihres BHs. Seine andere Hand lag auf ihrer Taille, und er strich ihr leicht über die Hüfte; sie ließ ihn gewähren. Er weinte an ihrer Brust, und sie flüsterte weiter auf ihn ein und wiegte ihn in den Armen. Er küsste ihren linken Brustansatz und fragte sich, ob sie es überhaupt bemerkte. Als er den Kopf hob, um zu sehen, ob es ihr gefiel, schob sie sein Gesicht wieder nach unten und drückte ihn an sich.
    »Schon gut«, flüsterte sie mit sanfter Stimme; sie klang eindeutig erregt. »Schon gut. Das wird schon wieder. Wir sind ganz allein. Niemand sieht uns.« Und drückte seinen Mund gegen ihre Brust.
    Er spürte, wie er einen Steifen bekam, und in dem Moment wurde ihm bewusst, wie sie dastanden, nämlich mit seinem Bein zwischen ihren Oberschenkeln. Er fragte sich, ob es sie angetörnt hatte, die Leiche zu sehen. Es gab Psychologen, die eine Leiche für ein Aphrodisiakum hielten. Eine
Leiche war eine Carte blanche - plötzlich war alles erlaubt. Nachdem sie gevögelt hatten, konnte sie die Schuldgefühle, die sie empfand oder zu empfinden glaubte - Lee glaubte nicht an Schuld, er glaubte an gesellschaftliche Normen und die Notwendigkeit, sich ihnen anzupassen -, einfach beschwichtigen, indem sie sich einredete, die Trauer hätte sie überwältigt. Er küsste wieder ihre Brust und noch ein drittes Mal, und sie machte keine Anstalten, sich von ihm zu lösen.
    »Ich liebe dich, Merrin«, flüsterte er, und er wusste, dass das der richtige Satz gewesen war. Das würde es ihr leichter machen - ihr und ihm. Während er das sagte, hatte er ihr die Hände auf die

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