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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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sie. »Alles ruiniert! Vollständig ruiniert!« Sie stand mit dem blutdurchtränkten Kissenbezug in der Hand mitten in der Küche.
    »Komm wieder runter«, sagte Lees Vater. Er saß am Küchentisch, hatte den Kopf auf die Hände gestützt und las seine Sportillustrierte. Blass und unrasiert wie er war, wirkte er etwas kränklich, aber für seinen Sohn hatte er immer noch ein Lächeln übrig. »Dein Sohn hat Nasenbluten, und du führst dich auf, als hätte er jemanden umgebracht. Hat er schon nicht.« Sein Vater zwinkerte ihm zu. »Jedenfalls noch nicht.«

KAPITEL 38
    Als Merrin die Tür öffnete, begrüßte Lee sie mit einem Lächeln, was Merrin allerdings herzlich wenig zu interessieren schien - sie sah ihn kaum an.
    »Ich habe Ig erzählt, dass ich heute in Boston bin, um mich mit dem Kongressabgeordneten zu treffen«, sagte er, »und da hat er damit gedroht, mir die Freundschaft aufzukündigen, wenn ich dich nicht in ein nettes Restaurant ausführe.«
    Auf dem Sofa saßen zwei Mädchen und schauten fern, eine Wiederholung von Unser lautes Heim. Die Lautstärke war fast bis zum Anschlag aufgedreht. Zwischen ihnen und zu ihren Füßen stapelten sich Pappschachteln. Schlitzaugen, wie Merrins Mitbewohnerin, die auf der Armlehne eines Sessels saß und fröhlich in ihr Handy brüllte. Lee hatte allgemein keine hohe Meinung von Asiaten - ein Schwarmvolk, das auf Telefone und Kameras fixiert war. Nur der asiatische Schulmädchen-Look mit den schwarzen Schnallenschuhen, den Kniestrümpfen und Faltenröckchen gefiel ihm. Die Tür zum Zimmer von Merrins Mitbewohnerin stand offen, und dort stapelten sich noch mehr Pappschachteln auf einer unbezogenen Matratze.
    Merrin betrachtete die ganze Szenerie und wirkte dabei ebenso erstaunt wie verzweifelt. Schließlich wandte sie
sich wieder zu Lee um. Wenn er gewusst hätte, dass sie so grau wie Spülwasser daherkommen würde, ohne Make-up, die Haare ungewaschen und in ihren ausgebeulten alten Trainingshosen, hätte er auf den Besuch dankend verzichtet. Er bereute es bereits, dass er gekommen war. Ihm wurde bewusst, dass er noch immer lächelte. Er zwang sich, damit aufzuhören, und überlegte, was er jetzt sagen sollte.
    »Himmel, bist du noch immer krank?«, fragte er.
    Sie nickte geistesabwesend und sagte dann: »Lass uns aufs Dach raufgehen, ja? Da ist es nicht so laut.«
    Er folgte ihr die Treppe hinauf - allem Anschein nach würden sie nicht zusammen essen gehen. Immerhin hatte sie zwei Flaschen Heineken aus dem Kühlschrank geholt, und das war besser als nichts.
    Es ging schon auf acht Uhr zu, aber dunkel war es noch nicht. Unten auf der Straße klapperten die Skater mit ihren Boards über den Asphalt. Lee schlenderte zum Rand des Daches hinüber, um sie sich anzuschauen. Ein paar von ihnen hatten eine Beckham-Welle und trugen eine Krawatte und ein Anzughemd, das nur am Kragen zugeknöpft war. Am Skateboarden hatte Lee immer nur der Look interessiert, weil man irgendwie cool und alternativ aussah, wenn man mit einem Board unter dem Arm herumlief - ein wenig gefährlich, aber auch athletisch. Allerdings hatte er Schiss davor, zu stürzen; allein bei der Vorstellung wurde die ganze rechte Seite seines Kopfes kalt und taub.
    Merrin legte ihm eine Hand auf den Rücken, und für einen Moment dachte er, sie würde ihn vom Dach stoßen und er würde sich im letzten Moment herumdrehen, sie an der blassen Gurgel packen und mit sich in den Abgrund reißen. Offenbar hatte sie bemerkt, wie er erschrak, zum
ersten Mal heute lächelte sie ihn nämlich an. Sie reichte ihm ein Heineken. Er nickte zum Dank, nahm die Flasche und hielt sie mit der einen Hand umklammert, während er sich mit der anderen eine Zigarette anzündete.
    Sie setzte sich mit ihrem Bier auf den Abluftventilator der Klimaanlage, aber sie trank nicht, sondern drehte nur den feuchten Flaschenhals zwischen den Fingern. Sie war barfuß, und zumindest ihre kleinen rosafarbenen Füße waren niedlich. Lee betrachtete sie eingehend und stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie ihm den Fuß zwischen die Beine schieben und ihn im Schritt massieren würde.
    »Ich glaube, ich probier’s mal aus. Weißt du noch, was du vorgeschlagen hast?«, sagte sie.
    »Du willst Republikaner wählen?«, sagte er. »Das wäre allerdings ein Fortschritt.«
    Sie lächelte, aber es war ein missmutiges, mattes Lächeln. Sie wandte den Blick ab und sagte: »Ich werde Ig erklären, dass ich eine Beziehungspause einlegen möchte, wenn er nach England geht.

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