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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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dabei die nassen Haare aus der Stirn. Ihr herzförmiges kleines Gesicht - noch immer das Gesicht eines Mädchens - war nass und bleich, und sie fror. Lee hätte sie am liebsten berührt, ihr sanft die Wange gestreichelt. Ihre Bluse war ganz durchnässt, und das Blümchenmuster ihres BHs schimmerte hindurch. Bevor er recht wusste, was er tat, streckte er auch schon die Hand nach ihr aus. In dem Moment sah er jedoch Terrys Joint auf dem Sitz liegen. Er griff rasch danach und ließ ihn in der hohlen Hand verschwinden.

    Jetzt war sie es, die ihn berührte - sie legte ihm sanft die eisigen Finger auf das Handgelenk. Ihm lief ein Schauder über den Rücken.
    »Danke, dass ihr mich abholt«, sagte sie. »Ihr habt mir gerade das Leben gerettet.«
    »Wo ist Ig?«, stammelte Terry, und der magische Augenblick war vorbei. Lee schaute in den Rückspiegel. Terry hockte vornübergebeugt da, die Augen in die Ferne gerichtet, eine Hand an die Schläfe gedrückt.
    Merrin presste sich die Finger auf den Bauch, als verursachte ihr schon der Gedanke an Ig körperliche Schmerzen.
    »Ich … ich weiß nicht. Er ist weggefahren.«
    »Du hast es ihm gesagt?«, fragte Lee.
    Merrins Blick schweifte zum Fenster hinaus, aber Lee konnte ihr Spiegelbild in der Scheibe sehen, konnte sehen, wie sich auf ihrem Kinn ein Grübchen bildete, so sehr musste sie sich anstrengen, um nicht zu weinen. Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Wie hat er es aufgenommen?«, fragte Lee, obwohl er wusste, dass er besser den Mund gehalten hätte.
    Merrin schüttelte nur kurz den Kopf und sagte: »Können wir nicht einfach losfahren?«
    Lee nickte, setzte den Blinker und wendete, um denselben Weg zurückzufahren, den sie gekommen waren. Ihm stand klar und deutlich vor Augen, wie der Rest des Abends verlaufen würde: Er würde Terry nach Hause bringen, und dann würden sie ohne große Diskussion zu ihm fahren, und er würde ihr sagen, sie solle die nassen Sachen ausziehen und duschen, und zwar in demselben ruhigen, bestimmten Ton, wie sie es zu ihm an jenem Morgen, als seine Mutter gestorben war, gesagt hatte. Nur dass er, wenn er ihr einen Drink bringen würde, behutsam den Vorhang beiseiteschieben
und sie betrachten würde, wie sie unter der Dusche stand, während er selbst bereits ausgezogen war.
    »He, Merrin«, sagte Terry auf einmal. »Willst du meine Jacke haben?«
    Lee schaute verärgert in den Rückspiegel - er war so sehr damit beschäftigt gewesen, sich Merrin unter der Dusche vorzustellen, dass er Terry fast vergessen hatte. In diesem Moment verabscheute er den aalglatten, witzigen, gut aussehenden und im Grunde eher beschränkten Terry, dem es dank seines bescheidenen Talents und der guten Beziehungen seiner Eltern gelungen war, reich und berühmt zu werden und an die schärfsten Muschis im ganzen Land ranzukommen. Es konnte nicht schaden, Terrys Prominenz für die Kampagne des Kongressabgeordneten zu nutzen, und etwas Kohle sollte dabei auch herausspringen. Aber gemocht hatte Lee ihn nie besonders, dieses Großmaul, das sich alle Mühe gegeben hatte, Lee vor Glenna Nicholson zu demütigen, als sie einander das erste Mal über den Weg liefen. Ihm wurde übel, als er sah, wie dieser schmierige Wichser seinen Charme spielen ließ, und das kaum zehn Minuten nachdem sein Bruder und Merrin sich voneinander getrennt hatten. Als hätte er irgendwelche Ansprüche auf sie. Lee streckte die Hand nach der Klimaanlage aus, verärgert darüber, weil er nicht selbst daran gedacht hatte, sie zu fragen.
    »Sch-schon in Ordnung«, sagt Merrin, aber Terry hatte ihr sein Sakko bereits nach vorn gereicht. »Danke, Terry«, sagt sie leise, und dabei klang sie so mädchenhaft und hilfsbedürftig, dass Lee ihr am liebsten eine geknallt hätte. Merrin hatte durchaus ihre guten Eigenschaften, aber im Grunde war sie doch nur eine Frau wie alle anderen - Macht und Geld erregten sie und machten sie willfährig. Ohne den Treuhandfonds
und den guten Namen der Familie hätte sie wahrscheinlich keinen zweiten Blick auf Ig Perrish verschwendet. »Ihr glaubt bestimmt …«
    »Ich glaube gar nichts«, sagte Terry von hinten, »also entspann dich.«
    »Ig …«
    »Ig kommt schon klar. Mach dir keine Sorgen.«
    Sie zitterte noch immer - das Beben ihrer Brüste machte Lee ziemlich geil -, aber dann drehte sie sich zu Terry um, streckte den Arm aus und sagte: »Alles in Ordnung mit dir?« Als sie die Hand zurückzog, sah Lee Blut an ihren Fingern kleben. »Das … du brauchst’nen

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