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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Nase herumgeführt - ihn und auch Merrin - und sich all die Jahre vor ihnen versteckt gehalten. Hier war es noch nie gewesen, nicht, sooft er hierhergekommen war, um dem Ort, wo Merrin ermordet wurde, einen Besuch abzustatten. Oder vielleicht war er einfach nicht in der richtigen seelischen Verfassung gewesen, es zu sehen?
    Er zog seinen Reißverschluss hoch, schwankte und setzte sich dann in Bewegung …
    … noch ein Stück vorwärts über den glatten Betonboden. Er wollte nicht den Kopf heben, um zu schauen, wie weit er es schon geschafft hatte, weil er befürchtete, von der Tür noch genauso weit entfernt zu sein wie vor ein paar Minuten. Er streckte den linken Arm aus und …
    … packte den untersten Ast und fing an zu klettern. Er rutschte mit dem Fuß ab und musste sich festhalten, um nicht zu fallen. Es dauerte einen Moment, bis ihm nicht mehr schwindelig war, und während er mit geschlossenen Augen abwartete, hatte er das Gefühl, der Baum würde umstürzen, während er noch dranhing. Dann setzte er seinen Weg fort, kletterte mit der unbekümmerten, fließenden Anmut des Betrunkenen weiter. Bald hatte er einen Ast direkt unterhalb der Falltür erreicht, doch als er sie zu öffnen versuchte, stellte er fest, dass etwas Schweres darauf stand, und die Tür klapperte nur geräuschvoll in ihrem Rahmen.
    Oben im Baumhaus stieß jemand einen leisen Schrei aus, den er nur gedämpft wie aus großer Ferne wahrnahm - aber er erkannte die Stimme sofort.
    »Was war das?«, rief Merrin.

    »He!« Eine andere Stimme - eine Stimme, die ihm noch vertrauter war: seine eigene. »He, ist da unten jemand?«
    Für einen Moment konnte Ig sich nicht bewegen. Da waren sie, auf der anderen Seite der Falltür, beide noch jung und unversehrt und maßlos ineinander verliebt. Da waren sie, und es war noch nicht zu spät, sie vor dem zu bewahren, was ihnen bevorstand. Er richtete sich auf und rammte eine Schulter gegen die Falltür …
    … und öffnete die Augen und schaute sich blinzelnd um. Er war für eine Weile weg gewesen, vielleicht einige Minuten lang. Sein Puls ging langsam und schwer. Eben noch war seine rechte Schulter heiß gewesen. Jetzt war sie kalt und nass. Die Kälte machte ihm Angst. Leichen wurden kalt. Er hob den Kopf, um sich zu orientieren, und stellte fest, dass er nur noch einen halben Meter von der Türöffnung entfernt war. Dort ging es zwei Meter in die Tiefe, aber darüber hatte er noch nicht nachdenken wollen. Da unten stand der Kanister, ein Stück weit rechts. Er musste nur durch die Tür gelangen und …
    … er konnte ihnen erzählen, was geschehen würde, konnte sie warnen. Er konnte seinem jüngeren Ich sagen, es solle Merrin noch mehr lieben, ihr vertrauen, nicht von ihrer Seite weichen, weil ihre gemeinsame Zeit kurz sei, und wieder stemmte er sich gegen die Falltür, aber sie hob sich nur ein paar Zentimeter, bevor sie wieder zufiel.
    »Hört endlich auf mit dem Scheiß!«, schrie der junge Ig, der sich in dem Baumhaus befand.
    Ig sammelte all seine Kräfte und machte sich bereit, es noch einmal zu versuchen. Als ihm einfiel, wie es gewesen war, auf der anderen Seite der Falltür zu sein, zögerte er jedoch.
    Er hatte Angst gehabt, die Klappe zu öffnen, hatte den Mut dazu erst aufgebracht, als das Ding, das auf der anderen
Seite lauerte, den Versuch aufgegeben hatte, sich mit Gewalt Zugang zu verschaffen. Und dann war da nichts gewesen. Er war nicht da gewesen; oder sie waren es nicht.
    »Hört mal«, rief der Junge, der er einmal gewesen war, von der anderen Seite der Falltür. »Wer auch immer da unten ist … ihr hattet euren Spaß. Ihr habt uns einen ordentlichen Schrecken eingejagt … Wir kommen jetzt raus.«
    Die Beine des Sessels scharrten und quietschten, als er beiseitegeschoben wurde, und Ig warf sich genau in dem Moment gegen die Falltür, als der junge Ig sie öffnete. Für einen Moment glaubte Ig sehen zu können, wie die Schatten der beiden jungen Liebenden heraus- und an ihm vorbeiglitten, aber das war nur ein Streich, den ihm der Kerzenschein spielte - die Dunkelheit schien kurzzeitig zum Leben erwacht zu sein.
    Sie hatten vergessen, die Kerzen auszublasen, und als Ig den Kopf durch die Tür streckte, brannten sie noch immer, also …
    … streckte er den Kopf durch die Tür, verlor das Gleichgewicht und fiel vornüber. Er landete mit der Schulter auf der Erde, und ein schwarzer elektrischer Schock durchzuckte seinen Arm, eine Explosion, und er hatte das Gefühl, von innen heraus in

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