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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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verletzten Schulter und den zerschmetterten Knien unaufhaltsam seiner Mitte entgegen wie vier verschmutzte Zuflüsse, die sich in ein tiefes Reservoir widerwärtiger Gefühle ergossen. Ig schloss die Augen und bemühte sich, der Schmerzen Herr zu werden. Für eine Weile war es still in der alten Gießerei, wo Mensch und Dämon Seite an Seite nebeneinanderlagen - die Frage allerdings, wer von beiden was war, hätte eine lange theologische Abhandlung verdient gehabt.

KAPITEL 47
    Schatten leckten unstet an den Wänden, hoben und senkten sich, und die Finsternis brandete in Wellen über ihn hinweg. Gleich Ebbe und Flut umspülte ihn die Welt, und Ig gab sich alle Mühe, sich an ihr festzuklammern. Am liebsten hätte er sich hinunterziehen lassen, um den Schmerzen zu entfliehen, um die Lautstärke seines zerschlagenen Körpers herunterzudrehen. Er trieb bereits traumverloren fort, und eine seltsame Ausgelassenheit nahm von ihm Besitz und zwang die Schmerzen in den Hintergrund. Über ihm glitten die Sterne langsam dahin, von links nach rechts, als würde er auf dem Rücken liegend im Knowles River schwimmen und sich von der Strömung langsam stromabwärts tragen lassen.
    Terry beugte sich über ihn, sein Gesicht voller Pein und Verwirrung. »Alles wird gut, Ig. Alles wird gut. Ich werd jemanden anrufen. Ich muss nur kurz zu meinem Wagen und mein Handy holen.«
    Ig quälte sich zu einem beruhigenden Lächeln - er wollte Terry erklären, dass er ihn nur anzünden musste. Der Kanister lehnte draußen an der Wand. Etwas Benzin und ein Streichholz, und schon würde es ihm wieder gutgehen. Aber Ig bekam nicht genug Luft, um ein Wort herauszubringen, und sein Rachen war zu wund und zu eng, um zu reden. Lee Tourneau hatte es ihm wirklich besorgt.

    Terry drückte seine Hand, und Ig erfuhr, dass sein älterer Bruder bei einer Geographiearbeit in der siebten Klasse bei dem Jungen, der vor ihm saß, abgeschrieben hatte. »Ich bin gleich wieder da«, sagte Terry. »Hörst du? Nur eine Minute.«
    Ig nickte. Er war dankbar dafür, dass Terry sich um alles kümmerte. Terry ließ Igs Hand los, stand auf und verschwand aus seinem Blickfeld.
    Ig legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den rötlichen Kerzenschein, der über das alte Backsteingemäuer glitt. Die gleichmäßige Bewegung beruhigte ihn, verstärkte das Gefühl zu schweben. Sein nächster Gedanke war, dass die Klappe am Hochofen offen sein musste, wenn er den Kerzenschein sah. Terry durfte auf keinen Fall die Hand dort hineinstrecken. Gerade Terry, der vor vierzehn Jahren fast an einem Bienenstich gestorben wäre, musste dem Hochofen unbedingt fernbleiben. Ig wollte ihm etwas zurufen, ihn warnen, bekam jedoch außer einem unmelodischen Pfeifen keinen Ton heraus.
    »Eine Minute, Ig«, sagte Terry von der anderen Seite des Raums. Es hatte jedoch eher den Anschein, als redete er mit sich selbst. »Halt durch, und - he, Moment mal, Ig. Wir haben Glück. Da liegt ein Handy.«
    Ig wandte den Kopf und versuchte noch einmal, seinen Bruder aufzuhalten, und es gelang ihm sogar, ein einziges Wort zu krächzen: »Terry.« Aber dann kehrte das Druckgefühl in seinem Hals zurück, und er brachte keinen Ton mehr heraus. Sein Bruder hatte sich bei seinem Namen auch nicht umgedreht.
    Terry beugte sich in den Hochofen und streckte die Hand nach dem Telefon aus, das auf der zerwühlten Decke lag. Als er es aufhob, glitt eine Falte beiseite, und Terry hielt inne, den Blick auf die Windungen der Schlange darunter
gerichtet, deren Schuppen im Kerzenschein wie gebürstetes Kupfer glänzten. Kastagnetten klapperten.
    Die Viper entrollte sich blitzschnell und biss Terry mit einem dumpfen, fleischigen Geräusch, das Ig noch zehn Meter entfernt hören konnte, ins Handgelenk. Das Handy flog durch die Luft. Terry schrie auf, fuhr in die Höhe und krachte mit dem Schädel gegen den Stahlrahmen der Klappe. Bevor er mit dem Gesicht voraus auf die Matratze fiel, riss er die Hände nach vorn und fing sich ab; die untere Hälfte seines Körpers hing aus der Öffnung heraus.
    Die Schlange hatte noch immer nicht losgelassen. Terry packte sie und zerrte an ihr. Ihre Zähne schlitzten ihm beim Herausreißen das Handgelenk auf. Sie spannte sich und biss ihn ein weiteres Mal zu. Diesmal schlug sie ihm die Zähne in die linke Wange. Terry bekam sie etwa in der Mitte ihres Leibs zu fassen und zog an ihr, und sie ließ los, rollte sich zusammen und biss ihn ein drittes und viertes Mal - ein Geräusch, als würde

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