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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Stücke gerissen zu werden. Morgen würden sie die Brocken seines Körpers von den Ästen der Bäume fischen können. Er rollte auf den Rücken und riss die Augen weit auf.
    Die Welt erbebte noch unter der Wucht des Aufpralls. Igs Ohren waren von einem atonalen Summen erfüllt. Als er zum Nachthimmel aufschaute, erlebte er das Ende eines Stummfilms: Ein schwarzer Kreis begann sich zusammenzuziehen, wurde immer kleiner, löschte die Welt aus, und er blieb …

    … allein in dem Baumhaus zurück.
    Die Kerzen waren zu unförmigen Pfropfen geschmolzen. Das Wachs war zu dicken, glitzernden Säulen geronnen, die den Teufel fast verdeckten, der am Fuß des Chanukkaleuchters kauerte. Der Schein der Flammen tauchte den Raum in flackerndes Licht. Der mit Schimmelflecken übersäte Sessel stand links neben der offenen Falltür. Die Schatten der Porzellanfigürchen tanzten über die Wände, die beiden Engel des Herrn und der Alien. Maria war umgefallen und lag auf der Seite, genau so, wie er sie damals zurückgelassen hatte.
    Ig schaute sich um. Er hatte das Gefühl, als wären nur wenige Stunden vergangen, seit er das letzte Mal hier war, und nicht Jahre.
    »Was soll das?«, fragte er. Erst dachte er, er würde mit sich selbst reden. »Was habe ich hier verloren, wenn ich ihnen nicht helfen kann?« Während er das sagte, wurde er zunehmend wütend. Seine Brust wurde ihm eng - die Hitze setzte ihm spürbar zu. Im ganzen Raum roch es nach brennenden Kerzen.
    Es musste doch einen Grund geben, warum er hier war, etwas, was er tun oder finden sollte. Etwas, das sie vielleicht zurückgelassen hatten. Sein Blick fiel auf den Couchtisch mit den Porzellanfigürchen, und er bemerkte, dass die kleine Schublade einen Spalt offen stand. Er zog sie auf - vielleicht war etwas darin, etwas, das er brauchen konnte, etwas, das ihm weiterhalf. Aber die Schublade war bis auf eine rechteckige Schachtel Streichhölzer leer. Darauf war ein schwarzer Teufel abgebildet, der lachend den Kopf in den Nacken warf. LUCIFER MATCHES stand in kunstvoller, altertümlich wirkender Schrift darunter. Ig nahm die Schachtel heraus und starrte sie an; schließlich schloss er die Hand darum - am liebsten hätte er sie zerquetscht. Aber das tat er
nicht. Er stand nur da und betrachtete die kleinen Figuren und das Pergament darunter.
    Bei seinem letzten Aufenthalt in dem Baumhaus, als Merrin noch am Leben und die Welt ein Ort gewesen war, an dem er glücklich sein konnte, waren die Worte auf dem Pergament in hebräischer Sprache geschrieben gewesen, und er hatte keine Ahnung gehabt, was sie bedeuteten. Er hatte sie für Bibelverse gehalten, für eine Schriftrolle aus einem Phylakterium. Aber jetzt tanzten die schwarzen Buchstaben im flackernden Licht der Kerzen wie lebendige Schatten, die auf rätselhafte Weise auf das Papier gebannt worden waren, und ihre Botschaft war in gewöhnlichem Englisch geschrieben:
    DAS MAGISCHE BAUMHAUS
BAUM VON GUT & BÖSE
1 OLD FOUNDRY ROAD
GIDEON, NH 03880
     
    REGELN UND VORSCHRIFTEN:
WÄHREND IHR HIER WEILT, FÜHLT EUCH WIE ZU HAUSE
WENN IHR GEHT, NEHMT MIT, WAS IHR BRAUCHT.
RAUCHEN IST NICHT VERBOTEN!
     
    L. MORGENSTERN , EIGENTÜMER
    Ig hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren - er war sich nicht sicher, ob er die Botschaft wirklich verstand. Von Merrin abgesehen, die er für immer verloren hatte, wollte er eigentlich nur eins: dieses verdammte Baumhaus abfackeln, schließlich war Rauchen hier nicht verboten, und bevor er wusste, was er tat, wischte er mit der Hand über den Tisch, der Leuchter segelte durch die Luft, und die
Figuren flogen durcheinander. Der kleine Alien rollte von der Tischplatte herunter. Der Engel, der Terry ähnlich sah und ein Horn an die Lippen hielt, fiel vom Tisch und landete in der offenen Schublade. Der zweite Engel, der neben Maria gestanden und hochnäsig auf sie herabgeschaut hatte, krachte mit einem fast melodiösen Klirren auf den Tisch, und seine arrogante Fresse rollte davon.
    Ig drehte sich wütend um …
    … und unterdrückte einen Schmerzensschrei. Er sah den Benzinkanister dort stehen, wo er ihn hingestellt hatte, rechts unterhalb der Türöffnung. Ig schob sich durch ein hohes Grasbüschel, und seine Hand klatschte gegen den Kanister. Es hallte blechern, und eine Flüssigkeit schwappte hin und her. Seine Finger fanden den Griff und zerrten daran. Es überraschte ihn, wie schwer das Ding war. Ig tastete auf dem Deckel des Kanisters nach den Streichhölzern und legte sie

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