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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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hätte ich ausplaudern sollen, was Eric alles in die Luft gejagt hat, wenn ich selbst dabei war? Das ist doch Regel Nummer eins bei jeder Erpressung.« Terry schwieg einen Moment und sagte dann: »Da meint man, jemand zu kennen. Aber meistens sieht man nur, was man sehen will.« Er blickte Ig in die Augen. »Eric ist ein wirklich knallharter Typ. Und wenn ich mit ihm zusammen war, hab ich mich auch immer irgendwie so gefühlt. Du spielst nicht in der Kapelle, Ig. Du weißt nicht, wie schwer es ist, von Frauen begehrt und von Männern respektiert zu werden, wenn du vor allem dafür bekannt bist, dass du auf der Trompete ›America the Beautiful‹ spielen kannst. Ich mochte die Art, wie die Leute uns angeschaut haben. Deswegen hab ich da mitgemacht. Was ihm das bringt, kann ich dir nicht sagen. Außer dass es ihm gefallen hat, wenn ich für alles gezahlt hab und dass ich ein paar berühmte Leute kenne.«
    Ig rollte den Böller in der Hand hin und her. Er hatte das Gefühl, das er jetzt irgendwas sagen musste, aber er wusste nicht, was. Als ihm schließlich etwas einfiel, kam es ihm reichlich unpassend vor. »Was, meinst du, soll ich damit in die Luft jagen?«
    »Ist mir egal. Solange du daran denkst, mir Bescheid zu geben. Aber halte das Ding erst mal ein paar Wochen versteckt,
ja? Wenn ich endlich allein ans Steuer kann, fahren wir mal mit ein paar Kumpels runter nach Cape Cod. Da können wir am Strand ein Lagerfeuer anzünden und uns was überlegen.«
    »Die letzte große Explosion des Sommers, ja?«, sagte Ig.
    »Yeah«, sagte Terry. »Am liebsten würde ich eine Spur der Zerstörung hinterlassen, die man vom Mond aus sehen kann. Und wenn das nicht klappt, sollten wir wenigstens etwas richtig Schönes und unersetzlich Wertvolles in die Luft sprengen.«

KAPITEL 15
    Auf dem ganzen Weg zur Kirche waren seine Handflächen schweißfeucht, und er fühlte sich schäbig und irgendwie entrückt. Auch sein Magen war verstimmt. Ig wusste warum, und es war albern - er kannte ja nicht mal ihren Namen und hatte noch nie ein Wort mit ihr gewechselt.
    Aber sie hatte ihm Zeichen gegeben. Eine Kirche voller Menschen, viele in seinem Alter, aber sie hatte ihn angeschaut und ihm mit einem Kreuz aus gleißendem Gold eine Botschaft geschickt. Selbst jetzt wusste er nicht, warum er es wie eine Baseballkarte oder eine CD hergegeben hatte. Er redete sich ein, dass Lee ein einsamer Junge aus dem Trailerpark war, der jemanden brauchte, und dass alles so kommen würde, wie es kommen sollte. Er versuchte, stolz auf das zu sein, was er getan hatte, aber stattdessen empfand er, immer stärker, ein nagendes Unbehagen. Er konnte sich nicht daran erinnern, was ihn dazu veranlasst haben mochte, Lee das Kreuz zu überlassen. Bestimmt hatte er es heute dabei. Er würde es ihr geben, und sie würde sich bedanken, und nach der Kirche würden sie sich unterhalten. In seiner Vorstellung sah er bereits, wie sie zusammen die Kirche verließen: Im Vorbeilaufen schaute die Rothaarige kurz zu Ig herüber, aber ihr Blick glitt über ihn hinweg, ohne dass sie ihn wiedererkannte, und das Kreuz funkelte in der Vertiefung ihres Halses.

    Lee war da, in derselben Bankreihe, und … er trug das Kreuz um den Hals! Das war das Erste, was Ig auffiel, und seine Reaktion war einfach und biochemischer Natur. Er hatte das Gefühl, er hätte eine Tasse kochend heißen Kaffee auf einen Schluck hinuntergekippt. Sein Magen verkrampfte sich, und er verspürte ein Brennen im Bauch. Das Blut pulsierte ihm in den Adern wie von zu viel Koffein.
    Die Bank vor Lee blieb bis kurz vor Messebeginn leer, und dann ließen sich drei alte Damen mit hochtoupiertem Haar dort nieder. Lee und Ig brachten einen Großteil der ersten zwanzig Minuten damit zu, auf der Suche nach dem Mädchen den Hals zu recken, aber sie war nicht da. Ihr Haar, ein Strang aus geflochtenem Kupferdraht, wäre nicht zu übersehen gewesen. Schließlich schaute Lee über den Mittelgang zu Ig hinüber und zuckte spaßhaft mit den Achseln, und Ig zog ebenfalls übertrieben weit die Schultern hoch, als wäre er Lees Mitverschwörer bei dessen Versuch, Kontakt zu dem Morsecode-Mädchen aufzunehmen.
    Aber das war er nicht. Als es an der Zeit war, das Vaterunser aufzusagen, senkte Ig den Kopf, aber sein Gebet entsprach nicht dem vorgegebenen Text. Er wollte das Kreuz wiederhaben. Ganz egal, ob das richtig oder falsch war. Er wollte es mehr als irgendetwas sonst in seinem ganzen Leben, mehr als die Luft in dem Moment, als er im

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