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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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tosenden schwarzen Wasser unterzugehen drohte. Er wusste nicht, wie sie hieß, aber er wusste, dass sie viel Spaß miteinander haben, dass sie gut zusammenpassen würden; die zehn Minuten, die sie ihn mit dem Lichtblitz geblendet hatte, waren die besten zehn Minuten gewesen, die er jemals in der Kirche zugebracht hatte. Manche Dinge gab man einfach nicht her, ganz egal, wie viel man jemandem schuldete.
     
    Als die Messe vorbei war, stand Ig mit der Hand seines Vaters auf der Schulter da und beobachtete die Leute, die an ihnen vorbeidefilierten. Seine Familie gehörte stets zu den Letzten, die einen Ort verließen, an dem sich Menschen drängten: egal, ob Kirche oder Kino oder Baseballstadion. Lee Tourneau schlenderte vorbei und machte ein Gesicht, als wollte er damit sagen: Manchmal klappt’s, manchmal nicht .
    Sobald der Mittelgang frei war, ging Ig zu der Bank hinüber, auf der das Mädchen letzte Woche gesessen hatte, kniete sich hin und band sich die Schuhe. Sein Vater warf ihm einen fragenden Blick zu, aber Ig nickte nur - geht ruhig vor, ich komme nach. Er wartete ab, bis seine Familie das Kirchenschiff verlassen hatte, bevor er aufhörte, an seinem Schuh herumzunesteln.
    Die drei stämmigen alten Damen, die auf der Bank des Mädchens gesessen hatten, waren noch immer da, sammelten ihre Handtaschen ein und drapierten sich ihre Umschlagtücher über die Schultern. Als er jetzt aufschaute, wurde Ig klar, dass er sie schon einmal gesehen hatte. Sie waren letzten Sonntag zusammen mit der Mutter des Mädchens hinausgegangen, hatten sich gut gelaunt mit ihr unterhalten, und damals hatte Ig sich gefragt, ob es ihre Tanten waren. Hatte eine von ihnen nach der Messe nicht neben dem Mädchen im Auto gesessen? Ig war sich nicht mehr sicher. Er hätte es gerne geglaubt, vermutete jedoch, dass Wunschdenken seine Erinnerung beeinflusste.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Ig.
    »Ja bitte?«, sagte die Dame, die ihm am nächsten stand - eine dicke Frau, deren Haare in einem braunen Metallicton gefärbt waren.
    Ig deutete mit gesenktem Kopf auf die Bank. »Da saß ein
Mädchen. Letzten Sonntag. Sie hat was liegen lassen, und ich wollte es ihr zurückgeben. Rote Haare?«
    Die Frau antwortete nicht, blieb aber stehen, obwohl im Mittelgang inzwischen Platz genug war, so dass sie hätte gehen können. Schließlich begriff Ig - sie wartete darauf, dass er ihr in die Augen schaute. Als er das tat und ihren wissenden Blick sah, beschleunigte sich sein Puls.
    »Merrin Williams«, sagte die Frau. »Ihre Eltern waren letztes Wochenende in der Stadt, um ihr neues Haus zu besichtigen. Ich habe es nämlich an sie verkauft - und ihnen auch die Kirche gezeigt. Sie sind nach Rhode Island zurückgefahren, um zu packen. Nächsten Sonntag wird sie wieder hier sein. Vermutlich werde ich die Familie bald wieder treffen. Wenn du möchtest, kannst du mir etwas für Merrin mitgeben.«
    »Nein«, sagte Ig. »Schon in Ordnung.«
    »Hm«, sagte die Frau. »Ich habe mir schon gedacht, dass du es ihr lieber selbst geben möchtest. Man sieht es dir an.«
    »Was … was meinen Sie damit?«, fragte Ig.
    »Ich würde es dir ja sagen«, erwiderte die Frau, »aber wir sind hier in einer Kirche.«

KAPITEL 16
    Als Lee das nächste Mal zu Besuch kam, sprangen sie in den Pool und spielten am flachen Ende mit dem Basketball, bis Igs Mutter herauskam und ihnen auf einem großen Teller Sandwiches mit gegrilltem Schinken und französischem Brie servierte. Lydia konnte nicht einfach Schinken-Käse-Toasts machen wie andere Mütter - es musste etwas Besonderes sein, was zeigte, dass sie über einen anspruchsvolleren, weltläufigeren Geschmack verfügte. Ig und Lee machten sich über die Sandwiches her, während sie sich auf Liegestühlen ausstreckten, unter denen sich das Wasser sammelte. Aus irgendeinem Grund war mindestens einer von ihnen immer tropfnass, wenn sie zusammen waren.
    Lee war Igs Mutter gegenüber sehr höflich, doch nachdem sie gegangen war, klappte er den Toast auf und musterte den milchigen, geschmolzenen Käse auf dem Schinken.
    »Irgendjemand hat auf meinem Sandwich abgespritzt«, sagte er.
    Ig hätte sich vor Lachen fast verschluckt. Er bekam einen Hustenanfall, dem ein Stechen in der Brust folgte. Lee klopfte ihm automatisch auf den Rücken. Allmählich wurde ihm das wohl zur Gewohnheit - und zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Freundschaft.
    »Für die meisten Leute ist das nur ein Mittagessen. Für
dich ist es eine weitere Gelegenheit, dich

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