Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
Kuhhaut, da kringelten sich seine Zehennägel mit einem Schlag von vorne nach hinten ein!
Er nahm sich vor, keinen Mucks von sich zu geben und schon gar keine Tränen zu vergießen, denn auf dem Spiel stand nichts Geringeres als die Kriegerehre.
«So, da bleibst du sitzen und lernst lesen und schreiben!»
Sie befahl es im Ton einer Bärenbändigerin und machte ein strenges Gesicht.
«Hast du verstanden?»
Sie wandte sich von ihm ab, trat zur Truhe neben dem Herd, um darin etwas zu suchen.
Arno glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
Ein solch grober Fehler der Gefechtsführung, war das möglich?
Er beschloss, nicht lange Däumchen zu drehen, schoss auf und fegte wie der Sturmwind an ihr vorbei.
Sieg! Überraschender Sieg!
Er konnte es sich nicht verkneifen, vor der Türe stehen zu bleiben und Lena, die ihm mit einem Federkiel und einem Tintenfass in den Händen blöde nachglotzte, triumphierend zuzugrinsen.
«Bis heute Abend!»
Er rief es ihr zu und war in Gedanken schon bei seinem Krater.
«Nein, Arno, du darfst jetzt nicht in den Wald!»
Er dachte nicht daran, ihr zu gehorchen, winkte ihr lachend zu und trat, ohne nach vorn zu schauen, mit einem energischen Schritt über die Schwelle.
Zu spät erkannte er, wie dumm das war.
Alles, was er spürte, waren ein heftiger Aufprall, das Aufschlagen auf dem Boden, dann das krampfhafte Zusammenziehen der Brust, das zähe Um-Atem-Ringen.
Zu benommen, um zu schreien, blickte er auf.
Ferdinand!
Den ganzen Morgen hätte der Kerl hereinstiefeln können, doch ausgerechnet jetzt tat er es.
«Wohin denn so stürmisch?»
Er fragte gebieterisch und hob Arno auf.
«Er wollte türmen», sagte Lena, «er wollte sich ums Lesen und Schreiben drücken.»
«Ist das nicht früh? Er ist noch zu klein, er ist noch nicht einmal sieben.»
«Wer Pulver mischt und Tannen fällt, kann auch einen Federkiel halten. Jetzt ist genau die richtige Zeit, Lesen und Schreiben zu lernen.»
Wieder musste es sich Arno gefallen lassen, auf den Stuhl gedrückt zu werden. Und diesmal machte sie keinen Fehler, diesmal setzte sie sich ihm sogleich gegenüber, rückte einen gespitzten Federkiel, ein bauchiges Tintenfässchen und einen Bogen Papier zurecht und sah ihm fest in die Augen.
«Ich zeige dir, wie man den Buchstaben «A» schreibt!»
Arno entschied, sich nie und nimmer diesem Joch zu beugen.
Er verschränkte die Arme und würdigte das soeben geschriebene «A» auf dem Papier keines Blickes. Er würde hart bleiben, pickelhart wie ein Block aus ewigem Eis. Niemals würde sie ihn herumkriegen, was war schon dieses Gekritzel gegen die Kunst, Pulver zu mischen! Für sein Handwerk, und das würde Lena schon noch lernen, brauchte er die Fässchen mit dem gelben und weißen Pulver und nicht Federkiel und Tintenfläschchen!
Mit leicht wässrigen Augen schaute er zum Gestell, wo die Begehrlichkeiten in der untersten Ablage standen, und rief sich den gestrigen Abend in Erinnerung, den Knall, den Rauch und die niederrauschende Tanne.
Das wirkte Wunder und war fast so gut wie der Trommelschlag heranrückender Verbündeter aus der Ferne.
Er merkte, dass die Wurzeln seines Widerstands neue Kraft sogen und nun auch ein längerer Stellungskampf drinlag.
Er würde stark bleiben!
Die Zeit würde kommen und er würde den Wald aufs Neue erschüttern!
«Ich glaube», sagte Ferdinand, «wir sollten besser auf den Schwefel und den Salpeter achtgeben!»
Arno fuhr herum, sah Ferdinand an und verwünschte den Blick zu den Fässchen, mit dem er sich verraten haben musste.
«Hinter Schloss und Riegel mit dem Zeug!»
Ferdinand trat zum Gestell, nahm die Fässchen und sperrte sie in die Truhe neben dem Eingang.
Wie vom Schlag gerührt, schaute Arno dorthin und merkte, wie eine Träne über die Wange rann und es unter der Nase zuckte.
«So, jetzt du!», sagte Lena und schob ihm Federkiel und Papier zu.
Arno dachte nicht daran. Er packte den Federkiel, schnellte nach vorn und rammte ihn auf den Tisch, so dass er mitten entzwei brach.
«Kaputt!»
Er wischte sich die Tränenspur weg und warf das gebrochene Schreibutensil zu Boden.
«Wie du willst», sagte Lena mit leicht zitternder Stimme, «ich habe Zeit. Wenn du es ein Dutzend Mal geübt hast, darfst du hinaus, vorher nicht!»
Sie legte einen neuen Federkiel auf das Papier und begann, neben dem Athanor Kräuter zu sortieren.
Eine Stunde verstrich, die nächste. Feder und Papier blieben unberührt, einsam und verlassen prangte das A auf dem Bogen.
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