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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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Bursche?»
    Ohne Begrüßung trampte Ferdinand herein und blickte grimmig herum wie ein Amtmann auf der Suche nach einem entflohenen Malefikanten. Der Habit, seine Tarnung, hing wie eine Feldherrenrüstung an ihm, und die Bibel umklammerte er, als wäre sie ein Wurfgeschoss.
    «Wo ist der Bursche?», wiederholte der Prinz.
    «Hier!»
    Eine helle Stimme meldete sich hinter dem Kasten, und Arno tapste aus dem Versteck hervor.
    «Da bist du ja!»
    Arno schwieg, doch hinter seiner Stirn schien sich etwas zusammenzubrauen, denn unablässig beobachtete er Ferdinands Gesicht und verzog schelmisch seine Mundwinkel.
    «Nieder mit den Römern!», schrie er plötzlich und stürzte auf Ferdinand los.
    «Was soll….»
    Der Feldherr sparte sich den Atem, ließ die Bibel fallen, und, den Stoß des jungen Stiers auffangend, schwang er ihn in die Höhe.
    «Wo warst du?», knurrte er, als er ihn wieder auf die Füße gestellt hatte. «Hast du den Reitunterricht vergessen? Meinst du, es macht mir Spaß, den ganzen Nachmittag bei den Stallungen zu warten!?»
    Arno schaute unschuldig zum Abt und zuckte ratlos mit den Armen.
    «Cäsar und Bibracte», warf der Abt schnell ein, «Ihr wisst, das ist spannend. Es war so spannend, dass wir die Zeit vergessen haben.»
    «Cäsar? Cäsar und Bibracte? Ah, so, so. Diese abartige Freude am Latein! Der Bursche gerät noch auf die schiefe Bahn und wird Geistlicher!»
    Ferdinand sagte es rau, doch dann grinste er ihn an, wie man nur einen schlechten Lügner angrinsen konnte.
    «So, komm jetzt, das Streitross ist schon seit einer Stunde gesattelt! Bedank dich bei Pater Clemens für das Reiten – und ganz besonders für den Cäsar!»
    Arno murmelte ein Dankeschön, wurde am Nacken gepackt und musste es sich gefallen lassen, über die Türschwelle geschubst zu werden.
    Der Abt sah zu Boden, blickte zu Ferdinands verwaister Bibel und lauschte den Tritten und dem Einklinken der Haustüre.
    Dann war es auf einmal still.
    Einzig das Ticken der Wanduhr war zu hören.
    Es klang jetzt unangenehm, gar bedrohlich, denn es hallte aufdringlich in der entleerten Studierstube und erinnerte unerbittlich an den Takt des Sensenmannes, der irgendwo da draußen herumgeisterte.
    Er wandte sich um und schlug mit den Knöcheln leicht auf den Schreibtisch.
    Was für eine dumme Ausrede! Er hätte Ovid oder Cicero erwähnen sollen. Aber ausgerechnet Cäsar war ihm eingefallen.
    «Ganz besonders für den Cäsar!»
    Spöttischer hätte es Ferdinand nicht sagen können! Das geschah ihm, dem verknöcherten Rindvieh, wohl recht. Zu oft hatte er dem Kind Ferdinand ein Alibi mit Cäsar gegeben und ihn damit vor dem Zorn des Vaters bewahrt. Und immer hatte Cäsar herhalten müssen, denn der alte Fürst, so gerissen war er, hätte nie geglaubt, dass sein Erstgeborener, dieser Lateinmuffel, einen Cicero oder Vergil übersetzen konnte. Himmelarsch, was für eine dumme Ausrede!
    Der Abt blieb stehen, sah zum Fenster und dachte darüber nach, wie klug bzw. unklug es von Ferdinand war, hier im Kloster Reitunterricht zu erteilen.
    Schließlich ließ er sich mit einem Seufzer auf den Stuhl fallen.
    Bedenken hin oder her, ein wichtiges Geschäft wartete, immer noch lag die Hofspionage auf dem Tisch, die würde er jetzt fertig einfädeln.
    Er schob die Pyrotechnia weg, rückte den Brief zurecht und begann, den letzten Satz zu Papier zu bringen.
     

Kapitel 8
Arno
    August anno domini 1584
    Zwei Monate später
     
     
    Arno zündete die letzte von sechs Tranfunzeln an und ließ den Blick über die Felswände gleiten, über bizarre graue Flächen, Wölbungen und Schattenwürfe.
    Zum ersten Mal sah er seine vertraute Höhle in dieser Festbeleuchtung – ein Ereignis, das er so nicht erwartet hatte und ihm beinahe den Atem raubte.
    Das war seine Werkhalle!
    Und niemand außer Pater Clemens wusste davon, wusste, dass sich hier ein richtiger unterirdischer Werkpalast fand, der sich hervorragend für die Pulverherstellung eignete!
    Und das Beste: Fast keine Feuchtigkeit gab es in diesem Steingewölbe, dafür viele breite Flächen, die sich für sein Handwerk geradezu anboten.
    Was wünschte man sich mehr!?
    Mit klopfendem Herzen entnahm er dem Sack, den er aus dem Labor mitgeschleppt hatte, einen massiven Holzhammer, trat zu zwei Tropfsteinen, von wo ein schmaler Korridor an einem knollennasenähnlichen Felsvorsprung in die Tiefe führte, und schlug ihn gegen das Gestein, so dass die Höhle in scharfen und herrlich unheimlichen Klängen zu vibrieren

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