Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
nach Luft und drückte sich die Hände ins Kreuz.
«Nein, unmöglich, nicht mit meinen morschen Knochen und mit meinem Bauch. Nie passe ich da hindurch!»
«Ich habe den Gang grösser gemacht!»
Mit kritischen Augen schien er den Kuttenumfang zu messen.
«Allein für Euch!»
Eine längere Pause folgte, und schwache Runzeln bildeten sich auf seiner Stirn.
«Ich glaube, vielleicht…», er stockte und schüttelte den Kopf.
«Schade, wirklich schade! Sie würde Euch umhauen, diese Höhle! Aber wisst Ihr was? Ich zeichne sie morgen für Euch, damit Ihr eine Ahnung kriegt. Und jetzt hole ich die Schwärmer.»
Er sagte es, bückte sich und verschwand im Loch.
Der Abt sah ihm nach und grinste.
Das war also die klosterkirchengrosse Fuchshöhle, in der es Wandmalereien geben und in der ein berüchtigter Koboldenkönig herrschen sollte – ein Koboldenkönig, der es duldete, dass man einen Sommer lang in seinem Palast Pulver mischte und Schwärmer stopfte.
Er trat zwei Schritte zurück, ließ das Rauschen des Baches und die unberührte Herbheit des Tobels auf sich wirken und gestand sich ein, dass ihm dieser Koboldenkönig sympathisch war.
Was war das doch für ein geheimnisvoller Kauz, der hier unten zu Hause war!
Ob man ihn vielleicht gar zum Freund gewinnen könnte?
Oder zum Verbündeten, für den Tag, an dem ihm die Hexenjäger den Krieg erklärten?
Er entschied, dass dies ein guter Einfall war und er dem Wurzelwesen bei Gelegenheit die Freundschaft antragen würde. Höflich, selbstverständlich. Er würde mit auserlesenen Geschenken aufkreuzen. Mit gutem Wein auf jeden Fall, ein paar Schinken und zwei oder drei Käselaiben. Und mit einigen Broten und lange haltbaren Pasteten. Und mit Krügen, Bechern und Büchern. Kurz, mit allen möglichen Dingen, die ihm zu einem ernstgemeinten und wohlgeduldeten Gastrecht verhülfen, so dass er hier unten Schutz fand wie die Maus im sicheren Loch.
Er begann leise zu pfeifen und die Bauchkugel zu tätscheln.
Was für ein Szenarium!
Und es gab fast keinen Knackpunkt!
Oder etwa doch?
Er hörte auf zu pfeifen und drückte die Finger gegen den Bauch.
Heilandzack, es gab ihn, und er hielt ihn in den Händen!
Sein Vorrat für schlechte Tage!
Er war zu dick, zu ungelenk, um in der Eile hier hinunter zu gelangen, müsste er seinen Vorrat weghungern. Und er müsste den Gang ausmeißeln und ausmauern lassen. Und um hier hinunter zu steigen, müsste er eine Treppe bauen, und für die Sicherheit müsste er vor der Fuchshöhle eine starke, beschlagene Türe aus Eichenholz anbringen. Und er…
«Pater Clemens!», riss ihn Arnos Stimme aus den Gedanken.
Der Junge streckte den Kopf hervor, schlüpfte wendig aus dem schmalen Gang und bugsierte ein Bündel hinaus.
«Es sind noch mehr!»
Er japste und steckte schon wieder zur Hälfte im Fuchsgang.
Der Abt trat auf das Bündel zu, bückte sich und betastete es. Was sich ihm darbot, gefiel ihm. Es sah fachmännisch, gar meisterhaft aus, die Kartuschen waren sauber abgebunden und die Stäbe sorgfältig daran befestigt, so dass sie jedem Kupferstecher als Vorlage für eine Pyrotechnia hätten dienen können. Und es waren deren viele, mehr als ein Dutzend, ein Werk, für das man Tag und Nacht mit Hingabe arbeiten musste!
«Da bin ich wieder!»
Arno stieß das zweite Bündel hinaus, um sogleich wieder zu verschwinden und wenig später das dritte und letzte aus dem Erdreich ans Tageslicht zu befördern.
«Nun, was meint Ihr?», fragte er, als er aus dem Loch gekrochen war und neben ihm stand.
«Das hat ein Meister gemacht, nur ein Meister kann das!»
Arno begann zu strahlen, als wäre ihm eine Schwefel-und Salpeterrente auf Lebzeiten versprochen worden.
«Was denkt Ihr, was sagen Lena und Ferdinand dazu?»
«Nie werden sie glauben, dass du so geschickt bist, dass du allein solche Schwärmer herstellen kannst! Aber jetzt gib mir ein Bündel! Die Tage sind kurz im Herbst, und wir wollen doch zum Abendbrot zurück im Waldhaus sein.»
Schnell waren die Bündel geschultert.
«Ibi Ceutrones et Graioceli et Caturiges», knurrte der Abt, «locis superioribus occupatis itinere exercitum prohibere conantur!» ( Im Gebirge hatten die Ceutronen, Graioceler und Caturiger die Anhöhen besetzt und versuchten, den Durchmarsch des Heeres zu verhindern.)
Arno grinste und puffte ihm mit dem Ellenbogen leicht in die Seite.
«Cäsar besiegt man nicht, kein Heer der Welt hält ihn auf!»
Der Abt streckte sich, atmete tief durch und bemühte
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