Teuflisch erwacht
sie einer der Flüche träfe, wäre es aus.
Die Loa beschleunigte den Flügelschlag. Sie hatte alle Schönheit verloren und erinnerte an eine reißende Bestie. Das brennende Biest versprach mit jedem Zug den sicheren Tod. Josh mühte sich ab, sie zu treffen und obwohl er sich mutig schlug, besaß er nicht den leisesten Hauch einer Chance. Plötzlich holte die Loa aus. Sie warf ihr Seil und lachte auf. Es erwachte zum Leben und schlang seine blutigen Fasern um Joshs bebenden Körper. Die Adern an seiner Stirn vibrierten, als er versuchte, sich zu befreien.
Sie würde ihn töten. Und wenn sie das getan hatte, würde sie Anna holen. Das Ende stand bevor. Ob sie Marla in Ruhe lassen würde?
Langsam zog sie Josh zu sich heran. Sie öffnete den Mund, mit den spitzen Zähnen, und funkelte ihn aus unnatürlichen Augen an. Ihre flammenden Schwingen warfen riesige Schatten an die Wand.
Anna sprang auf die Füße. Ihre Instinkte übernahmen das Kommando, ihr Hirn setzte aus. Die schlummernde Dunkelheit rauschte aus ihrem Versteck. Sie würde nicht kampflos untergehen. Sie griff reflexartig nach dem Becher, der umgestoßen auf dem Tisch lag. »Hey, du Monster«, rief sie, ohne, dass sie die Worte zuvor gedacht hätte.
Die Loa hob den Blick und sah ihr tief in die Augen. Anna schwindelte und schleuderte mit letzter Kraft den Becher von sich. Das Flammenwesen fauchte und fing ihn spielend ab, aber der Augenblick der Unachtsamkeit reichte aus. Josh zog seinen Arm aus der lebenden Schlinge und versetzte der Loa den Todesstoß. Rote Funken stoben auf, als sie der Fluch mitten ins Herz traf. Sie sackte zusammen, das Seil fiel und krachte neben ihr zu Boden. Josh keuchte. Ihr strahlender Körper ging in tosenden Flammen auf. Wütend verschlang sie das Feuer, fraß sich durch Haut und Haar und erlosch mit einem letzten Aufflackern. Die Glut verrauchte, als hätte sie nie existiert. Kurz, knapp, bildhaft.
Anna kam zu sich. Sie schnappte nach Luft, aber es reichte nicht, um ihr jagendes Herz zu beruhigen. Sie hatten es geschafft. Die Loa war tot. Wie das?
»Wow, das war mehr als knapp.« Josh lachte auf. Er fuhr sich übers Gesicht, streifte seine Locken zurück, die vom Kopf abstanden, als hätte er in eine Steckdose gefasst. Kopfschüttelnd kam er auf sie zu und hielt die Hand hoch.
Anna sah ihn an. Sie hatte Joshs Leben gerettet. Himmel, sie hatte ein Leben gerettet, das sie eigentlich auslöschen wollte, aber nicht mit der Wimper gezuckt, als sie Waltraud getötet hatte. Sicher würde sie ihm dafür nicht noch High Five geben.
»Ja, aber ohne dich wäre mein Leben erst gar nicht in Gefahr gewesen, du Nuss«, antwortete er auf ihre Gedanken und ließ seine Hand sinken.
Es ergab keinen Sinn. Er riskierte sein Leben, um sie zu retten und sie tat dasselbe für ihn? Verdrehte Welt, wie konnte das passieren? Sie tauchte in ihre Gedanken, versuchte, die Lösung zu greifen und die Antwort auf die Frage zu finden. Es gab eine logische Erklärung, doch sie versank in den Tiefen des Adrenalinrausches, der nach wie vor ihren Verstand benebelte. Die Dunkelheit, die ihr Hirn umklammerte, ließ von ihr ab und verrauchte.
»Du schuldest mir was, oder?«, fragte Josh. Er funkelte sie an und seine Mundwinkel zuckten.
Sie nickte zögerlich, wohl wissend, einen Fehler zu begehen.
»Gut, dann gern geschehen.«
Gern geschehen? Der Typ sprach in Rätseln. Doch bevor ihr Hirn auf ein Neues losrattern konnte, packte er sie am Ärmel und zog sie vorwärts.
»Was soll das? Lass mich los.«
»Wir waren uns gerade einig, oder? Du schuldest mir was und du fängst damit an, deine Schuld zu begleichen, indem du deinen süßen Arsch in meine Karre schwingst.«
Sie versuchte, sich seinem Griff zu entziehen, stemmte die Beine in den Boden, aber Josh schleifte sie unermüdlich weiter. »Marla«, wimmerte sie und stolperte hinter ihm her. Sie ließ Marla schutzlos zurück. Verflucht und außerstande, Hilfe zu holen, lag die Hexe auf dem Boden. Anna versuchte, den Blick der Frau aufzufangen, die gegen die Wand lehnte, und sog scharf die Luft ein. Die Augen der Frau starrten leblos zur Decke. Einer von Joshs Flüchen musste sie erwischt haben.
»Du hast die Frau erwischt. Sie ist tot.«
Er ignorierte ihre aufkeimende Panik.
Tränen stiegen auf und kullerten ihr haltlos übers Gesicht. Der Schock löste sich allmählich und sie begriff, was geschehen war. Sie hatte einen Menschen getötet, Salim war tot, die Loa auch. Sie ertrug keinen weiteren
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