Teuflisch erwacht
und jeden Einzelnen, der sich ihm in den Weg stellte, gleich mit. Bemerkten sie das denn nicht?
28. Kapitel
Abgrundtief böse
D er Rechtsbeirat hatte sie an einen Stuhl gefesselt. Ironischerweise hatten sie den Platz im Konferenzraum des Jagdschlosses gewählt, auf dem Marla auch das letzte Mal gesessen hatte. Aldwyn hatte ihr mit großer Wahrscheinlichkeit die Nase und zwei Finger gebrochen. Der blutige Geschmack lag noch auf ihrer Zunge und die Finger pochten unter den starken Knebeln. Es war vorbei. Sie widerstand der Versuchung, sich an die letzte Hoffnung zu klammern. Anna würde den Engel nicht beschwören, vermutlich war sie längst tot. Die Gegenwart von Josh Fingerless überlebte niemand lang. Auch Sebastian war gescheitert. Er saß in den Fängen seines Vaters. Gott, wie konnte das alles nur so dermaßen schieflaufen? Sie fühlte sich leer, ausgebrannt und unfähig, irgendetwas zu empfinden. Vielleicht war es gut, dass alles endlich ein Ende nahm. Sie hatte so lange durchgehalten, wie es nur irgendwie ging, aber jetzt war es genug. Jede Zelle mutete so entsetzlich müde und schwer an. Der Rechtsbeirat würde sie töten. Sie war sich dieses Umstandes bewusst und doch wollte keine Verzweiflung aufkommen. Sie hatte sich genügend Sorgen gemacht, um damit ein ganzes Volk zu versorgen.
Schwere Schritte näherten sich dem Zimmer. Der Fluch hielt sie nach wie vor gefangen und sie schaffte es nicht, den Kopf zu drehen. Sollte doch der Teufel persönlich einmarschieren.
»Mrs. Cole?«
Die Stimme klang fremd und sie erinnerte sich auch nicht an sein Gesicht, als er in ihr Blickfeld trat.
»Mein Name ist David Eltringham und ich bin Mitglied des RFBM. Ich möchte, dass Sie mir ein paar Fragen beantworten.«
Eltringham. Was für ein scheußlicher Name. Er musste Aldwyns Sohn sein, der zum Nachfolger eines toten Mitglieds berufen worden war. Allein für diesen furchtbaren Vater verdiente er einen hässlichen Virus. Sie schnaubte und schielte zur Decke. Zur Hölle, sie ertrug diese britischen Visagen keine Sekunde länger.
David zog einen Stuhl heran und setzte sich vor sie. »Mrs. Cole, was wollten Sie bei dem Voodoopriester?«
Sie presste die Kiefer zusammen und zog die Mundwinkel nach unten – die einzige Möglichkeit, ihm zu zeigen, wie sehr er sie anwiderte. Doch sie besaß ohnehin nicht genügend Mittelfinger, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
»Ich bin nicht mein Vater, Marla. Ich versuche, ein anständiges Gespräch mit Ihnen zu führen. Wenn ich ohne Antworten diesen Raum verlasse, wird er Sie auf seine Weise aus Ihnen herausholen und ich glaube nicht, dass Sie das möchten.«
So, sie spielten also guter Engel, böser Engel. Wie sinnvoll, die Methode bei jemandem anzuwenden, der auf die Todesstrafe wartete. Marla unterdrückte ein Auflachen. Sie hatte nicht vor, auch nur ein Sterbenswörtchen zu verraten, egal, auf welche Weise sie es versuchten. Diese Wesen waren allesamt Idioten. Außer unverschämter Macht hatte der Liebe Gott ihnen nichts mit auf den Weg gegeben.
»Wir wissen, dass sich Anna Graf bei den del Rossis befindet. Was tut sie dort?«, versuchte er es weiter.
Josh hatte Anna nach Italien entführt? Sie hatte Kira auf dem Gewissen. Was ihr bevorstand, war vermutlich tausendmal schlimmer als das, was sie nun durchmachen musste. Sie schüttelte sich innerlich und verbot sich, länger an Anna zu denken.
»Marla, bitte …«
»Kein Mensch hat Ihnen erlaubt, mich beim Vornamen zu nennen. Ich werde Ihnen nicht sagen, was Sie wissen wollen. Und nun schicken Sie mir schon ihren elenden Vater ins Zimmer. Ich möchte die Sache gern schnell hinter mich bringen.«
David geriet aus dem Konzept. Ein Augenlid zuckte und er öffnete ein paar Mal den Mund, gab aber schließlich auf, sprang auf die Füße, als hätte ihn eine Hornisse gestochen und rauschte wortlos aus dem Zimmer.
Marla atmete tief durch. Ihr Kopf summte ein Lied aus Schmerz. Sie mochte nicht länger warten. Sollten sie es doch endlich hinter sich bringen. Jenny würde also auch noch sie verlieren. Was tat ein Kind nur ohne die Eltern? Immerhin befand sie sich in Sicherheit, bei Heather und ihren Großeltern, und erinnerte sich nicht daran, dass es je anders gewesen war. Sie würde keine Sekunde um ihre Mutter trauern müssen – ein schöner Trost. Möglicherweise durfte sie noch ein Weilchen glücklich leben, bis die Fingerless oder auch der Rechtsbeirat sie des Glückes berauben würden. Wie sie es mit
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