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Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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besaß seine eigene Schmerzgrenze. Bisher hatte sie es als absolut hilfreich angesehen, dass ihre Latte offenbar verdammt weit oben anlag, doch nun wünschte sie sich, endlich in Ohnmacht zu fallen. Warum hatte sie sich so lange dagegen gesträubt? Sie war stets ein Kämpfer gewesen, aber in diesem Moment gab sie sich geschlagen.
    »Kommen wir zum Finale, liebe Marla.« Aldwyn lächelte. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer und seine Stimme klang rau. Vielleicht gab es so etwas wie überirdische Gerechtigkeit und ihre Qualen bescherten ihm einen Herzinfarkt?
    »David?«, rief er.
    Er holte sich Hilfe und besaß nicht einmal genügend Willen, es allein durchzuziehen? Was für ein jämmerlicher Armleuchter. Zwischen all dem Leid sah sie klar und unter der Erschütterung wünschte sie ihm die Pest an den Hals.
    »Was gibt es?«
    Hatte David etwa vor der Tür gewartet?
    »Komm rein und schließ die Tür. Ich möchte dir etwas beibringen.«
    Die Tür glitt ins Schloss und einen Atemzug später trat David neben ihn. Er weitete die Augen, als er sie anblickte. »Hast du das getan?« Seine Stimme bebte und er wirkte ehrlich erschrocken.
    Dummer Kerl, natürlich hatte Aldwyn das getan, oder sah sie aus wie eine Selbstzerstümmlerin?
    »Ja, das habe ich getan und es ist Zeit, das Werk zu Ende zu bringen. Unsere Späher haben bereits ein Bild, das das Medium herführen wird. Wir müssen sie nicht wirklich am Leben lassen, damit Anna Graf auftaucht. Marla Cole ist eine Gefahr und je früher wir sie eliminieren, desto besser. Ich möchte, dass du es dir anschaust. Seit Anbeginn unseres Daseins verfahren wir so. Ungehorsame Hexen gehören auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
    Sie sprachen von ihr, als säße sie nicht direkt vor ihrer Nase. Aber vermutlich war das, was auf diesem Stuhl saß, wirklich bloß noch ein Schatten ihrer selbst. Sie bestand nicht länger aus Fleisch und Knochen, sondern einzig und allein aus Angst. Eiskalt rauschte das wenige Blut, das noch nicht aus den Wunden getreten war, durch ihre Eingeweide und ihre Gedanken überschlugen sich. Sie würde verbrennen? Die Menschen sagten, dass es keinen schlimmeren Tod gab, obwohl niemand diese Information weitergeben konnte. Sie konnte nur vermuten, dass es zutraf. Es würde langsam vonstattengehen und sie würde einen Großteil des Sterbens mitbekommen. Letztendlich würde sie wohl ersticken, aber das nahm ihr nicht die Sekunden vor der Erlösung. Marla begann still zu weinen. Die salzigen Tränen brannten auf ihrer aufgeplatzten Haut und juckten im verwundeten Auge.
    Davids Miene verdunkelte sich. Mit einem Nicken wich die letzte Scheu aus ihr. Schlagartig sah er seinem Vater noch ähnlicher. Die Kälte schaffte es, zwischen all den Runzeln auf Aldwyns Gesicht, hervorzustechen und sein Sohn stand ihm in nichts nach.
    Sie zog die Nase hoch, versuchte, die Tränen hinunterzuschlucken, doch mit jedem Reflex verdickte sich der bittere Kloß im Hals. Sie bekam kaum Luft und innerlich wand sie sich wie ein verwundetes Tier. Sie zogen ihr den letzten Zahn. Kampfgeist und Stolz zerflossen im eiskalten Meer der Panik.
    Aldwyn zog mit seinem Stock einen Kreis um ihren Stuhl und murmelte ein paar Worte. Ein lilafarbener Reifen lag nun auf dem Boden und sie saß genau in der Mitte. Er sorgte wohl dafür, dass sich das Feuer nicht ausbreitete.
    Die Flüche, die auf ihr lasteten, verhinderten jegliche Regung, aber sie erkannte den schlimmsten Fluch. Ihr Mitgefühl und ihre Warmherzigkeit kosteten sie das Leben. Sie hatte Anna zur Seite gestanden, als das Mädchen verloren in eine Welt geworfen wurde, von der es nichts verstand. Sie hatte Sebastian aufgenommen, ihn geliebt wie einen Sohn und ihm jede Lüge vergeben. Für jeden hatte sie sich aufgeopfert und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nun war sie allein, auf sich gestellt und die Welt ließ sie im Stich. Ihre Gefühle sprengten die eisernen Ketten. Panisch schrien ihre Instinkte nach Flucht, doch es gab kein Entkommen. Ihr Leben zog vorbei, all die schönen und schlimmen Bilder. Die grausamen dominierten. Sie starb jung und qualvoll und hatte nicht einmal ein schönes Leben geführt, sondern nach ein paar Jugenddummheiten ihre Momente verschenkt.
    Aldwyn schnaufte. »Wir sind dann so weit.«
    Wozu informierte er sie noch? Es gab keine Steigerung der Angst, die in ihr kochte.
    Er ging vor ihr in die Hocke, bis seine maroden Knie knackten. Fast zärtlich fuhr er über den magischen Reifen, der unter seiner Berührung in

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