Teuflisch erwacht
Mit kratziger Stimme flüsterte der Tod in sein Ohr. Die Gewissheit in ihren Augen platzte in seinen Verstand.
»So, dann können wir ja da weitermachen, wo wir aufgehört haben.« Josh raffte sich auf, rieb sich den Hals und blickte auf das Blut in seiner Hand. Ein Blitz zuckte durch seine Iris, aber er fing ihn nicht ein.
Thea stieß laut den Atem aus und der gefährliche Augenblick zerbarst.
Jonathan ließ Anna los. Sie zitterte wie Espenlaub, strauchelte einen Schritt zur Seite und zog den Kopf ein, als ob sich ein gewaltiges Gewitter über ihr entlüde.
»Du willst es nach wie vor durchziehen?« Jonathan fing Joshs Blick auf.
»Klar, Anna und ich haben eine Abmachung und sie kann ja nichts für seine Verrücktheit.« Sein Bruder deutete mit dem Kopf zu ihm hinüber. »Oder Anna?«
Der Josh, den er kannte, wäre explodiert, als der Fluch von ihm fiel. Wieso behielt er plötzlich einen kühlen Kopf? Was hatte Kira aus dem eiskalten Mörder gemacht?
Anna öffnete die Augen. Sie fanden den Weg zu seinen und ihr Blick ging durch bis ins Mark. Es gab keinen Ausdruck für das, was er widerspiegelte. Jedes Gefühl dieser Welt befand sich in dem dunklen Blau. Er ertrank im Schmerz ihrer Seele.
Thea packte ihn an den Armen und hielt ihn fest. Eine weitere Attacke wusste sie zu verhindern.
Warum kannte sie ihn so gut? Vielleicht besser, als er sich selbst kannte? Sebastian senkte den Kopf. Sie würde Kira zum Leben erwecken und danach würden sie beide sterben. Anna war Mensch genug, einen solchen Fehler zu begehen und Josh hatte mit seinem giftigen Charme ihren Verstand vernichtet.
»Anna?«, wiederholte Josh.
»Es bleibt auch dabei, dass ihr ihm nichts antun werdet?« Ihre Stimme war kaum ein Flüstern. Was scherte sie sich um seine Sicherheit? Er hatte das alles doch erst losgetreten. Himmel, sie sollte lieber an den Rest der Welt denken. Kira del Rossi ins Leben zu rufen war die größte Dummheit, die ein Mensch je begangen hatte.
»Ich gab dir mein Wort, oder?«
Er kannte den weichen Tonfall seines Bruders, wenn er den Menschen eine Lüge auftischte. Er klang so bitter ehrlich, dass sich selbst Sebastian immer wieder fragte, ob Josh tatsächlich bloß spielte.
»Dann bringt mir einen Spiegel.«
Sebastian stöhnte fassungslos auf. Ihre Worte veränderten das Universum.
*
Dummheit kannte keine Grenzen, doch verdammt viele Leute. Offensichtlich blieben nicht einmal brillante Magier von ihr verschont. Was versprach sich Sebastian von seinem naiven Heldentum? Weshalb musste ausgerechnet in diesem Moment sein feuriges Temperament mit ihm durchgehen? Anna hatte doch bereits alles in trockene Tücher gelegt.
Allmählich beruhigte sich ihr rasendes Herz. Ob sie Josh noch über den Weg trauen durfte? Sebastian hatte ihn angegriffen, ihn absolut dominiert und sicher schrie sein Innerstes bereits nach Rache. Sie musterte ihn, aber er lächelte sie an. Waren seine Gefühle für Kira stark genug, dem Vergeltungsdurst den Kampf anzusagen? Sie konnte nur beten.
Gia sammelte sich zuerst. »Luca, hol einen Spiegel.«
Kiras Bruder stand wie erstarrt vor ihr, nickte schließlich und verschwand über den Flur.
Himmel, wie sollte sie ein ihr völlig unbekanntes Ritual durchführen, wenn alle Magier ihr über die Schulter spähten? Bloß weil sie es versuchen wollte, hieß das noch lange nicht, dass sie es auch auf die Reihe bekam. Sie versuchte, Sebastians Blick erneut aufzufangen, doch Thea Fingerless hatte ihn im Griff. Er stand wie ein Häufchen Elend vor ihr, die Arme machtlos auf dem Rücken verschränkt, und starrte auf seine Füße. Annas Herz zerfloss in Blut. Alles Elend dieser Welt existierte nicht länger neben seinem Anblick. Doch obwohl seine gesamte Körperhaltung danach schrie, dem Schrecken endlich ein Ende zu setzen, erkannte sie seine ewige Schönheit. Sie würde sie immer finden, ganz egal wo. Seine endlos hellen Strahlen wiesen ihr den Weg aus dem dunklen Dschungel des Entsetzens. Sie wusste, dass sie das Richtige tat. Wenn nur eine winzige Chance bestand, dass er überlebte, dann musste sie es versuchen.
Seit dem Moment, in dem sie das erste Mal in seine Augen gesehen hatte, wünschte sie sich nichts sehnlicher als ihn. Sie wollte ihn glücklich machen, ihn lebendig sehen und seine Freiheit bewirken. Mit unsichtbaren Stricken hatte er sich an ihr Herz gebunden und keine Klinge dieser Erde vermochte, sie zu durchtrennen. Die Welt um sie herum verblasste, während sie ihn ansah. Sebastian
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